Altenpflegekräfte in Deutschland sind laut einer Studie der Krankenkasse Barmer deutlich häufiger krankgeschrieben und werden öfter frühverrentet als Erwerbstätige in anderen Berufen. Durch bessere Arbeitsbedingungen ließe sich der Pflegenotstand in Deutschland deutlich abmildern, heißt es im Barmer-Pflegereport, der heute in Berlin vorgestellt werden soll. Auf einen Schlag gäbe es 26.000 Pflegekräfte mehr, wenn die Arbeitssituation und damit einhergehend die Gesundheit der Pflegekräfte besser wären.
Zwischen 2016 und 2018 waren den Ergebnissen des Pflegereports zufolge 8,7 Prozent aller Hilfskräfte und 7,2 Prozent der Fachkräfte in der Altenpflege krankgeschrieben. In anderen Berufen lag der Krankenstand im Schnitt bei 5,0 Prozent. Das entspricht einem Unterschied von bis zu 73 Prozent. Zudem müssen Pflegekräfte häufiger und länger im Krankenhaus behandelt werden als andere Erwerbstätige.
Der Pflegeberuf sei so kraftraubend, dass zudem überproportional viele Beschäftigte nicht bis zur Rente durchhielten, heißt es. So sei der Anteil der Pflegekräfte mit einer Erwerbsminderungsrente bis zu doppelt so hoch wie in sonstigen Berufen. (KNA / 01.12.2020)
25.02.2021
Es wird spannend: Sollten Caritas und Diakonie dem angestrebten Tarifvertrag für die Altenpflege in dieser Woche nicht zustimmen, kann Bundesarbeitsminister Hubertus Heil seine favorisierte Lösung vorerst begraben.
Gespannt blicken Beschäftigte und Arbeitgeber in der Altenpflege in diesen Tagen auf die kirchlichen Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie. Deren sogenannte Arbeitsrechtliche Kommissionen entscheiden über ihre Zustimmung zu einem bundesweiten Tarifvertrag, zunächst am Donnerstag die katholische Caritas, dann am Freitag die evangelische Diakonie.
Beide Kommissionen - zu gleichen Teilen von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite besetzt - müssen mit Zweidrittelmehrheit zustimmen, damit der vorliegende Tarifvertrag von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für die gesamte Branche als allgemein verbindlich erklärt werden kann.
Erhöhung des Mindestlohns
Verhandelt hatten ihn die Gewerkschaft Verdi und der vergleichsweise kleine Pflege-Arbeitgeberverband BVAP. Der Vertrag sieht unter anderem eine Erhöhung des Mindestlohns um 25 Prozent bis Mitte 2023 für die rund 1,2 Millionen Beschäftigten in der Altenpflege vor.
Caritas und Diakonie stehen für rund 30 Prozent der Beschäftigten in der Altenpflege. Sie würden den neuen Tarifvertrag wegen des kircheneigenen Tarifrechts nicht anwenden. Ohne ihre Unterstützung aber dürfen Verdi und BVAP keinen Antrag stellen, auf dessen Grundlage Heil handeln könnte.
Die Entscheidung der kirchlichen Wohlfahrtsverbände ist offen: Zu Wochenbeginn hatte sich der Sprecher der Arbeitgeberseite in der Caritas-Kommission, Norbert Altmann, bereits sehr skeptisch gegenüber einem Flächentarifvertrag gezeigt. Einzelne Vertreter der Diakonie-Arbeitgeber unterstützen zwar öffentlich einen Tarifvertrag, äußerten sich jedoch zuletzt "sehr besorgt" über dessen Erfolgsaussichten im eigenen Verband.
Mit ihren Gehältern liegen Caritas und Diakonie in der Regel über den angestrebten Mindestbedingungen des Tarifvertrags. Gleichwohl bestehen bei Vertretern der kirchlichen Wohlfahrtsverbände Vorbehalte - etwa was mögliche indirekte Auswirkungen auf das gesamte Tarifgefüge der rund 600.000 Beschäftigten der Caritas angeht. Die dortige Mitarbeiterseite hatte die Einigung zwischen Verdi und BVAP aber begrüßt.
