Ermittlungen wegen Kardinal Bertones Wohnung

Schöner Wohnen im Vatikan

Die Wohnung von Kardinal Bertone beschäftigt nun auch die vatikanische Justiz. Zwar ist der Kardinal selbst bislang nicht im Visier der Ermittler, doch auch für ihn könnte die Luft dünn werden.

Petersplatz in Rom (KNA)
Petersplatz in Rom / ( KNA )

Kardinal Tarcisio Bertone kommt mit seiner Wohnung nicht aus den Schlagzeilen heraus. Erst war von einer Luxus-Immobilie im Schatten des Petersdoms die Rede. Dann wurde vergangenen November bekannt, dass die Stiftung der vatikanischen Kinderklinik Bambino Gesu Geld für die Renovierung seines 300-Quadratmeter-Appartements beigesteuert hat. Nun wird Bertones Domizil sogar ein Fall für die vatikanische Justiz.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den früheren Präsidenten der Stiftung des Kinderkrankenhauses Bambino Gesu, Giuseppe Profiti, und deren früheren Schatzmeister Massimo Spina, wie der Vatikan am Donnerstag mitteilte. Die beiden sollen Stiftungsgelder für die Renovierung von Bertones Wohnung zweckentfremdet haben. Laut der italienischen Zeitschrift "L'Espresso" sollen es 422.000 Euro gewesen sein. Den Angaben zufolge sollte Bertone seine Räume im Gegenzug für Veranstaltungen zur Einwerbung von Spendengeldern zur Verfügung stellen. Bislang habe es jedoch keinen derartigen Termin gegeben.

300.000 Euro hat der frühere Kardinalstaatssekretär nach eigenem Bekunden selbst beigesteuert.

Verdächtiger Brief

Auch für Bertone könnte die Luft dünn werden. Bislang ist der Kardinal selbst zwar nicht ins Visier der Ermittler geraten. Das stellte der Vatikan eigens klar. Doch ein Brief Bertones an Profiti, den "L'Espresso" am Freitag veröffentlichte, könnte den italienischen Kardinal in Erklärungsnot bringen. Das Schreiben nährt zumindest Zweifel an dessen bisheriger Darstellung, dass der Zuschuss der Stiftung ohne sein Wissen erfolgt sei. Bertone habe mit dieser Aussage gelogen, behauptet "L'Espresso". Andere italienische Medien übernahmen diese Einschätzung.

Das Schreiben, das Bertone in die Bredouille bringen könnte, datiert vom 8. November 2013. Ihm liege sehr daran, dass die Stiftung die Gelder zur Deckung der Kosten für die "vorgeschlagenen Maßnahmen" von Dritten erhalte, "damit nichts für diese Institution zu bezahlen bleibt", heißt es in dem Brief an Profiti, den die Zeitschrift als Faksimile veröffentlichte. Die "vorgeschlagenen Maßnahmen" sollen laut "L'Espresso" Wünsche für Umbaumaßnahmen und Anschaffungen gewesen sein, die Bertone in einem Anhang aufgelistet habe. Zum Beispiel eine Stereoanlage für 19.000 Euro und ein Boden aus feinem Carrara-Marmor. Bertone hatte Medienberichte über ein angebliches Luxus-Appartment stets vehement bestritten. Außerdem verwies er darauf, dass er mit drei Ordensfrauen in der Wohnung lebe, die ihm den Haushalt führen.

Bertone bestreitet Vorwürfe

Der frühere Kardinalstaatssekretär verwahrte sich unterdessen gegen die Behauptung, er habe von dem Beitrag der Stiftung gewusst. Der veröffentlichte Brief widerspricht nach seiner Aussage keineswegs seiner bisherigen Darstellung. Schließlich habe er darin ausdrücklich gesagt, dass die Stiftung Dritte zur Finanzierung suchen könne, jedoch nichts von ihr selbst bezahlt werden solle, sagte er dem "Corriere della Sera" (Freitag). Im Übrigen verwies der Kardinal darauf, dass etwa 30 Kardinäle eine größere Wohnung als er bewohnten.

Im März überwies Bertone 150.000 Euro an die Stiftung der vatikanischen Kinderklinik. Das wollte er ausdrücklich nicht als Schuldeingeständnis, sondern als "Geschenk" verstanden wissen. So wolle er den der Stiftung entstandenen Schaden wiedergutmachen, so Bertone damals.

Als Kardinal könnte Bertone nur vor dem obersten Gerichtshof des Vatikanstaats, dem Kassationsgericht, der Prozess gemacht werden. Dies wäre jedoch ein einmaliger Vorgang. Hinzu kommt, dass Bertone nicht irgendein Kardinal ist. Als Kardinalstaatssekretär war er von 2006 bis Oktober 2013 nach dem Papst die Nummer zwei in der vatikanischen Hierarchie und einer der engsten Mitarbeiter von Benedikt XVI. (2005-2013).

Autor vor Gericht

Der Autor des "L'Espresso"-Artikels ist kein unbeschriebenes Blatt. Emiliano Fittipaldi muss sich derzeit gemeinsam mit seinem Kollegen Gianluigi Nuzzi vor einem vatikanischen Gericht wegen illegaler Beschaffung von vertraulichen Akten aus dem Vatikan verantworten. In seinem Enthüllungsbuch über die vatikanischen Finanzen mit dem Titel "Geiz", hatte er die Mitfinanzierung der Wohnungsrenovierung durch die Stiftung erstmals publik gemacht.

Und was sagt der Papst dazu, der eine arme Kirche für die Armen fordert? "Ich habe ihn Ostern gesehen. Aber wir haben nicht darüber gesprochen. Er hat mich herzlich begrüßt", berichtete Bertone.


Quelle:
KNA