Overbeck und Justizminister Kutschaty verurteilen Hetze im Netz

"Bitte irritieren Sie mich nicht mit Fakten"

Vertreter aus Politik und Kirche haben deutliche Schritte gegen Hass und Hetze im Internet gefordert. Es sei wichtig, nicht wegzusehen, sondern einen Aufstand der Anständigen zu zeigen, argumentiert NRW-Justizminister Thomas Kutschaty.

Hetze über Soziale Medien / © Jan-Philipp Strobel (dpa)
Hetze über Soziale Medien / © Jan-Philipp Strobel ( dpa )

Der SPD-Politiker äußerte sich am Donnerstagabend in der Sendung "Ihre Meinung" im WDR Fernsehen. Immer häufiger würden Menschen etwa durch Hassmails ausgegrenzt, diskriminiert und beleidigt, nur weil sie eine bestimmte Überzeugung hätten. Hier sei "Zivilcourage bei uns allen" gefordert. "Und da, wo es nicht weitergeht, hilft auch das Strafrecht." Hart ins Gericht ging Kutschaty mit Nutzern, für die ein vernünftiger Dialog nebensächlich sei: "Viele agieren nach dem Motto: Ich habe meine Meinung, bitte irritieren Sie mich nicht mit Fakten."

Bischof Overbeck selbst Anfeindungen ausgesetzt

Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck erklärte, er selbst erlebe mitunter auch solche Anfeindungen im Netz. Dafür habe er jedoch "ganz viel Solidarität" erfahren, was er als "eine Form von Nächstenliebe" sehe.

"Ich glaube, hinter vielem steckt das Thema Angst", so der Sozialbischof der Deutschen Bischofskonferenz. Man müsse "sehr sensibel" wahrnehmen: "Wir leben in schwierigen Zeiten." Aggression entstehe auch, weil viele mit der Pluralität der Gesellschaft, der Gewalt im Netz, der Verschiedenartigkeit von Menschen und Meinungen nicht mehr zurecht kämen. Darauf reagierten viele Menschen mit Aggressionen. "Wenn man die Grenze, die Würde und den Wert der anderen nicht mehr achtet und überschreitet, dann muss man klar sagen, das geht alles nicht mehr", unterstrich der Bischof.

Overbeck widersprach der Auffassung, Menschen mit niedrigerem Bildungsstandard seien gewaltbereiter. "Das stimmt nicht." Es sei vielmehr eine Frage der Kommunikationskultur und sozialen Einbettung. Die Menschen müssten heute "viel zu viel mit sich allein abmachen".

Begriff "Soziale Medien" infrage gestellt

In der Folge entstünden Fehlreaktionen. Auch gehe es um die kulturelle Identität, die in Deutschland sehr viel mit Christentum und Kirche zu tun habe. So könne man in evangelischen oder katholischen Kitas lernen, "was heute nämlich fehlt, eine normale Form von Toleranz und Solidarität", gab Overbeck zu bedenken.

Kutschaty betonte, angesichts zunehmender Straftaten in der Anonymität des Netzes müssten insbesondere die Anbieter der sozialen Medien stärker in die Pflicht genommen werden. "Ich kann schon gar nicht mehr von 'sozialen Medien' sprechen, wenn man mitbekommt, was da passiert", so der Minister. Es sei "erschreckend", wie Facebook auf Anfragen deutscher Staatsanwaltschaften nach Klarnamen reagiere.

Das hänge mit der amerikanischen Kultur des Konzerns zusammen: In den USA sei der Tatbestand der Volksverhetzung nicht bekannt. "Da muss noch deutlich was passieren. Wir brauchen endlich Bußgelder auch in Deutschland, damit wir Facebook zur Rechenschaft ziehen können", so der Minister.


Bischof Franz-Josef Overbeck mit seiner Soutane im Profil / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Franz-Josef Overbeck mit seiner Soutane im Profil / © Harald Oppitz ( KNA )

Thomas Kutschaty / © Maja Hitij (dpa)
Thomas Kutschaty / © Maja Hitij ( dpa )
Quelle:
KNA