Katholischer Jugendverband ruft zu Boykott gegen Nestlé auf

Wenn es David mit Goliath aufnimmt

Die Katholische junge Gemeinde ruft dazu auf, die Firma Nestlé zu boykottieren. Unter dem Motto "Nestlé Adé!" kritisieren sie die Arbeits- und Umweltbedingungen des Konzerns. Nun kam es zu einem ersten Gespräch der ungleichen Kontrahenten.

Nestlé-Firmensitz / © Jer123 (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Was ist bei diesem Gespräch herausgekommen?

Marc Eickelkamp (Bundesleiter der Katholischen jungen Gemeinde / KjG): Grundsätzlich haben wir versucht, erst einmal zu klären, was unsere Kritikpunkte sind. Nestlé hat ausführlich dargelegt, was sie schon tun, um diesen Kritikpunkten entgegenzuwirken und welche Projekte bereits laufen. Wir haben uns erst einmal ausgetauscht und hoffen, dass wir da weiter im Diskurs bleiben können.

DOMRADIO.DE: Was sind Ihre Kritikpunkte an Nestlé?

Eickelkamp: Wir als katholischer Jugendverband arbeiten ja vor allem auf Grundlage der christlichen Werte, des christlichen Menschenbildes und versuchen auch die Schöpfung zu wahren. Das macht uns vielleicht ein bisschen besonders im Vergleich zu anderen Organisationen, die auch Nestlé kritisieren. Wir haben vor allem aus unserer Perspektive die Lebens-, Arbeits- und Umweltbedingungen in den Blick genommen, für die Nestlé Verantwortung trägt.

Das heißt konkret: Wenn Nestlé bei verschiedenen Anbietern wie Kleinbauern oder Gemeinschaften vor Ort - zum Beispiel in Afrika - Kakao einkauft, dann müssen sie auch die Verantwortung dafür übernehmen, was dort passiert. Das ist eine Sache, die aus unserer Sicht bisher nicht konsequent passiert. Im Bereich der Wasserrechte und Wassernutzung gibt es immer noch Standorte, wo Nestlé versucht, die Situation zu verbessern, sie aber immer noch nicht gut ist.

DOMRADIO.DE: Was sagt Nestlé dazu? Was wird sich ändern oder verbessern?

Eickelkamp: Es gibt verschiedene Programme, die aber auch schon in der Vergangenheit in ähnlichem Umfang durchgeführt worden sind. Bildungsprogramme vor Ort, die Kindern die Möglichkeit eröffnen sollen, in den Genuss von Schulbildung zu kommen, damit sie beispielsweise nicht auf Plantagen arbeiten müssen. Wir haben auch angemahnt, dass Kinderarbeit immer noch in afrikanischen und südamerikanischen Staaten übllich ist und Kinderrechte nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern konsequent umgesetzt werden müssen. Ich würde sagen, das ist einer der Punkte, wo es noch nicht gut funktioniert.

In puncto Wasser gibt es neue Standards, die Nestlé umsetzen möchte, bei denen sie auch mit anderen Kooperationspartnern zusammenarbeiten, um zu überlegen, was verbessert werden kann. Es gibt Standards, die schon angewendet werden. Aus unserer Sicht kann man da aber noch eine Schippe drauflegen. Wir würden immer sagen, wir müssen den höchsten Ansatz wählen, um das Bestmögliche für uns herauszuholen. Nestlé versucht dabei erst mal, Transparenz zu schaffen.

DOMRADIO.DE: Das heißt, nach den Gesprächen wird der Kontakt jetzt von Ihrer Seite sicherlich nicht abbrechen. Sie werden da weiter dran bleiben und auch ein bisschen überprüfen, ob sich denn etwas verändert, oder?

Eickelkamp: Wir haben über die verschiedenen Möglichkeiten gesprochen. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich immer noch skeptisch bin. Wir haben aber auch nicht erwartet, dass sich nach einem Gespräch irgendwas verändert. Es war aber gut, mal zu hören, was die Gegenseite schon tut. Wir sind aber nicht ganz zufrieden, weil wir mit unserem Boykott eine Veränderung erhoffen. Vielleicht ist die Veränderung aber weniger konkret bei Nestlé zu verorten, sondern bei jedem und jeder selbst. Wir haben es als Verbraucher und Nutzer von Produkten ein bisschen selber in der Hand, wie wir damit nachhaltig und zukünftig umgehen wollen.

DOMRADIO.DE: Das heißt, auch ein Aufruf an uns alle, das genau zu überprüfen, was Nestlé so tut oder eben auch nicht tut?

Eickelkamp: Ich würde es sogar noch erweitern: Wir haben uns Nestlé als Konzern ausgesucht, mit dem wir ins Gespräch kommen wollen und den wir exemplarisch boykottieren, weil es der weltgrößte Konzern ist, der Nahrungsmittel vertreibt und von dem wir auch wissen, dass es da schon Problemlagen gab. Das heißt nicht, dass es bei anderen Großkonzernen wie Pepsi oder Coca Cola besser läuft, die wir als Dachverband BDKJ seit 2007 boykottieren. 

Ich würde mal pauschal behaupten, wir müssten tatsächlich als Verbraucher und Nutzerinnen überlegen, wo die Lebensmittel dieser Konzerne herkommen, und uns fragen, warum wir diese nicht regional, lokal oder saisonal bei einem regionalen Anbieter oder bei einem Bauern in der Umgebung kaufen, um diese Strukturen zu nutzen und zu stärken.

Das Interview führte Carsten Döpp.


Quelle:
DR
Mehr zum Thema