Droht Gegenwind?
Sollten Caritas und Diakonie dem Flächentarifvertrag indes zustimmen, weht von anderer Seite weiterhin viel Gegenwind. Arbeitgeberverbände und die privaten Anbieter in der Pflege sprechen BVAP und Verdi ab, für die Branche handeln zu können. Sie verweisen auch darauf, dass nur wenige Pflegekräfte gewerkschaftlich organisiert sind. Die privaten Pflegeheimträger und Betreiber von Pflegediensten haben bereits Klagen angekündigt.
Aus ihrer Sicht ist die bereits bestehende Mindestlohn-Pflegekommission von Arbeitgebern und Arbeitnehmern das geeignete Forum, um die Bezahlung in der Altenpflege zu regeln. Sie hatte im vergangenen Jahr erstmals drei nach Qualifikation unterscheidende Mindestlöhne beschlossen. Ab dem 1. Juli diesen Jahres bekommen Pflegefachkräfte demnach mindestens 15 Euro in der Stunde.
Auch der Sprecher der Caritas-Arbeitgeberseite, Altmann, präferiert die Arbeit der Kommission. In einem Interview hatte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zudem gesagt, dass die zentrale Voraussetzung für gute Löhne und Arbeitsbedingungen eine verlässliche Finanzierung höherer Personalkosten durch die Pflegeversicherung sei.
Zumindest in diesem Punkt sind sich eigentlich fast alle einig: Verbesserungen für die Beschäftigten sollten nicht über höhere Eigenanteile der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen finanziert werden. Laut Altmann bringen allerdings schon die von der Pflegekommission bereits beschlossenen Mindestlöhne Mehrkosten von rund zwei Milliarden Euro. Ein flächendeckender Tarifvertrag würde noch einmal deutlich teurer.
In seinen im Herbst vorgelegten Eckpunkten für eine Pflegereform hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bereits vorgesehen, dass Pflegekräfte nur noch nach Tarif oder tarifähnlich bezahlt werden sollen. Um dieses und weitere Vorhaben zu finanzieren, will Spahn einen steuerfinanzierten Bundeszuschuss für die Pflegeversicherung. Die Eigenanteile der Pflegebedürftigen sollen gedeckelt werden. Offen ist allerdings, ob die Reform überhaupt noch vor der Bundestagswahl im Herbst kommt.
Altenpflegekräfte in Deutschland sind laut einer Studie der Krankenkasse Barmer deutlich häufiger krankgeschrieben und werden öfter frühverrentet als Erwerbstätige in anderen Berufen. Durch bessere Arbeitsbedingungen ließe sich der Pflegenotstand in Deutschland deutlich abmildern, heißt es im Barmer-Pflegereport, der heute in Berlin vorgestellt werden soll. Auf einen Schlag gäbe es 26.000 Pflegekräfte mehr, wenn die Arbeitssituation und damit einhergehend die Gesundheit der Pflegekräfte besser wären.
Zwischen 2016 und 2018 waren den Ergebnissen des Pflegereports zufolge 8,7 Prozent aller Hilfskräfte und 7,2 Prozent der Fachkräfte in der Altenpflege krankgeschrieben. In anderen Berufen lag der Krankenstand im Schnitt bei 5,0 Prozent. Das entspricht einem Unterschied von bis zu 73 Prozent. Zudem müssen Pflegekräfte häufiger und länger im Krankenhaus behandelt werden als andere Erwerbstätige.
Der Pflegeberuf sei so kraftraubend, dass zudem überproportional viele Beschäftigte nicht bis zur Rente durchhielten, heißt es. So sei der Anteil der Pflegekräfte mit einer Erwerbsminderungsrente bis zu doppelt so hoch wie in sonstigen Berufen. (KNA / 01.12.2020)