Lepra-Ärztin Ruth Pfau gestorben

"Kämpferin für bessere Welt"

Die international bekannte Lepra-Ärztin und katholische Ordensfrau Ruth Pfau ist tot. Sie starb an diesem Donnerstag im Alter von 87 Jahren in Pakistan, wie die Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe in Würzburg mitteilte.

Ruth Pfau (dpa)
Ruth Pfau / ( dpa )

Am vergangenen Freitag sei Pfau nach einem Schwächeanfall in eine Klinik in Karachi gebracht worden und dann friedlich eingeschlafen. Die Ordensfrau hat es in den vergangenen 55 Jahren geschafft, die Zahl der Lepra-Erkrankungen in der Islamischen Republik Pakistan drastisch zu verringern. Seit 1960 lebt sie in der 13-Millionen-Metropole Karachi. Pfau wird den Angaben zufolge nach ihrem Wunsch in dieser Stadt bestattet.

"Ruth Pfau hat Hunderttausenden Menschen ein Leben in Würde ermöglicht. Ihr Tod bedeutet für alle, die sie kannten, einen großen Verlust und hinterlässt durch die enge Verbundenheit eine tiefe Trauer", erklärte der Vorstand der Ruth-Pfau-Stiftung, Harald Meyer-Porzky. "Ruth Pfau wird als große Kämpferin für eine bessere Welt in Erinnerung bleiben", betonte DAHW-Präsidentin Gudrun Freifrau von Wiedersperg. "Zigtausenden von Lepra gezeichneten und aus der Gesellschaft ausgegrenzten Menschen hat sie mit ihrer medizinischen und sozialen Hilfe ein neues Leben geschenkt." Die Hilfe werde in Pfaus Sinne fortgesetzt.

Großer Verlust

Der pakistanische Staatspräsident Mamnoon Hussain erklärte in einer Trauerbotschaft, Pfaus Tod sei ein großer Verlust für Pakistan. Die ganze Nation danke ihr für ihren Einsatz. Premierminister Shahid Khaqan Abbasi erklärte, man werde sich an ihren Mut, ihre Loyalität, ihren Dienst an der Ausrottung von Lepra und vor allem an ihren Patriotismus erinnern.

Den Angaben zufolge arbeitete die DAHW seit 1961 mit der Ärztin zusammen und gründete gemeinsam mit ihr 1996 die Ruth-Pfau-Stiftung. Die DAHW unterstütze das von ihr gegründete pakistanische Hilfswerk Marie-Adelaide-Leprosy-Centre (MALC).

Rückschläge und Neubeginn

Die Ordensfrau hat es in den vergangenen 55 Jahren geschafft, die Zahl der Lepra-Erkrankungen in der Islamischen Republik Pakistan drastisch zu verringern. Seit 1960 lebte sie in der 13-Millionen-Metropole Karachi. 1963 gründete sie dort mit Unterstützung der DAHW das Marie-Adelaide-Lepra-Krankenhaus. Unter ihrer Leitung entstand ein flächendeckendes Behandlungsnetz in Pakistan.

"Ich weiß nicht, wie oft wir wieder von vorne angefangen haben", erinnerte sie sich einmal, als sie die Ehrendoktorwürde der Katholischen Fakultät der Universität Freiburg erhielt. Es gab Rückschläge: Das große Erdbeben von 2005, das fast 100.000 Pakistanis in den Tod riss, zerstörte auch 30 der 170 Gesundheitsstationen, die Pfau seinerzeit in Pakistan betrieb. Labortechnik, Mikroskope und Pflegematerial mussten neu beschafft werden.

Taliban und Tapferkeit

Auch die Auseinandersetzungen mit den Taliban erschwerten die medizinische Versorgung. 2013 wurden zwei Mitarbeiter bei einem Überfall getötet - und doch setzte sie die Arbeit fort. "Das ist keine Frage der Tapferkeit. Eine andere Möglichkeit besteht einfach nicht", so Pfau.

"Ich bin überzeugt: Was Christentum ist, lässt sich nicht theoretisch erklären. Es geht nicht durch Worte. Nur über das eigene Tun", sagte sie einmal. Geboren am 9. September 1929 in Leipzig, kam Pfau nach Kriegsende nach Westdeutschland und studierte Medizin. Mit 22 ließ sie sich evangelisch taufen, trat aber wenig später zum Katholizismus über.

Wendepunkte

Während ihrer Weiterbildung kam der nächste große Wendepunkt. "Das kann doch nicht alles sein: Geld verdienen - Auto kaufen - mehr Geld verdienen - anderes Auto kaufen", dachte sie sich. 1957 trat sie in den Orden der "Töchter vom Herzen Mariä" ein: Die Ordensschwestern wirken ohne Klausur und Tracht, mitten im Leben. 1960 begann Pfau als Ärztin in den Elendsquartieren von Karachi.

