Zum Wirf-Deine-Jahresvorsätze-über-Bord-Tag

Auf der Suche nach Zufriedenheit

Der Jahreswechsel ist für viele Menschen eine besondere Zeit. Nach dem Motto "neues Jahr, neues Glück" soll über Nacht alles anders werden. An diesem "Wirf-Deine-Jahresvorsätze-über-Bord-Tag" können Vorsätze wieder verworfen werden.

 (DR)

Versandhäuser und Marketing-Experten setzen im Januar offensiv auf die guten Vorsätze. Sportkleidung und Outdoor-Ausrüstung sind im Angebot, Zeitschriften locken mit gesunden Rezepten, Fitness-Apps sollen dabei helfen, den "Feiertags-Kilos" den Kampf anzusagen.

Viele Menschen sehen das Thema offenbar lockerer - und das ist gut so, meinen Experten. Mit dem Wirf-Deine-Jahresvorsätze-über-Bord-Tag gibt es am 17. Januar sogar einen eigenen Gedenktag, der dazu einlädt, Vorsätze zu überprüfen - und sie eben meistens auch aufzugeben.

Schlechter Zeitpunkt für Vorsätze

Es gebe für gute Vorsätze keinen schlechteren Zeitpunkt als den Jahresbeginn, sagte kürzlich der Gesundheitsexperte der KKH Kaufmännischen Krankenkasse in Hamburg, Hannes Dietrich. Gerade jetzt sei der Körper am wenigsten leistungsfähig, denn es fehle ihm an Sonnenlicht und damit am "Stimmungstreibstoff" Serotonin.

Die dunklen Tage fühlten sich zudem kürzer an, Sport im Freien mache weniger Spaß. Hinzu komme etwa der Stress im Büro, wenn Arbeit erledigt werden müsse, die über die Feiertage liegen geblieben ist.

Sollte man die gerade erst gefassten Vorsätze also gleich wieder vergessen - und sich zum nächsten Jahreswechsel erst gar nichts vornehmen? Hannes rät stattdessen zu Gelassenheit im Umgang mit den eigenen Zielen. So sei Bewegung im Winter wichtig, betont der Experte. "Sie müssen aber nicht gleich Höchstleistungen bringen. Das führt zu Frustrationen."

"Wir sind träger, als wir wollen"

Ähnlich sieht es der Münchner Soziologe Armin Nassehi. Er rät dazu, Veränderungen "klug und langsam" anzugehen. Denn: "Wir sind träger, als wir wollen", schrieb Nassehi in einem Beitrag für die "Welt". Zudem könne der Mensch nur auf Erfahrungen zurückgreifen, die er bereits habe. "Das schließt Lernen nicht aus, aber es schützt uns davor, bewährte Strukturen über Bord zu werfen."

Konkret kann das bedeuten: kleine Schritte statt Hauruck-Aktionen. Wer etwa weniger essen wolle, könne kleinere Teller benutzen, die mit weniger Essen voller aussähen, so ein Tipp von Nassehi.

Bewegungsmuffel könnten in Schwung kommen, wenn sie eine Station früher aus der U-Bahn aussteigen oder statt dem Aufzug fürderhin die Treppe nehmen. "Man kann an die Strukturen nur ran, wenn man neue Prozesse findet, die sich bewähren können", erklärt der Soziologe. Was in den eigenen Alltag passt, lasse sich am besten durch Ausprobieren herausfinden.

"Mehr Zeit für Familie und Freunde" am meisten genannt

Hilfreich sind laut Experten auch möglichst überschaubare Ziele - und Verbündete. Das könne etwa ein Trainingspartner sein, sagt der Kölner Psychologe Peter Groß. Und: "Wer es ernst meint mit den Vorsätzen, sollte stolz auf jeden Tag sein, den er durchhält."

Indes scheinen auch Vorsätze im Wandel begriffen zu sein. In einer Umfrage vom Dezember waren "Stress abbauen oder vermeiden" und "mehr Zeit für Familie und Freunde" die meistgenannten Ziele. 62 beziehungsweise 60 Prozent der vom Forsa-Institut im Auftrag der DAK-Gesundheit Befragten gaben sie an. Erst auf den folgenden Plätzen landeten "mehr bewegen und Sport" (57 Prozent), "gesünder ernähren" (49 Prozent) und "abnehmen" (42 Prozent) - und ebenso "mehr Zeit für sich selbst" (51 Prozent).

Jeder zweite Befragte zwischen 14 und 29 Jahren erklärte zudem, häufiger einmal auf Handy, Computer und Internet verzichten zu wollen. Das entspricht den Angaben zufolge einem Anstieg um 70 Prozent im Vergleich zur ersten entsprechenden Umfrage aus dem Jahr 2014.

Achtsamkeit großes Thema

Seit ein paar Jahren ist Achtsamkeit ein großes Thema; Meditation, Yoga und Pilgern boomen ungebrochen. Insofern überrascht es nicht, dass der bewusste Umgang mit sich selbst, mit anderen und mit der Umwelt auch bei den Neujahrsvorsätzen angekommen ist.

Das zeigt sich etwa bei Ratgebern, die empfehlen, auch einmal an Blumen zu schnuppern, ohne Grund laut zu lachen oder anderen ein Kompliment zu machen. Psychologe Groß formuliert als Faustregel für Vorsätze, sich zu fragen, was einen selbst wirklich zufrieden macht. Vielleicht ist so dieses Jahr dann auch der Wirf-Deine-Jahresvorsätze-über-Bord-Tag hinfällig.

Von Paula Konersmann


Quelle:
KNA