Weihnachtsbotschaft von Joachim Kardinal Meisner

"Gott schenkt sich nur"

Joachim Kardinal Meisner wünscht gesegnete Weihnachten. In seiner Botschaft zum Fest blickte er zurück auf die Anfänge der christlichen Gemeinschaft: "Freunde der Feste nannten die Heiden die ersten Christen. Und damit haben sie buchstäblich ins Schwarze getroffen."

Joachim Kardinal Meisner (DR)
Joachim Kardinal Meisner / ( DR )

Denn Christen haben immer einen Grund zum Feiern, weil sie sich nicht selbst feiern, sondern Gott feiern. Das wird besonders spürbar in der Heiligen Weihnacht, die uns so reich beschenkt hat. Indem wir durch Gott selbst heimgeholt werden ins verlorene Paradies und dort unser Heil wiederfinden dürfen.



In Hinblick auf das Kind in der Krippe, den Mensch gewordenen Sohn Gottes, betont die Kirche im Glaubensbekenntnis "empfangen durch den Heiligen Geist".  Die Welt hat ihn also empfangen! Nicht verdient, er wurde ihr geschenkt. Sie hat  ihn nicht erarbeitet. Es mag vielleicht einer leistungsorientierten Welt schwer fallen und mitunter auch wehtun, dass sie sich das Heil nicht selbst konstruieren, produzieren und vorprogrammieren kann. Sondern dass sie sich damit beschenken lassen muss.



Es gibt vieles zu kaufen - alles, wovon der Mensch letztlich lebt, ist unverkäuflich. Es ist nur geschenkweise zu haben, so die Liebe unter den Menschen und erst Recht die Liebe Gottes, die heute im Kind von Bethlehem sichtbar erschienen ist. So auch die Vergebung, die sich Menschen gegenseitig gewähren, weil das Kind in der Krippe die Vergebung Gottes in Person ist.



Gott verkauft sich nicht. Gott schenkt sich nur. Denn er ist die Liebe und die Vergebung in Person. Er ist darum nur um zu empfangen. Er ist nicht zu erwerben.



Liebe Schwestern, liebe Brüder, natürlich können Geschenke den Menschen entwürdigen und beschämen. Gott aber bietet sich uns als wehrloses und hilfloses Kind dar. Er wirft uns seine Gaben nicht vor die Füße, sondern er bittet in diesem auf menschliche Fürsorge angewiesenen Kind um Aufnahme seiner Gaben. Nämlich um die Aufnahme seiner selbst. Seine Gegenwart erdrückt uns nicht, er drängt sich uns nicht lautstark auf. Er wirbt um uns und um unser Herz in der Demut eines Kindes.



Freilich ist damit das Risiko des augenscheinlichen Scheiterns verbunden, wie es Johannes in seinem Evangelium ausdrückt: "Er kam in sein Eigentum, aber die Seinigen nahmen ihn nicht auf". Wenn in diesen Tagen auch bei uns zu Lande die Menschen einander beschenken, so lebt vielleicht darin eine letzte Urahnung vom Geschenkcharakter des in Christus angebotenen Heiles weiter. Darüber sollen wir uns alle herzlich in diesen weihnachtlichen Tagen freuen.



Und wenn wir dabei die Erfahrung machen müssen, dass auch wir mit unseren Geschenken einmal nicht ankommen, dass uns die Unsrigen nicht aufnehmen, dann wissen wir, an wessen Seite wir dann stehen. In seiner Nachfolge ist nichts vergeblich, auch nicht sogenannte vergebliche Geschenke. Allen aber die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden.



Maria ist die erste, die ihn aufnahm, die ihn vom Heiligen Geist empfangen hat. Und darum wandelt sich das Wort am Anfang der Schöpfung über den Menschen "Und Gott sah, dass der Mensch gut war" um, in das unvergessliche Wort des Engels über den neuen Menschen, indem er zu Maria sagt, "Sei gegrüßt, Du Begnadete, der Herr ist mit Dir".



Diese Botschaft möchte auch jedem von uns in diesen weihnachtlichen Tagen zu Teil werden. Du bist voll der Gnade, der Herr ist mit Dir. Denn Du wurdest ein Beschenkter, ein Begnadeter, ein Gesegneter, weil Du Christus vom Heiligen Geist empfangen hast. Dann ist es wirklich in unserem Leben Weihnachten geworden.



Dass Ihnen das geschenkt wird, liebe Schwestern und liebe Brüder, ist mein weihnachtlicher Wunsch für Sie alle,



Ihr



Erzbischof Joachim Kardinal Meisner