Dort hatte die Ordensfrau ein weiteres Schlüsselerlebnis: "Hassan kroch auf Händen und Füßen in den Bretterverschlag, auf allen Vieren, wie ein Hund", erinnerte sie sich. Er und die Mitpatienten hätten dies gleichgültig hingenommen. "Dieses Ja zur Entwürdigung hat mich fast betäubt." Bald zog ihre Leprastation aus dem Slum ins Zentrum von Karachi.

"Lepra in den Griff kriegen"

Das weltweit angesehene Marie Adelaide Leprosy Centre ist vor allem Pfaus Werk. Die Klinik wurde der Ausgangspunkt für ein dichtes Netz von Ambulanzen in Pakistan. Helfer tragen dazu bei, Lepra, Augenkrankheiten und Tuberkulose bis ins kleinste Dorf zu bekämpfen. Mit großem Erfolg: "Ich habe im kühnsten Traum nicht gedacht, dass wir Lepra in Pakistan in den Griff kriegen", zog sie einmal Bilanz.

Hinzu kamen Maßnahmen, die verhinderten, dass die Hilfe ein Tropfen auf den heißen Stein blieb: Gesundheitserziehung, Vorsorge, Eingliederung Geheilter. "Ich bin nicht hierhergekommen, um Bakterien abzutöten", so Pfau. "Ich werde diese Menschen erst aus meiner Patientenkartei streichen, wenn sie auch wieder so leben können wie jeder andere Mensch."

Ruth-Pfau-Stiftung

Die Ordensfrau war Trägerin hoher deutscher und pakistanischer Orden. Die Regierung Pakistans ernannte sie 1980 zur Beraterin für das Lepra- und Tuberkulose-Kontrollprogramm und gab ihr den Status einer Staatssekretärin. Völlig wird sich Lepra nicht besiegen lassen. Für die langfristige und nachhaltige Absicherung ihrer Arbeit gründete die DAHW 1996 die Ruth-Pfau-Stiftung.

Die DAHW teilte mit, dass Pfau nach ihrem Wunsch in Karachi bestattet werden soll. Sie habe Hunderttausenden ein Leben in Würde ermöglicht, erklärte der Vorstand der Ruth-Pfau-Stiftung, Harald Meyer-Porzky.

Große Kämpferin

"Ruth Pfau wird als große Kämpferin für eine bessere Welt in Erinnerung bleiben", betonte DAHW-Präsidentin Gudrun Freifrau von Wiedersperg.

Geboren am 9. September 1929 in Leipzig, kam Pfau nach Kriegsende nach Westdeutschland und studierte Medizin. Mit 22 ließ sie sich evangelisch taufen, trat aber wenig später zum Katholizismus über. Während ihrer Weiterbildung kam der große Wendepunkt. 1957 trat sie in den Orden der "Töchter vom Herzen Mariä" ein. Die Ordensschwestern wirken ohne Klausur und Tracht mitten im Leben. 1960 begann Pfau als Ärztin in den Elendsquartieren von Karachi.

50.000 Menschen geheilt

"Mein erster Besuch in der Leprakolonie von Karachi ist für mein Leben sehr entscheidend gewesen", sagte Pfau einmal. "Der Mensch hat ein Recht auf Würde und Glück. Er ist nicht dazu geboren, im Schmutz zu leben." Sie kümmerte sich insbesondere auch um Frauen in Pakistan.

Mehr als 50.000 Menschen seien in Pakistan dank Pfau von Lepra geheilt worden, so die DAHW. Sie sei nicht nur "Mutter der Leprakranken" genannt, sondern 1979 auch zur Ehrenbürgerin und nationalen Beraterin für Leprafragen im Rang einer Staatssekretärin ernannt worden. Geholfen habe Pfau auch nach Erdbeben oder Flutkatastrophen.

Dafür habe sie zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter den Marion Dönhoff Preis, den Lifetime-Achievement-Award sowie den deutschen Fernsehpreis Bambi als "Stille Heldin". Bis zu ihrem Tod habe sich Pfau für Menschenrechte, Völkerverständigung und die Achtung aller Religionen eingesetzt, hieß es.


Ein Bild aus früherer Zeit: Ruth Pfau als Lepraärztin in den Elendsquartieren von Karachi (KNA)
Ein Bild aus früherer Zeit: Ruth Pfau als Lepraärztin in den Elendsquartieren von Karachi / ( KNA )

Die Anfänge in Karachi (dpa)
Die Anfänge in Karachi / ( dpa )

Bis heute im Einsatz (dpa)
Bis heute im Einsatz / ( dpa )
Quelle:
KNA