Experte: Viele Päpste der Neuzeit waren keine großen Theologen

"Eher ein Schattendasein"

Die meisten Päpste der Neuzeit waren nach den Worten des Kirchenhistorikers Jörg Ernesti keine großen Theologen. Das gelte auch für Gioacchino Pecci, der als Papst Leo XIII. von 1878 bis 1903 amtierte.

Papst Leo XIII. / © Wikipedia Gemeinfrei
Papst Leo XIII. / © Wikipedia Gemeinfrei

Die pastoralen und spirituellen Vorstellungen des Pecci-Papstes seien eher konventionell gewesen, erklärte der Wissenschaftler Jörg Ernesti am Donnerstag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Dagegen hätten gesellschaftspolitische Fragen eine zentrale Rolle während des Pontifikats von Leo XIII. gespielt. Beispielhaft verwies Ernesti auf die Sozialenzyklika "Rerum novarum" von 1891.

Begründer der vatikanischen Außenpolitik

In diesem Papstschreiben fänden sich die Grundlinien der katholischen Soziallehre wieder: Solidarität, Subsidiarität, Gemeinwohl. "Davon haben sich die Gründerväter und -mütter der Bundesrepublik ganz stark inspirieren lassen."

Leo XIII. sei überdies der Begründer der modernen Außenpolitik des Vatikan gewesen, erläuterte Ernesti. Zehnmal habe der Heilige Stuhl seinerzeit in internationalen Konflikten vermitteln können. "Ohne dass uns das heute noch bewusst ist, wurden in diesem Pontifikat die Weichen für die Zukunft des Papsttums gestellt."

Bislang ältester Papst in der Geschichte

Leo XIII., der rund ein Vierteljahrhundert im Amt war, starb mit 93 Jahren und ist damit der bislang älteste Papst in der Geschichte. Ernestis Biografie über das Kirchenoberhaupt erschien unlängst im Freiburger Verlag Herder. Es ist die erste deutschsprachige Veröffentlichung dieser Art seit 1935.

Die Papstgeschichte habe lange Zeit "eher ein Schattendasein geführt", bedauerte Ernesti. "Erst seit der Jahrtausendwende gewinnt die Beschäftigung mit dem Papsttum immer mehr an Bedeutung."


Quelle:
KNA