Die Erfolgsgeschichte von Renovabis begann vier Jahre nach dem Mauerfall

"Wir können stolz sein"

Als Reaktion auf den Mauerfall rief die Deutsche Bischofskonferenz 1993 das Osteuropa-Hilfswerk Renovabis ins Leben. Warum erst vier Jahre nach der Wende, mit welchem Erfolg und welchen aktuellen Herausforderungen - Geschäftsführer Pater Dietger Demuth im domradio-Interview.

 (DR)

domradio: Renovabis wurde 1993 ins Leben gerufen. Mit welchem Ziel?
Demuth: Die großen Umwälzungen waren ja schon 1989. Die deutschen Katholiken haben damals natürlich gemerkt: Was da jetzt alles im Osten passiert, betrifft uns auch als Nachbarn. Wir haben eine Verantwortung aus der Geschichte heraus und müssen aktiv werden.

domradio: Was waren die ersten Schritte zu Renovabis?
Demuth: Zunächst musste die katholische Öffentlichkeit überzeugt werden, dann die Bischöfe. Nachdem das gelungen war, gab es dann eine Kollekte. Die fiel großartig aus: 18 Millionen D-Mark! Der verantwortliche Weihbischof Schwarz saß dann also mit dem Geld da und musste schauen, wie er es richtig an den Mann bringt.

domradio: Was waren in der Anfangszeit die größten Aufgaben?
Demuth: Auf einmal konnten die Christen aufatmen, die vorher nur heimlich, im Untergrund ihren Glauben feiern konnten. Nur hatten sie das Problem, dass keine Kirchen da waren. Abgesehen von Polen. In Sibirien, in der Ukraine, in der ehemaligen Sowjetunion - überall waren die Kirchbauten zerstört worden. Also brauchten sie erstmal überhaupt einen Raum, um sich versammeln zu können. So fing es an, wir mussten kirchliche Infrastrukturen schaffen.

Die Kirche hat daneben natürlich ihre Liebestätigkeit als Caritas ausgeübt, im Dienst für die Schwächsten der Gesellschaft zu tun, für die Kinder und die Alten. Eines ergab damals das andere.

domradio: Sind Sie dem Ziel der Gründungszeit einen Schritt näher gekommen?
Demuth: Einen Schritt näher auf jeden Fall. Wenn Sie mal durch den Osten reisen, können sie dankbare Menschen erleben. Menschen, die sagen, dass ohne die Hilfe von Renovabis Vieles nicht möglich gewesen worden wäre. Die Kirchenleute in Russland sagen noch immer, dass sie ohne unsere Hilfe gar nicht existieren könnten. Worauf wir besonders stolz sind: Die Europa-Schulen in Bosnien-Herzegowina, die in diesem Jahr ihr 15-jähriges Jubiläum feiern.

domradio: Welche Herausforderungen gibt es noch?
Demuth: Zum Beispiel in Rumänien die griechisch-katholische Kirche, die von Stalin aufgelöst wurde. Diese Kirche hat ihre Freiheit wiedererlangt, sie ist aber noch sehr, sehr schwach und muss auf jeden Fall unterstützt werden. Dann ist immer noch sehr viel für die Versöhnung zu tun, zum Beispiel in Polen etwas gemeinsam für Weißrussland zu tun oder für die Ukraine. Das sind große Herausforderungen für die Zukunft.

Das Interview führte Christian Schlegel.