Bischöfe im Advent: Bischof Konrad Zdarsa (Bistum Augsburg)

Der Bedrückung entgegengehen

Mit den deutschen Bischöfen durch den Advent. Jeden Tag ein Impuls eines deutschen Kardinals, Bischofs oder Weihbischofs. Heute mit Konrad Zdarsa, Bischof des Bistums Augsburg.

 (DR)

In den Tagen des zu Ende gehenden Kirchenjahres konnten wir in den Gottesdiensten nicht selten Texte aus dem Leben Jesu von den letzten Dingen hören. Auf den ersten Blick mochten sie uns mit ihren Schilderungen von den Erschütterungen des Universums und anderen Schreckensmissionen, vom Untergang der Welt mit ihren Kriegen und Auseinandersetzungen unter den Völkern angst und bange werden lassen.



Aber wenn wir genau bis zum Ende hingehört haben, erwiesen sich gerade diese Reden keineswegs als Drohbotschaft, sondern als ausgesprochener Trost. "Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen." (Lk 21, 19) oder erst Recht mit der Aufforderung: "Wenn (all) das beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe." (Lk 21, 28)  



Auch ein zu Ende gehendes Jahr ist mit seiner um sich greifenden Dunkelheit und Kälte dazu angetan, uns zu bedrücken und bange zu machen. Viele wollen diese Stimmung gar nicht erst aufkommen lassen, indem sie Straßen und Plätze sobald als möglich mit künstlichem Licht überfluten. Auch wir lassen zwar nicht gleich alle Lichter aufflammen, entzünden aber nach und nach eine Kerze auf dem Adventskranz. Das ist ein Zeichen für unsere Ausschau nach dem wahren Licht, ein Symbol für unser Warten auf den nahe kommenden Herrn.



Seinerzeit bezeichnete der Staatsicherheitsdienst der DDR die Gegner des Regimes zuerst als überheblich und arrogant, dementsprechend hielt man sich auch bei ihrer Bekämpfung in keiner Weise zurück und es waren alle Mittel und Repressalien recht. Ob man wohl geahnt hat, aus welchen Quellen, aus welcher Erwartung und Sehnsucht das Verlangen nach Wahrheit, Gerechtigkeit und Freiheit letztlich schöpfte? Damals sind die Menschen im östlichen Teil unseres Landes buchstäblich mit aufrechtem Gang und brennenden Kerzen in den Händen ihrer Befreiung entgegengegangen. Was für ein nachhaltiges Bild, was für eine Botschaft!



Ich glaube, genau das bedeutet Advent. Mit aufrechtem Gang und brennendem Herzen unserer Erlösung entgegengehen. Erst recht nach den bedrückenden Erfahrungen der vergangenen Monate, da viele meinten, nur noch von der Krise und vom Niedergang der Kirche reden zu müssen, haben wir dennoch keinen Grund geduckt und niedergedrückt unseren Weg zu gehen.



Nach wie vor nämlich gilt: Gott liebt uns vor aller Leistung, trotz aller Schuld und wider alle Verzweiflung. Vorallem aber ist er in Jesus Christus einer von uns geworden, in allem uns gleich - außer der Sünde. In der Tat, das bedeutet Advent, dem entgegengehen, der sich erniedrigt hat, um uns zu erheben und groß zu machen. In diesem Sinne wünsche ich allen eine gesegnete Zeit der Vorbereitung auf das Fest der Menschwerdung unseres Herrn.



Konrad Zdarsa,

Bischof von Augsburg