CDU-Politiker kritisiert Arzneimitteltests an Demenzkranken

"Der Mensch wird zum Objekt"

Arzneimitteltests an schwer Demenzkranken - sie sollen in Deutschland künftig auch dann möglich sein, wenn der Betroffene selbst keinen Nutzen davon hat. Für den CDU-Bundestagsabgeordneten Hubert Hüppe ist das ein Unding.

Hilfestellung bei Demenz / © Jens Kalaene (dpa)
Hilfestellung bei Demenz / © Jens Kalaene ( dpa )

domradio.de: Sie waren gegen die Änderung - und dafür, das Forschungsverbot so zu belassen, wie es bisher war. Warum?

Hubert Hüppe (CDU-Bundestagsabgeordneter): Weil ich glaube, dass wir hier eine Tür aufmachen, die wir nicht hätten aufmachen dürfen. Wir waren uns eigentlich immer einig, dass es wichtig ist, zu forschen. Aber nur unter gewissen Voraussetzungen.

Die Betroffenen müssen die Möglichkeit haben, darüber aufgeklärt zu werden. Wenn derjenige nicht einwilligen kann, weil er zum Beispiel geistig behindert, dement ist, oder im Koma liegt, dann darf eine solche Forschung nur stattfinden, wenn sie tatsächlich einen Nutzen für den Patienten verspricht. Genau das wird jetzt aufgelöst und damit wird der Mensch zum Objekt. Und auch, wenn man es Gruppennutzen nennt – letztlich geht es hier um Fremdnutzen, denn es dient einem nicht selbst.

domradio.de: Ein Argument der Befürworter der neuen Bestimmungen war ja, dass sich die Patienten selbst dafür entscheiden, bei solchen Studien mitzumachen. Und zwar zu einem Zeitpunkt, wenn sie die Folgen noch einschätzen können. Ist denn diese neue Regelung nicht doch ein guter Weg, dass die Patienten ihren Willen umsetzen können?

Hüppe: Nein, nicht ganz. Hier geht es darum, dass Sie eine Probandenverfügung machen können, in der Sie nach ärztlicher Beratung sagen: "Wenn es denn mal einen Zustand gibt, wo ich nicht mehr entscheiden kann über eine Arzneimittelstudie, dann bin ich bereit, mich zur Verfügung zu stellen, auch wenn es mir überhaupt keinen Nutzen bringen kann." – Damit weiß ich aber noch nicht, was für eine Studie das ist, für welche Krankheit dieses Medikament entwickelt werden soll, welche Risiken bestehen, wie lange es dauert…

domradio.de: In wie weit ist das ein Problem?

Hüppe: Das ist äußerst gefährlich. Sie wissen eben nicht, was sich dahinter für ein Risiko verbirgt – und ob dieses Mittel überhaupt Sinn macht. Oder ob es nur um Ökonomie geht. Es gibt eine Studie, dabei kam heraus, es geht es nicht um Vorteile für den Patienten, sondern letztendlich um Geld - also darum, wie preiswert ein Artikel ist. Das ist ein hohes Risiko!

domradio.de: Haben Sie da ein Beispiel?

Hüppe: Bei Demenz heißt es, es darf nur eine minimale Belastung für den Betroffenen geben. Aber wenn Sie ein Medikament testen wollen, müssen Sie ja zumindest schon mal das Medikament geben. Sie müssen die Menschen aus ihrer Wohnung rausholen und in die Studienzentren bringen. Wer das mal in seiner Familie erlebt hat, der weiß, was das für Demenzkranke im letzten Stadion bedeutet. Der weiß auch, dass das keine minimale Belastung ist und schon gar nicht, wenn man diese Menschen dann noch in ein MRT steckt, in eine Röhre oder sonst etwas.

domradio.de: Aber es gibt doch für solche Studien sehr hohe Hürden, bis die überhaupt umgesetzt werden können. Die müssen doch zum Beispiel auch durch eine Ethikkommission. Ist das nicht genug Sicherheit, die im System schon so angelegt ist?

Hüppe: Die Ethikkommission entscheidet ja nur über die Rahmenrichtlinien. Aber wer passt denn dann auf, was tatsächlich vor Ort in diesen Studienzentren passiert?

domradio.de: Da gibt es doch Ärzte, oder?

Hüppe: Ja, natürlich gibt es da Ärzte. Die führen die Studien ja durch. Ich habe auch nicht grundsätzlich ein Misstrauen gegenüber Ärzten. Aber wir haben auch in anderen Bereichen – denken wir an die Transplantationsmedizin – immer noch ein paar Ärzte, die eben die Regeln doch nicht ganz einhalten. Ärzte sind genau wie Politiker ja auch nicht von Natur aus bessere Menschen. Das haben wir in der Transplantationsmedizin gesehen. Und ob das im Bereich der medizinischen Forschung völlig auszuschließen ist – an nicht Einwilligungsfähigen – wage ich durchaus zu bezweifeln.

Das Gespräch führte Christoph Paul Hartmann.


Hubert Hüppe (CDU-Bundestagsabgeordneter mit den Themenschwerpunkten Behindertenpolitik und Bioethik) / © Walter Wetzler (KNA)
Hubert Hüppe (CDU-Bundestagsabgeordneter mit den Themenschwerpunkten Behindertenpolitik und Bioethik) / © Walter Wetzler ( KNA )
Quelle:
DR