Da es hinsichtlich etwaiger, nicht angemeldeter Sonderveranstaltungen wie in diesem Fall auf dem Weihnachtsmarkt offenbar noch Unstimmigkeiten gibt, weist die Stadtverwaltung nochmals darauf hin, dass Veranstaltungen wie der Weihnachtsmarkt zum Bereich der Sondernutzungen gehören. Auf der gesamten Veranstaltungsfläche sind demnach nur Aktionen gestattet, die zuvor mit dem Veranstalter – hier der Stadt – abgestimmt sind. Dies gilt auch für religiös deklarierte Aktionen. In der Tat steht das Recht auf freie Religionsausübung in der Regel über dem Versammlungsrecht; dies gilt jedoch nicht für begrenzte Veranstaltungsflächen. Die Anzeigepflicht liegt im Übrigen beim jeweiligen Versammlungsleiter.
Dass die Stadt in diesem Jahr erstmals wieder auf diese Besonderheit hinweist, hat zwei Gründe: Zum einen gab es bereits zu Beginn des Weihnachtsmarktes einen entsprechenden Vorfall, bei dem die Veranstaltung für politische Zwecke missbraucht wurde. Die Stadt hatte in diesem Fall leider versäumt, den privaten Standbetreiber bei seiner Bewerbung einer genaueren Prüfung zu unterziehen. An der Bewerbung an sich war nichts zu beanstanden. Ungeachtet dessen hatte die Verwaltung in diesem Zusammenhang deutlich darauf hingewiesen, dass der Weihnachtsmarkt einem besonderen rechtlichen Schutz unterliegt.
Zum anderen sieht sich die Stadt vor das Problem gestellt, dass politische Gruppierungen immer häufiger Schlupflöcher nutzen, um ihre Propaganda auch in rechtlich geschützten Rahmen zu verbreiten bzw. einen anderen Vorwand nutzen, um sich öffentlich zu versammeln. Insofern ist die Stadt gezwungen zu reagieren. Ungeachtet dessen steht es jeder Gruppierung frei – sofern sie nicht verboten ist – Kundgebungen bzw. Versammlungen anzumelden, nur eben nicht auf geschützten Flächen. Die Stadt steht Veranstaltern diesbezüglich gerne als Ansprechpartner zur Verfügung. (Stadt Worms)
21.12.2019
An einem Krippenspiel in Worms entzünden sich die Gemüter. Da streitet sich die evangelische Luthergemeinde mit der Stadt. Es geht um ein besonderes Krippenspiel, das die Christen auf dem Weihnachtsmarkt aufführen. Was steckt dahinter?
DOMRADIO.DE: Was ist denn das für ein besonderes Krippenspiel? Erzählen Sie mal, worum geht es da?
Fritz Delp (Pfarrer der evangelischen Luthergemeinde Worms): Wir sagen “Nein zu Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit” und sprechen dann im Wechsel eine Sprechfolge von verschiedenen Zitaten von Hannah Arendt bis hin zu unserem Bundespräsidenten Steinmeier. Auch Bibelzitate sind dabei, die belegen, dass Menschenfeindlichkeit und Antisemitismus keine Möglichkeit in unserer Gesellschaft, in unserem Land, sind.
DOMRADIO.DE: Das heißt, es ist kein gewöhnliches Krippenspiel mit einer Geschichte, die vorgespielt wird?
Delp: Nein, das ist es nicht. Es nennt sich auch alternatives Krippenspiel und wir führen das jetzt schon seit fünf Jahren auf.
DOMRADIO.DE: Was hat die Stadt denn dagegen plötzlich?
Delp: Plötzlich meint die Stadt, es wäre eine unerwünschte politische Aktion, die den Frieden auf dem Weihnachtsmarkt störe. Man muss dazu sagen: Wir wurden bestärkt in unserem Inhalt von einer kleinen Vorgeschichte. Vor einigen Tagen hat die NPD eine Bude auf dem Weihnachtsmarkt für einen Tag gemietet, um dort Propagandamaterial für den sogenannten Tag der deutschen Zukunft, dem sie furchtbarer Weise im nächsten Jahr in Worms verbringen wollen, zu verteilen. Und da haben wir gemerkt, wie brisant, wie aktuell dieses Thema ist. Das hat uns bestärkt, dass in dieser Form zu machen.
