Vor den Parlamentswahlen in Argentinien

Stimmungstest für Präsident Macri

Am Sonntag wird in Argentinien gewählt: Bei den Parlamentswahlen hofft Staatschef Macri auf Rückenwind für seinen Reformkurs.

Autor/in:
Tobias Käufer
Argentiniens Staatspräsident Mauricio Macri / © Ron Sachs / Pool (dpa)
Argentiniens Staatspräsident Mauricio Macri / © Ron Sachs / Pool ( dpa )

Die Hälfte der Amtszeit ist absolviert, erstmals bekommt Argentiniens Präsident Mauricio Macri rund zwei Jahre nach seinem Amtsantritt ein Zwischenzeugnis von seinen Landsleuten. Gewählt werden am Sonntag Teile des Senats und des Kongresses.

Bei den in Argentinien verpflichtenden Vorwahlen im August, die über die Kandidaten des eigentlichen Urnengangs am Sonntag bestimmen, konnte das Regierungsbündnis Cambiemos das beste Ergebnis davontragen. Ein Fingerzeig, dass es auch zwei Monate später bei den eigentlichen Parlamentswahlen für die Kandidaten aus dem Regierungslager ein gutes Ergebnis geben könnte.

Ein verschwundener Demonstrant

Landesweit werden die Hälfte der Abgeordnetenplätze und ein Drittel der Senatssitze neu vergeben. Doch inzwischen ist viel passiert in Argentinien. Unter anderem sorgte der Fall des verschwundenen Demonstranten Santiago Maldonado für Aufsehen. Der Aktivist hatte am 1. August an einer von der Polizei gewaltsam aufgelösten Demonstration für die Rechte der ethnischen Minderheit der Mapuche in der Unruheprovinz Chubut teilgenommen. Danach verlor sich seine Spur.

Menschenrechtsorganisationen und Familienangehörige werfen den Sicherheitskräften vor, für das Verschwinden des Demonstranten verantwortlich zu sein. Im ganzen Land wurde nach Maldonado gesucht, zwischenzeitlich schalteten sich sogar die argentinische Fußball-Nationalmannschaft, Diego Maradona und die katholische Kirche in den Fall ein und forderten eine umfassende Aufklärung.

Eine Wasserleiche gefunden

Wenige Tage vor der Wahl im Rio Chubut - just an dem Ort, wo Maldonado das letzte Mal gesehen wurde -, eine Wasserleiche gefunden. Viel deutet darauf hin, dass es sich bei dem Toten um Maldonado handelt, doch letzte Gewissheit wird erst eine Obduktion ergeben.

Der Fall bestimmte in Teilen auch den Wahlkampf. Auch Ex-Präsidentin Cristina Kirchner, die sich um einen Sitz im Senat bewirbt und damit auf die politische Bühne zurückdrängt, machte der Regierung Macri schwere Vorwürfe. Ob sie von der emotional aufgeladenen Atmosphäre profitieren kann, bleibt abzuwarten.

Schwaches Ergebnis vorhergesagt

Umfragen sagen ihr ein schwaches Ergebnis voraus, das aber aufgrund einer Besonderheit des argentinischen Wahlrechtssystems reichen dürfte, um ihr einen Platz in der Kammer zu sichern. Von ihrem Abschneiden hängt auch ihr künftiges politisches Gewicht ab. Für die Wahl hatte Kirchner ein eigenes Wahlbündnis geschmiedet und damit für eine weitere Zersplitterung des linken Lagers gesorgt. 

Argentiniens Kirche hielt sich im Wahlkampf weitgehend zurück, erinnerte die Politik aber daran, dass die hohe Armutsrate im Land die größte Herausforderung für die Mandatsträger ist. "Wir haben mehr als 35 Prozent Armut in unserem Land", sagte Bischof Vicente Bokalic Iglic aus Santiago del Estero vor wenigen Tagen der Tageszeitung "Diario nuevo".

Bischof zu der aktuellen Situation

"Hoffentlich wissen diejenigen, die gewählt werden, dass sie nicht absolute Macht haben, dass sie stattdessen den Dialog suchen und auch mal der Opposition zuhören", so der Bischof mit Blick auf die jüngsten Korruptionsfälle in der argentinischen Politik. Notwendig seien Konzepte zur Armutsbekämpfung und zur Schaffung von würdigen Arbeitsplätzen. 

Präsident Mauricio Macri hatte genau das zum Gradmesser seiner Politik gemacht. Er wolle sich daran bewerten lassen, ob es ihm gelinge, die Armut im Land spürbar zu bekämpfen. Zumindest die Statistiken der Katholischen Universität Buenos Aires lassen hier keinen Trend zum Positiven erkennen.

Trotzdem sagen die Umfragen Rückenwind für Macri voraus. Offenbar sehen die Argentinier unter ihm doch noch eine Perspektive für wirtschaftliche Erholung und Stabilisierung. Sollte sich dies am Sonntag bestätigen, ist von einer erneuten Präsidentschaftskandidatur des bürgerlich-konservativen Politikers bei den Wahlen 2019 zu rechnen.


Quelle:
KNA