Wie US-Firmen den Glauben ihrer Belegschaft unterstützen

Gott am Arbeitsplatz - es geht nicht nur ums Geschäft

Immer mehr US-Konzerne entdecken den religiösen Glauben ihrer Mitarbeiter als Ressource. Er erleichtert das Leben am Arbeitsplatz und fördert das soziale Klima. Viele Unternehmen fördern aktiv interreligiöse Initiativen.

Autor/in:
Thomas Spang
Den Glauben auch digital weitergeben (shutterstock)

IT-Managerin Sue Warnke erlebte 2018 einen berührenden Moment. Eine Mitarbeiterin ihres Konzerns Salesforce dankte ihr sehr persönlich nach dem Terrorangriff auf die "Tree of Life"-Synagoge in Pittsburgh im US-Bundesstaat Pennsylvania für ihre Unterstützung. Ein Rechtsextremer hatte im Oktober 2018 elf Gottesdienstbesucher getötet, darunter ein Familienmitglied der Salesforce-Angestellten.

Als Mitglied der Konzernführung hatte Warnke unmittelbar nach dem Blutbad ein interreligiöses Treffen organisiert, um den Angehörigen Trost zu geben. Die Direktorin engagiert sich auch als Präsidentin der Organisation Faithforce. Diese fördert im eigenen Konzern, aber auch bei anderen Unternehmen Mitarbeitergruppen, die am Arbeitsplatz Begegnungen für Angehörige aller Glaubensgemeinschaften anbieten.

Seelsorge und Vermittlung

Allein bei dem IT-Unternehmen sind mehr als 2.600 Mitarbeiter auf fünf Kontinenten aktiv. Mitte Februar diskutierten auf Einladung der "Busch School of Business" an der Catholic University of America in Washington 150 Wirtschaftskapitäne die wachsende Bedeutung von Religion im Betrieb.

Geleitet hatte die Konferenz die Salesforce-Direktorin. Dabei ging es vor allem um die Frage, wie betriebliche Glaubensgruppen das Firmenleben in Büros und Produktionshallen bereichern können. Sie nehmen etwa seelsorgerische Aufgaben wahr oder vermitteln bei Problemen zwischen Angestellten und Management.

Trend nimmt zu

"Glaube ist die Grundlage von allem, was wir sind", sagt Pater Greg McBrayer über seine Erfahrung als Kaplan bei American Airlines. Also sei es absolut notwendig, den Glauben auch an den Arbeitsplatz zu bringen, um mit den Belastungen des Berufs umzugehen.

Die ersten Glaubensgruppen etablierten sich vor 20 Jahren in einigen großen US-Unternehmen. Zuletzt nahm der Trend deutlich zu. Mehr als jeder fünfte der Top-100-Konzerne der USA haben inzwischen Glaubensgruppen gebildet. Konzernriesen unterschiedlicher Branchen wie Facebook, Walmart, Google, American Airlines oder Tyson Food unterstützen das Konzept. Neben der wertschätzenden Haltung gegenüber gläubigen Mitarbeitern sei das auch gut für das Arbeitsklima und das Geschäft, so die Überzeugung in den Konzernzentralen.

Unternehmen sollen Glauben der Mitarbeiter unterstützen

"Glaube am Arbeitsplatz ist von entscheidender Bedeutung für ein produktives Umfeld", so der Präsident der Religious Freedom & Business Foundation und ehemals leitende Wissenschaftler des Religious Liberty Project an der Georgetown University, Brian Grim.

Die Stiftung fördert Firmen, die Religionsfreiheit und Vielfalt besonders hochhalten. Sie vertritt weltweit die Überzeugung, dass Unternehmen den Glauben ihrer Mitarbeiter zum gegenseitigen Nutzen unterstützen sollten. Das sei eine wichtige Ergänzung zu Betriebsgruppen für Angehörige unterschiedlicher Ethnien, Menschen mit Behinderungen oder sexuelle Minderheiten.

Als Pfarrerin bei einem Fleischproduzenten

Der Fleischproduzent Tyson Foods gehört seit 2000 zu den Pionieren. Er beschäftigt heute 90 Seelsorger an seinem Stammsitz Springdale in Arkansas sowie seinen Schlachthöfen in den USA. Hier finden Mitarbeiter religiöse Hilfe, wenn sie mit der oft belastenden Arbeit nicht zurechtkommen.

Pfarrerin Karen Diefendorf organisiert eine der Gruppen, die für alle Glaubensgemeinschaften offen sind. "Als Pfarrerin einer bestimmten Konfession vertrete ich natürlich meinen Glauben", beschreibt Diefendorf die Besonderheit ihrer Funktion.

Gut für Geschäft und Miteinander

Aber als Seelsorgerin bei Tyson Foods unterstütze sie gerne auch die Mitarbeiter anderer Religionen. "Ich frage sie erst einmal selbst, wie ihr spezieller Glaube ihnen helfen kann, mit ihren Problemen fertig zu werden." Es gehöre eine gewisse Reife als Seelsorger dazu, von der eigenen Religion abstrahieren zu können und auch für andere offen zu sein.

Salesforce-Direktorin Warnke meint, religiöse Glaubensgruppen in Unternehmen seien ein "Gegengift" zu der Spaltung in der Gesellschaft und am Arbeitsplatz. Sie seien für alle gut - nicht nur für das Geschäft, aber auch.


Quelle:
KNA