Nigerias Kirche wegen Machtwechsel optimistisch

Zaghaftes Hoffen

Knapp zwei Monate nach seiner Wahl hatt der neue nigerianische Präsident Buhari seinen Amtseid abgelegt. Die Erwartungen sind enorm. Die Wirtschaft liegt am Boden und der Kampf gegen die Terrorgruppe Boko Haram geht weiter.

Autor/in:
Marc Engelhardt
Muhammadu Buhari (dpa)
Muhammadu Buhari / ( dpa )

Nigerias neuer Präsident Muhammadu Buhari ist am Freitag vereidigt worden. Damit hat in Afrikas bevölkerungsreichstem Staat ein friedlicher Machtwechsel stattgefunden. Tausende geladene Gäste nahmen an der Zeremonie auf dem Eagle Square in der Hauptstadt Abuja teil, darunter die Präsidenten Südafrikas, Simbabwes, Ghanas und Gambias. Neben der Vereidigung des neues Staatsoberhauptes wurden auch in zahlreichen Bundesstaaten die neu gewählten Gouverneure in ihre Ämter eingeführt.

Kirche sieht Machtwechsel überwiegend positiv

Die katholische Kirche in Nigeria sieht den politischen Machtwechsel überwiegend positiv. "Wir sind alle sehr optimistisch", sagte der Generalsekretär der Nigerianischen Bischofskonferenz, Raphael Okechukwu Madu. "Jeder erwartet hier einen Wandel."

Allerdings stehe der neue Präsident Muhammadu Buhari (72) vor einer Reihe von Aufgaben und Herausforderungen. Dazu gehörten etwa die anhaltende Benzinknappheit, Streiks und ausstehende Gehälter von Staatsdienern in einigen Bundesstaaten, so Madu. Buhari sei jedoch hartnäckig und zäh. "Ich denke, dass er auch heute noch so motiviert wie früher ist." Buhari regierte das Land bereits 1984 und 1985 nach einem Putsch als Militärherrscher. Gegner werfen ihm aus dieser Zeit massive Menschenrechtsverletzungen vor.

Bei seiner ersten Vereidigung als nigerianischer Präsident vor mehr als 30 Jahren hielt Muhammadu Buhari eine Rede, die heute erstaunlich aktuell klingt. Die Machtübernahme sei nötig geworden, "um das Land vor dem bevorstehenden Zusammenbruch zu retten", erklärte der damals 41-Jährige nach dem Militärputsch am Silvestertag 1983. An diesem Freitag übernimmt Buhari erneut das höchste Staatsamt des westafrikanischen Landes - diesmal als gewählter Präsident.

54 Prozent der Wähler stimmten für Buhari

Im März stimmten fast 54 Prozent der Nigerianer, allen voran junge Wähler, für den Herausforderer von Amtsinhaber Goodluck Jonathan. Zumindest diese Wähler sind der Ansicht, dass ihr Land erneut vor dem Zusammenbruch steht und Buhari Rettung bringen kann.

Seit Wochen erschüttert eine Treibstoffknappheit Nigeria, obwohl es einer der größten Ölexporteure der Welt ist. Doch weil die Raffinerien seit Jahren außer Betrieb sind, muss raffinierter Treibstoff teuer importiert werden, bevor er - subventioniert - an den Zapfsäulen landet. Geschmiert wird damit auch die Korruption. Und Buhari, so hoffen viele, wird der Korruption ein Ende machen.

Das hat Buhari, der sich als "wiedergeborenen Demokraten" bezeichnet und seiner früheren Militärherrschaft abgeschworen hat, nicht nur im Wahlkampf versprochen. In seiner ersten, nur 20 Monate währenden Amtszeit ging der Muslim aus dem Norden mit harter Hand gegen Korruption vor. Er ließ rund 500 Politiker, Beamte und Geschäftsleute festnehmen. Viele sprachen von der Willkür eines Militärdespoten. Doch gerade Arme jubelten, weil Buhari sich traute, Reiche und Mächtige anzupacken. Das nährt Hoffnungen, er werde dies erneut tun - zumal der heute 72-jährige selbst nahezu asketisch lebt. Unter Nigerias Politikern ist das eine absolute Ausnahme.

Buhari veranlasste öffentliche Auspeitschungen

Buhari tritt ein schweres Erbe an: Der Staat ist mit 60 Milliarden US-Dollar verschuldet, wegen der niedrigen Ölpreise fehlen erwartete Einnahmen. Beamte streiken, weil sie nicht bezahlt werden. Die Wirtschaft liegt am Boden. Ob der neue Präsident die wirtschaftlichen Probleme Nigerias lösen kann, ist indes fraglich. Unter seiner ersten Ägide wurden Gastarbeiter deportiert, um Arbeitsplätze für Nigerianer zu schaffen. Dadurch und durch eine Reihe weiterer Fehlmaßnahmen schlossen Unternehmen, die Wirtschaft schrumpfte und viele Nigerianer verloren ihre Arbeit.

Schlechter ist nur Buharis Menschenrechtsbilanz. Wer sich in einer Schlange vordrängelte, wurde öffentlich ausgepeitscht. Journalisten wurden verhaftet, die Meinungsfreiheit stark eingeschränkt. Geheimtribunale verhängten Todesurteile. Von all dem hat Buhari sich inzwischen aber distanziert.

Der Neue im Präsidentenamt profiliert sich gerne als Antithese zu den Machtpolitikern im Land. Doch dass er die Klaviatur von Nigerias Politikbetrieb meisterlich beherrscht, hat er mit seiner Wiederwahl bewiesen. Er nutzte die Fehler seines Vorgängers Jonathan aus, um dessen seit Ende der Militärdiktatur 1999 regierende Partei zu spalten und die Opposition zu einen. Viele Unterstützer Jonathans wechselten zu Buhari. Fraglich bleibt, wie viele offene Rechnungen Buhari jetzt im Gegenzug begleichen muss und ob das einen Neuanfang möglich macht.

Buhari hat sich stets als Mann des Volkes gegeben. Seine Mutter brachte ihn als 13. Kind zur Welt, er wuchs nach eigenen Angaben in einfachen Verhältnissen auf. Mit 20 trat er ins Militär ein. Unter den Talakawa, den Armen des muslimischen Nordens, war sein Ansehen immer ungebrochen, selbst als er nach seiner Zeit als Militärherrscher für 40 Monate in Haft saß. Bei der Wahl im März gelang es ihm erstmals, jenseits der Talakawa Wählermassen anzusprechen - unter den Ibo im Südosten etwa und unter vielen städtischen Bewohnern im christlichen Süden, die glaubten, dass Nigeria Rettung braucht.

Christen in Nigeria

Der Anteil der Christen in Nigeria wird mit 40, teils mit über 48 Prozent angegeben. Fest steht: Die christliche Gemeinschaft nahm in den vergangenen fünf Jahrzehnten stark zu und ist die größte auf dem afrikanischen Kontinent. Katholiken machen laut vatikanischen Zahlen gut 15 Prozent aus; sie sind in 50 (Erz-)Bistümern und zwei Apostolischen Vikariaten organisiert. Andere starke Gruppen bilden die protestantischen Kirchen und die anglikanische Kirche.

Gottesdienst in Nigeria / © Katrin Gänsler (KNA)
Gottesdienst in Nigeria / © Katrin Gänsler ( KNA )
Quelle:
epd , KNA