Pflegeheime: Spagat zwischen Selbstbestimmung und Schutz

"Spielräume ausschöpfen"

​Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Westerfellhaus, hat Pflegeeinrichtungen aufgefordert, eine Balance zwischen Schutz und Rechten der Bewohner auf Selbstbestimmung und Teilhabe herzustellen. Die Caritas weist auf das erhöhte Risiko hin.

Besuch im Pflegeheim während der Corona-Pandemie / © Christophe Gateau (dpa)
Besuch im Pflegeheim während der Corona-Pandemie / © Christophe Gateau ( dpa )

Mancherorts liege der Fokus noch zu wenig auf Selbstbestimmungsrechten, sagte Andreas Westerfellhaus am Montag in Berlin. "Besuche und Möglichkeiten, die Einrichtungen zu verlassen, werden nur zu zögerlich ermöglicht", kritisierte er.

Der Pflegebevollmächtigte verweis ausdrücklich auf die entsprechende Resolution der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) vom vergangenen Donnerstag. "Mit ihr geben die zuständigen Gesundheitsminister und Gesundheitssenatoren den Einrichtungen die nötige Rückendeckung und den eindeutigen Auftrag, die bestehenden Spielräume für mehr Besuche auszuschöpfen", betonte Westerfellhaus.

Besuchskonzepte sollen weiterentwickelt werden

"Bewohnerinnen und Bewohner von Wohneinrichtungen dürfen nicht das Gefühl bekommen, abgeschoben und vergessen zu werden", hieß es in der Resolution. In der Praxis und vor Ort sei es hilfreich, Besuchskonzepte gemeinsam mit Praktikern, Bewohnervertretungen, Gesundheitsämtern, Wissenschaft und Politik weiter zu entwickeln.
Dabei spielten besonders Hygienekonzepte, Mindestabstand, Schutzkleidung und auch Testungen eine große Rolle.

"Konzepte zur Teilhabe müssen stets die Begegnung mit Angehörigen, Freundinnen und Freunden sowie Familien inner- sowie außerhalb der Wohneinrichtungen ermöglichen", betonten die Minister. Oberstes Ziel der Besuchskonzepte müsse es sein, den notwendigen Infektionsschutz der Bewohner zu beachten und gleichzeitig ihr Grundrecht auf Selbstbestimmung und Teilhabe zu gewährleisten.

Caritas: Lockerung in Pflegeheimen führt auch zu höherem Risiko

Unterdessen kommen von der Caritas im Oldenburger Land Bedenken an den Lockerungen der Kontaktbeschränkungen in Altenpflege-Einrichtungen. Die wiedererlangte Besuchsmöglichkeit sei zwar erfreulich, führe aber zu einem erhöhten Risiko für die Weiterverbreitung des Coronavirus, sagte Caritas-Referent Bernhard Bruns am Montag in Vechta.

Jeder Altenheimbewohner müsse auch selbst entscheiden, "ob es sinnvoll ist, dass er oder sie selbst in den Supermarkt geht, um sich eine Zeitung zu kaufen, oder ob er eine Pflegekraft oder einen Angehörigen darum bittet".

Zwar täten die Einrichtungen der Altenhilfe alles, um Bewohner und Gäste vor einer Infektion zu schützen, so Bruns. Dennoch sollten alle Beteiligten "weiterhin risikobewusst und eigenverantwortlich ihren Anteil zur Prävention leisten". In Niedersachsen sind Besuche in Alten- und Pflegeheimen unter Auflagen wie der Dokumentation der Personalien wieder erlaubt. Zum vorgeschriebenen Hygienekonzept gehören laut Corona-Verordnung auch Vorschriften für ein zeitweiliges Verlassen der Einrichtung durch die Bewohner.


Andreas Westerfellhaus / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Andreas Westerfellhaus / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )
Quelle:
KNA