Hollywood will Georgia wegen Abtreibungsgesetz boykottieren

Drehstopp im "Hollywood des Südens"?

Hollywoods Filmbranche will den republikanisch regierten US-Bundesstaat Georgia boykottieren. Der Grund: Der Südstaat hat eines der striktesten Abtreibungsgesetze der Vereinigten Staaten verabschiedet.

Autor/in:
Bernd Tenhage
Schwangerschaftstest / © Harald Oppitz (KNA)
Schwangerschaftstest / © Harald Oppitz ( KNA )

Dem Städtchen Senoia vor den Toren der Südstaaten-Metropole Atlanta droht das wirtschaftliche Aus. Der Produzent der Gruselserie "The Walking Dead" will die Arbeiten an der zehnten Staffel einstellen, weil der Bundesstaat Georgia vor einigen Monaten eines der striktesten Abtreibungsgesetze in den USA beschlossen hat.

Ob die Erfolgs-Serie im "Hollywood des Südens" dort jemals weitergedreht wird, ist mehr als ungewiss. Denn die ausgesprochen liberale Filmindustrie aus Los Angeles, die seit langem in Georgia kostengünstig produziert, stört sich am sogenannten Herzschlag-Gesetz des konservativ geprägten Bundesstaates. Das Gesetz verbietet Abtreibungen ab dem Zeitpunkt, wenn Herztöne des Fötus feststellbar sind - was in der Regel ab der fünften oder sechsten Woche möglich ist.

"Mit diesem Gesetz wird es sehr schwierig, dort zu produzieren"

Die Produktionsfirma steht mit ihren Bedenken nicht allein da. Auch Branchenriesen wie Warner, Netflix oder Disney passt die neue Abtreibungsregelung gar nicht. In den vergangenen Wochen dachten etliche Entscheider des US-Filmgeschäfts laut über einen Rückzug aus Georgia nach. "Mit diesem Gesetz wird es sehr schwierig, dort zu produzieren", sagte der Chef der Walt Disney Company, Bob Iger.

Mit der Unterzeichnung des Gesetzes durch den republikanischen Gouverneur Brian Kemp kämen "die gesamten Investitionen in Georgia auf den Prüfstand", erklärte Netflix-Manager Ted Sarandos. Als Begründung gab der für die Inhalte des Filmunternehmens zuständige Geschäftsmann an, Netflix beschäftige in Georgia viele Frauen, deren Rechte durch die neuen Vorschriften "stark beschnitten" würden. "Wer sind Sie, dass Sie mir vorschreiben wollen, was ich mit meinem Körper zu tun habe", attackierte Schauspielerin Milla Jovovich in einem Video unter Tränen die Parlamentsabgeordneten Georgias. Sie hatten den umstrittenen Entwurf mit 92 zu 78 Stimmen verabschiedet.

Demonstrativ unbeeindruckt: Clint Eastwood

Doch es gibt auch Kritik an der lautstarken Empörungswelle aus Hollywood. In den Sozialen Netzwerken werfen nicht wenige Stimmen den Wortführern der Anti-Georgia-Kampagne Doppelmoral vor: Sie drehten ja auch Filme in Ländern, in denen Abtreibung vollends verboten und Homosexualität strafbar sei. Demonstrativ unbeeindruckt reagierte derweil Hollywood-Haudegen Clint Eastwood. Von einem Georgia-Boykott will er jedenfalls nichts wissen. Im Gegenteil: Der 89-Jährige lässt dort laut Medienberichten seinen neusten Film drehen - einen Streifen über das Bombenattentat bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta.

Sollte am Ende tatsächlich eine Art Boykott zustandekommen, käme dies Georgia teuer zu stehen. Seit rund zehn Jahren boomt dort das Filmgeschäft. Tausende Beschäftigte der Branche verdienen ihr Geld im "Hollywood des Südens". Mehrere Blockbuster wie "Spider-Man: Homecoming" oder "Captain America: Civil War" ließen die kalifornischen Produktionsgesellschaften in Georgia drehen - mit Unterstützung der dortigen Steuerzahler. Denn der Bundesstaat gewährt Filmschaffenden lukrative Vergünstigungen und anteilige Rückerstattungen der Produktionskosten. Noch ist das Meinungsbild in Hollywood in der Boykottfrage eher geteilt - genauso wie die Abtreibungsfrage die US-Gesellschaft insgesamt spaltet.

"Wir werden nicht zurückstecken"

Boykottdrohungen der Filmbranche wegen gesellschaftspolitisch umstrittener Themen sind indes nicht neu. Bereits 2016 hatten Disney und Marvel Studios dem Südstaat wegen einer Gesetzesinitiative mit der Verlegung ihrer Produktionsstätten gedroht. Das damals geplante Gesetz sollte Religionsgemeinschaften und Einzelpersonen erlauben, Dienstleistungen für gleichgeschlechtliche Paare zu verweigern. Ein Veto des Gouverneurs verhinderte schließlich ein Inkrafttreten.

Doch nach einem solchen Szenario sieht es diesmal nicht aus. "Wir werden nicht zurückstecken", kündigte Brian Kemp mit Blick auf das Abtreibungsgesetz trotzig an. Das "Geschrei der C-Promis" störe ihn nicht. "Wir werden immer weiter für das Leben kämpfen."


Quelle:
KNA