DOMRADIO.DE: Die Stadt hat also was dagegen. Was sind jetzt die Reaktionen der anderen Leute auf diesen Disput?
Delp: Bisher habe ich nur positive Rückmeldungen bekommen, sei es von Stadträten, sei es von benachbarten Gemeinden oder auch von übergemeindlichen Institutionen. Auch unsere Landeskirche hat inzwischen dazu geäußert und uns ganz klar unterstützt.
DOMRADIO.DE: Die Stadt hat ein Bußgeld angedroht, wenn das Krippenspiel noch einmal aufgeführt werden sollte. Morgen steht es eigentlich auf dem Plan. Jetzt ist die Frage: Wird es trotzdem aufgeführt oder nicht?
Delp: Ja, natürlich. Wir lassen uns nicht einschüchtern! Wir warten ab, wie die Reaktion sein wird. Inzwischen hat die Stadt durch ihre Reaktion dafür gesorgt, dass wir ein bundesweites Medienecho erfahren, und dass wird dann auch morgen auf dem Weihnachtsmarkt präsent sein. Und wir werden unser Krippenspiel da aufführen. Das ist eine kirchliche Veranstaltung, die ist wieder Antrags- noch Genehmigungspflichtig.
DOMRADIO.DE: Warum ist es denn gerade jetzt in der Weihnachtszeit, so wichtig, Flagge zu zeigen und hier ein Statement zu setzen?
Delp: Es ist deshalb so wichtig, weil die Stadt Worms den Weihnachtsmarkt in einer Marketingaktion umbenannt hat in Nibelungen-Weihnacht. Und da muss man sich dann nicht wundern, wenn sich genau die Gruppen, die sich auf diese Traditionen berufen, das ausnutzen wollen und sich da niederlassen. Und dem wollen wir entgegenwirken.
Das Interview führte MIchelle Olion.
Da es hinsichtlich etwaiger, nicht angemeldeter Sonderveranstaltungen wie in diesem Fall auf dem Weihnachtsmarkt offenbar noch Unstimmigkeiten gibt, weist die Stadtverwaltung nochmals darauf hin, dass Veranstaltungen wie der Weihnachtsmarkt zum Bereich der Sondernutzungen gehören. Auf der gesamten Veranstaltungsfläche sind demnach nur Aktionen gestattet, die zuvor mit dem Veranstalter – hier der Stadt – abgestimmt sind. Dies gilt auch für religiös deklarierte Aktionen. In der Tat steht das Recht auf freie Religionsausübung in der Regel über dem Versammlungsrecht; dies gilt jedoch nicht für begrenzte Veranstaltungsflächen. Die Anzeigepflicht liegt im Übrigen beim jeweiligen Versammlungsleiter.
Dass die Stadt in diesem Jahr erstmals wieder auf diese Besonderheit hinweist, hat zwei Gründe: Zum einen gab es bereits zu Beginn des Weihnachtsmarktes einen entsprechenden Vorfall, bei dem die Veranstaltung für politische Zwecke missbraucht wurde. Die Stadt hatte in diesem Fall leider versäumt, den privaten Standbetreiber bei seiner Bewerbung einer genaueren Prüfung zu unterziehen. An der Bewerbung an sich war nichts zu beanstanden. Ungeachtet dessen hatte die Verwaltung in diesem Zusammenhang deutlich darauf hingewiesen, dass der Weihnachtsmarkt einem besonderen rechtlichen Schutz unterliegt.
Zum anderen sieht sich die Stadt vor das Problem gestellt, dass politische Gruppierungen immer häufiger Schlupflöcher nutzen, um ihre Propaganda auch in rechtlich geschützten Rahmen zu verbreiten bzw. einen anderen Vorwand nutzen, um sich öffentlich zu versammeln. Insofern ist die Stadt gezwungen zu reagieren. Ungeachtet dessen steht es jeder Gruppierung frei – sofern sie nicht verboten ist – Kundgebungen bzw. Versammlungen anzumelden, nur eben nicht auf geschützten Flächen. Die Stadt steht Veranstaltern diesbezüglich gerne als Ansprechpartner zur Verfügung. (Stadt Worms)