Caritas International über die Lage in Mosambik

"Teils ist nichts übrig geblieben"

In Mosambik sind noch immer Menschen von der Außenwelt abgeschnitten. Ingo Steidl von Caritas International berichtet im DOMRADIO.DE-Interview von der schwierigen Lage vor Ort.

Mosambik, Beira: Ein Junge sitzt auf einem umgestürzten Baum vor einer Schule. / © Themba Hadebe (dpa)
Mosambik, Beira: Ein Junge sitzt auf einem umgestürzten Baum vor einer Schule. / © Themba Hadebe ( dpa )

DOMRADIO.DE: In diesen Tagen waren Sie vor Ort - gut einen Monat nach dem verheerenden Wirbelsturm. Was für ein Bild bietet sich Ihnen im Moment?

Ingo Steidl (Mitarbeiter im Abteilung bei Caritas International): In der Hafenstadt Beira hat sich die Lage weitestgehend normalisiert, auch wenn die Spuren des Zyklons noch immer sichtbar sind. Man sieht überall entwurzelte Bäume, die Dächer wurden großteils abgedeckt, Stromnetze sind zusammengebrochen. Aber mittlerweile ist der Strom in vielen Bereichen wieder zurück, auch Kommmunikationsnetze funktionieren. Straßen sind weitestgehend freigeräumt. Aber man sieht noch viele kleine Camps, wo sich Menschen aus dem Umland hingerettet haben.

Ganz anders sieht es im Landesinneren aus. Gerade abgelegene Dörfer stehen teils immer noch unter Wasser oder sind komplett isoliert, was die Versorgung der Menschen dort wirklich sehr kompliziert und vor allem zeitaufwendig macht. Dort, wo das Wasser bereits abgeflossen ist, offenbart sich für viele, dass sie alles verloren haben und zwar wirklich alles. Wir haben gestern Leute wieder getroffen, die uns vor ein Stück Erde geführt haben und gemeint haben: "Hier stand einmal ein Haus". Da ist wirklich nichts übrig geblieben. Das gilt sowohl für die Häuser für die Ernten. Viele haben auch Familienmitglieder verloren. Fast jeder kennt irgendjemand, der Familienangehörige vermisst oder verloren hat.

DOMRADIO.DE: Können Ihre Partner vor Ort denn mittlerweile die notleidenden Menschen erreichen?

Steidl: Caritas International hat drei langjährige Partner in den betroffenen Gebieten und die finden Wege in ihrem Wirkungsbereich, wenn auch oft mit schwerem logistischen Aufwand. Wir haben einen Partner zu einem Dorf begleitet, das nicht mehr auf dem Landweg zu erreichen ist. Da sind wir zwei Stunden mit einem kleinen Boot hingefahren und haben noch eine Stunde Fußmarsch zurückgelegt. Es ist schwer, aber man findet Wege, um den Menschen zu helfen.

DOMRADIO.DE: Stichwort Seuchengefahr: Wie sieht es da aus?

Steidl: Die Seuchengefahr gerade in den noch überschwemmten Gebieten ist natürlich sehr hoch. Es gab bereits bestätige Fälle von Cholera und es wird bestimmt noch weitere Fälle geben. Davon ist auszugehen aufgrund des verunreinigten Wassers, von dem viele Leute trinken (die WHO meldete knapp 1.500 Fälle, Anm. d. Red.)  im Katastrophengebiet ist noch sehr hoch.

Aber das mosambikanische Gesundheitsministerium hat in diesen Tagen eine große Cholera-Kampagne gestartet - finanziert von der Weltgesundheitsorganisation. Es ist zuversichtlich, dass sich die Lage in den nächsten sechs Monaten normalisiert haben wird. Es bleibt zu hoffen, das dem so ist.

Was wir bei unseren Besuchen festgestellt haben: Unsere Partner haben zum Teil auch Gesundheitsstationen. Da häufen sich vor allem auch die Fälle von Malaria. Meines Erachtens ist im Moment das größere Problem an vielen Orten die erhöhten Zahl von Malariafällen.

DOMRADIO.DE: Was brauchen die Leute am dringendsten?

Steidl: Gerade die Menschen, die alles verloren haben, brauchen Notunterkünfte und retten sich im Moment in Sammelstellen, wo zum Teil bis zu mehreren tausend Menschen leben. Ganz wichtig ist auch für die, die ihre Häuser verloren haben, Material zur Verfügung zu stellen, um sie notdürftig zu reparieren. Ein weiteres großes Thema ist die Versorgung mit Medikamenten und Lebensmitteln. Die Menschen sind zum Teil völlig unterversorgt. Es müssen dringend Lebensmittel gerade in entlegene Dörfer geschafft werden. Und das ist auch wirklich eines der großen Hilfen durch die Caritas.

Daneben werden zum Teil auch Hygienesets verteilt, um gerade eben der Cholera vorzubeugen. Es werden Kochutensilien verteilt. Die lokalen Partner verteilen verstärkt Moskitonetze, um Malaria vorzubeugen. 

DOMRADIO.DE: Was ist Ihr Eindruck, ist langsam Entspannung in Sicht?

Steidl: Nach der Nothilfe beginnt die Phase des Wiederaufbaus und der Rehabilitation. Man muss sich vorstellen, dass großflächig landwirtschaftlich genutzte Flächen zerstört worden sind. Die Ernten sind zerstört worden, zum Teil auch die Getreidespeicher. Das heißt, die Leute sind mittelfristig auf Hilfe angewiesen, um die Lage zu verbessern und die Leute wirklich wieder unabhängig von Hilfe zu machen.

Da wird noch einige Zeit ins Land gehen und der Fokus wird darauf liegen, den landwirtschaftlichen Anbau wieder in Gang zu bringen.

DOMRADIO.DE: Was muss auf die erste Nothilfe folgen?

Steidl: Den Wiederaufbau unterstützen und dafür sorgen, dass gerade die Kinder wieder in die Schulen gehen können.


Quelle:
DR