Vor 40 Jahren führte Deutschland die Sommerzeit wieder ein

Noch keine Einigung auf neues Modell in Sicht

Auf keinen Fall wollte Bonn eine neue - zeitliche - Mauer zur DDR errichten. Aber auch die europäische Einheit sollte gewahrt bleiben, als Deutschland vor 40 Jahren die Sommerzeit einführte.

Autor/in:
Christoph Arens
Symbolbild Zeitumstellung / © Africa Studio (shutterstock)
Symbolbild Zeitumstellung / © Africa Studio ( shutterstock )

Eigentlich ist die Uhrzeit ein ganz alltags-praktisches Problem. Doch als die sozial-liberale Bundesregierung in Bonn am 6. April 1980, also vor 40 Jahren, die Sommerzeit einführte, war das eine hoch politische Frage.

Denn die Bundesrepublik wollte einerseits im Einklang mit den westeuropäischen Nachbarländern bleiben, zugleich aber auch keine neue, zeitliche Mauer zur DDR errichten.

Energiesparen wurde zum Gebot der Stunde

Es waren die Ölkrisen Anfang der 70er Jahre, die die Einführung einer Sommerzeit beförderten. Energiesparen wurde zu einem Gebot der Stunde. Bis 1976 hatten eine Reihe westeuropäischer Länder und Frankreich die Sommerzeit ohne nennenswerte Abstimmung mit dem Rest der Europäischen Gemeinschaft (EG) eingeführt. Damit vergrößerte sich auch in der Bundesrepublik der Entscheidungsdruck.

Deshalb verabschiedete der Bundestag im Juli 1978 ein Zeitgesetz, das der Regierung die grundsätzliche Kompetenz übertrug, die Uhrzeit zu verändern. Ausdrücklich erklärte die Bundesregierung aber, dass sie von der Ermächtigung so lange keinen Gebrauch machen werde, bis eine einheitliche Regelung in West- und Mitteleuropa erreicht sei.

Zugleich sprachen sich alle Parteien im Bundestag für die Beibehaltung der Zeitgleichheit mit der DDR und Berlin aus.

Im Oktober 1979 unterrichtete die DDR dann überraschend die Bundesregierung, dass sie beabsichtige, 1980 die Sommerzeit einzuführen. Und Bonn zog eilig nach. Zu eilig für manche Institutionen: Die Deutsche Bundesbahn musste Zehntausende Fahrpläne neu drucken lassen, zudem hatte sie dafür zu sorgen, dass die über 80.000 Uhren in den Bahnhöfen fristgerecht umgestellt werden konnten.

Doch das rund 50 Millionen D-Mark teure Unternehmen sorgte zumindest dafür, dass Deutschland geeint blieb - zeitlich zumindest.

Von Anfang an war die Zeitumstellung umstritten

Allerdings hatte damit so ziemlich jedes europäische Land andere Laufzeiten für Sommer- und Winterzeit. Das veranlasste Brüssel dazu, sich mit der Einführung einer gemeinsamen Mitteleuropäischen Sommerzeit zu beschäftigen. Sie trat 1996 in Kraft und verlängerte die Sommerzeit-Phase bis Ende Oktober.

Von Anfang an war die Zeitumstellung umstritten. Dahinter stand die Überzeugung, durch eine bessere Nutzung des Tageslichts Energie sparen zu können. Auch die Freizeitmöglichkeiten an langen Sommerabenden sind ein Argument.

Kritiker argumentieren, dass die zweimalige Umstellung pro Jahr den Biorhythmus der Menschen und auch von Nutztieren durcheinander bringe. Das führe bei vielen Menschen zu gesundheitlichen Problemen, darunter vor allem Schlafprobleme und Konzentrationsschwierigkeiten.

Sie unterstreichen zudem, dass die Zeitumstellung, anders als zunächst vermutet, nicht zur Energieeinsparung beiträgt: Zwar werde im Sommer tatsächlich weniger Strom für Licht verbraucht. Im Frühjahr und Herbst werde jedoch in den Morgenstunden auch mehr geheizt.

Seit Jahren zeigen Umfragen, dass die Zeitumstellung in vielen europäischen Ländern sehr unbeliebt ist. Deshalb hat die EU-Kommission, um vor den Europawahlen 2019 Handlungsfähigkeit und Bürgernähe zu demonstrieren, eine Online-Umfrage in der EU gestartet.

Dabei sprachen sich 84 Prozent der rund 4,6 Millionen Teilnehmer für eine Abschaffung aus, die meisten Menschen votierten für eine dauerhafte Sommerzeit.

Als Konsequenz schlug die Kommission vor, 2019 die Zeitumstellung in Europa zu beenden und es den Mitgliedstaaten zu überlassen, zu entscheiden, ob sie dauerhaft die Winter- oder die Sommerzeit haben möchten. Das erwies sich allerdings zeitlich als nicht durchführbar.

Das EU-Parlament forderte deshalb mit großer Mehrheit ein Ende der Zeitumstellung im Herbst 2021.

Doch wohin soll die Reise gehen? Eigentlich sollten sich die Kommission und die Mitgliedsstaaten bis April auf eine möglichst einheitliche Regelung verständigen, damit ein Flickenteppich aus verschiedenen Zeitzonen verhindert wird. Doch eine Einigung steht weiter in den Sternen.


Quelle:
KNA