Ehrung für Ruth Pfau – Diskriminierung von Christen im Alltag

Schwerer Stand für Andersgläubige

Die jüngsten Ehrungen für die verstorbene Lepra-Ärztin Ruth Pfau stehen in starkem Gegensatz zum von Gewalt geprägten Alltag von pakistanischen Christen. Hier geben zumeist radikale Muslime den Ton an.

In Pakistan ist die Lage für Christen schwierig / © Shahzaib Akber (dpa)
In Pakistan ist die Lage für Christen schwierig / © Shahzaib Akber ( dpa )

Mit einer Münze ehrt Pakistan die im August verstorbene katholische Lepra-Ärztin Ruth Pfau. 50.000 Geldstücke im Wert von 50 Rupien (etwa 35 Cent) mit dem Porträt der in Leipzig geborenen Ordensfrau will Pakistans Regierung prägen lassen. Seit Dezember gibt es bereits eine Briefmarke mit Pfaus Bild; und vor kurzem wurde in ihren ehemaligen Privaträumen im Marie-Adelaide-Lepra-Zentrum in Karachi ein Museum eröffnet.

Diese Ehrungen stehen freilich in krassem Widerspruch zum  Alltag von Christen im mehrheitlich islamischen Pakistan. Hier geben radikale Muslime den Ton an.

"Mutter Teresa von Pakistan"

Pfau, die in Mainz Medizin studierte und erst mit 24 Jahren zur katholischen Kirche übertrat, wurde in Pakistan schon zu Lebzeiten über religiöse Grenzen hinweg bewundert und verehrt. Im September 1999 nahmen Christen und Muslime in der Patricks-Kathedrale in Karachi an einem Gottesdienst zu ihrem 70. Geburtstag teil. Zwei Jahre zuvor war der "Mutter Teresa von Pakistan" für ihren Kampf gegen die Lepra die pakistanische Staatsbürgerschaft verliehen worden.

Die Kathedrale von Karachi war am 19. August 2017 auch Schauplatz des Staatsbegräbnisses für Pfau, mit dem Pakistan Abschied von der 88-Jährigen nahm. Unter den Trauergästen waren Pakistans Staatspräsident Mamnoon Hussain sowie hochrangige Vertreter von Armee, Luftwaffe und Marine. "Die gesamte Nation steht in der Schuld von Ruth Pfau für ihre Selbstlosigkeit und beispiellose Arbeit bei der Ausmerzung der Lepra", betonte Premierminister Shahid Khaqan Abbasi.

Einträchtige Beisetzung von Ruth Pfau

Pfaus Sarg war in die Flagge Pakistans gehüllt, deren Grün die muslimische Mehrheit, das Weiß die nicht-muslimische Minderheit, die weiße Mondsichel den Fortschritt und der ebenfalls weiße Stern Licht und Wissen symbolisieren. Pakistans Muslime und Christen, so schien es damals in der Trauer um Pfau, leben in Frieden und gegenseitigem Respekt zusammen.

Die Realität aber ist auf grausame Weise anders. Am 1. Juni starb in einem Krankenhaus in Lahore Irfahn Masih. Der Christ war ein "Chuhra" ("Unreiner"), wie jene genannt werden, die stinkende Abwasserkanäle und Kloaken reinigen. Die muslimischen Ärzte hatten dem 30-Jährigen die Behandlung verweigert, weil er ein "Churah" war. Laut dem christlichen Informationsdienst World Watch Monitor sind in Pakistan 80 Prozent aller Müllmänner und Kloakenarbeiter Nicht-Muslime. "Churah" ist längst zu einem Synonym für Christen geworden.

Zeit ohne Religionskonflikte

Blutige Anschläge auf christliche Einrichtungen, Zwangsverheiratungen junger Christinnen mit Muslimen, Schikanen im Alltag sowie Anklagen wegen Blasphemie lassen immer mehr Christen aus Pakistan fliehen. "Es gab mal eine Zeit ohne Religionskonflikte", weiß Asher Kashif. Der frühere Banker, einer die vielen tausend nach Bangkok geflüchteten pakistanischen Christen, ist mit seinen 36 Jahren aber zu jung, um diese Zeiten noch selbst erlebt zu haben.

Im Juli 1977 putschte sich General Zia ul Haq an die Macht und setzte zur Absicherung seines Regimes auf eine Politisierung des Islam. Ein Pfeiler des von ihm geschaffenen Systems ist das sogenannte Blasphemiegesetz, das für Schmähungen des Islam harte Strafen vorsieht. Bekanntestes Opfer des meist willkürlich angewandten Gesetzes ist die zum Tode verurteilte Christin Asia Bibi.

Diskriminierung von Christen

Die Liste der Diskriminierung von Christen ist lang. Sie reicht von der Darstellung von Christen in TV-Seifenopern als ungebildete Deppen bis zu Anschlägen wie zuletzt an Weihnachten auf ein Gotteshaus in der von islamistischem Terror geplagten Provinz Belutschistan. Die Provinzregierung erteilte danach Kirchen Waffenlizenzen zur Selbstverteidigung.

Es gibt aber auch Lichtblicke. Ein Gericht in Islamabad gab Anfang Februar ein zwölf Jahre altes Christenmädchen ihren Eltern zurück, das von einem Muslim entführt, zum Islam zwangskonvertiert und nach islamischem Recht geheiratet worden war. Entführungen im Namen des Islam seien "inakzeptabel", hieß es in der Gerichtsentscheidung. Die Verfassung gelte für Muslime wie für Christen. Die Vision von Staatsgründer Mohammed Ali Jinnah von einem "Pakistan des Lichts und des Fortschritts" ist noch nicht ganz verblasst.

Michael Lenz


Quelle:
KNA
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