Initiative fordert Gleichstellung jüdischer Zuwanderer bei Rente

Für einen würdigen Lebensabend

Beide stammen aus der früheren Sowjetunion, haben deutsche Wurzeln. Dennoch wird der Spätaussiedler bei der Rente besser behandelt als der jüdische Zuwanderer. Damit soll nun Schluss sein, fordert eine Initiative.

Seniorin mit Gehstock / © Jochen Lübke (dpa)
Seniorin mit Gehstock / © Jochen Lübke ( dpa )

In einem Appell an die Bundesregierung fordern rund 90 Persönlichkeiten aus Politik, Kultur, Kirche und Gesellschaft eine Gleichstellung jüdischer Kontingentflüchtlinge bei den Rentenansprüchen. Konkret soll bei Flüchtlingen aus der ehemaligen Sowjetunion, die zwischen 1991 und 2005 nach Deutschland kamen, die Arbeitszeit in ihrer Heimat bei der deutschen Rente angerechnet werden, wie es bei Spätaussiedlern und deutschstämmigen Vertriebenen der Fall ist. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderen der katholische Essener Bischof Franz-Josef Overbeck sowie der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge.

Andere Länder hätten dieses Problem erkannt und gelöst, in Deutschland sei es höchste Zeit, sagte Mitinitiator Volker Beck in Berlin. Der ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete ist heute Lehrbeauftragter am Bochumer Centrum für Religionswissenschaftliche Studien.

Hohe Armutsquote

Sergey Lagodinsky, Mitglied der Repräsentantenversammlung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, sprach von einer hohen Armutsquote unter den Kontingentflüchtlingen. Es gehe daher auch um eine humanitäre Aussöhnung, um den Betroffenen einen würdigen Lebensabend in Deutschland zu ermöglichen. Er denke, dass bei einer Gleichstellung der Betroffenen die Kosten für den Bund nicht wesentlich höher seien als die oft notwendigen Aufwendungen für Grundsicherung im Alter.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) forderte aufgrund des Alters der Betroffenen eine zeitnahe politische Lösung. "Als ZdK unterstützen wir das grundsätzliche Anliegen des heute veröffentlichten Aufrufes ausdrücklich", teilte das Gremium mit. Es sei aber nicht davon überzeugt, dass eine "Änderung im Fremdrentengesetz das geeignete Instrument zur Erreichung dieses Ziels ist". Das ZdK verwies auf Fachkreise, die als Folge eine "problematische Ungleichbehandlungen weiterer Gruppen im Rentenrecht" sähen. Stattdessen solle die Regierung einen Ausgleich über eine Fondslösung schaffen.

Auf Grundsicherung angewiesen

Die jüdischen Kontingentflüchtlinge - geschätzt 200.000 - kamen infolge einer Regelung von 1991 nach Deutschland, die Juden und Menschen mit jüdischen Vorfahren aus der ehemaligen Sowjetunion eine unbefristete Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis in der Bundesrepublik garantierte. Mit dem Zuwanderungsgesetz von 2005 wurde die Kontingentregelung abgelöst. Bei den jüdischen Kontingentflüchtlingen wird eine beträchtliche Arbeitszeit in der Heimat nicht auf ihre Rentenansprüche angerechnet. Viele sind nach Einschätzung des Zentralrats der Juden daher auf Grundsicherung angewiesen.

Bei deutschstämmigen Vertriebenen und Spätaussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion werden die Rentenansprüche indes über das "Fremdrentengesetz" geregelt. Dieses sieht eine Anrechnung der Arbeitszeiten im Heimatland vor. Von ihnen kamen zeitgleich zu den Kontingentflüchtlingen etwa 2,1 Millionen nach Deutschland. Die Grünen hatten bereits mehrfach versucht, mit einem Gesetzentwurf die Angleichung der Rentenansprüche zu bewirken.


Bischof Franz-Josef Overbeck in einem Dialog / © Kay Nietfeld (dpa)
Bischof Franz-Josef Overbeck in einem Dialog / © Kay Nietfeld ( dpa )

Markus Dröge / © Jürgen Blume (epd)
Markus Dröge / © Jürgen Blume ( epd )
Quelle:
KNA , epd