Wohlfahrtsverbände rufen zur Bekämpfung von Kinderarmut auf

Für jedes Kind gleich viel

Sozialverbände und kirchliche Organisationen rufen die Politik auf, die Kinderarmut zu bekämpfen. Sie forderten am Dienstag in Berlin eine einheitliche Grundsicherung für alle Kinder. Rund jedes siebte Kind in Deutschland ist von Hartz IV abhängig.

Kinder in Köln / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Kinder in Köln / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

Es sei zutiefst ungerecht, dass Eltern mit höheren Einkommen für ihre Kinder mehr Unterstützung erhalten als Eltern mit mittleren oder niedrigen Einkommen, heißt es in dem Aufruf mit dem Titel "Wir wollen eine Gesellschaft, der jedes Kind gleich viel wert ist".

Der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, sagte: "Bei jedem Kind muss der gleiche Betrag ankommen." Die Initiatoren kritisieren, dass Gutverdiener durch Steuerentlastungen bis zu 277 Euro im Monat erhalten, während Normalverdiener 190 Euro und Hartz-IV-Empfänger gar kein Kindergeld bekommen, da die Leistung verrechnet wird.

Diakonie: Bildungs- und Teilhabepaket zu kompliziert

Maria Loheide vom Vorstand der Diakonie Deutschland bezifferte die Summe, die einem Kind je nach Alter zukommen müsse, auf 250 bis 300 Euro im Monat. Das sind rund 50 Euro mehr als die Hartz-IV-Sätze für Kinder. Die Regelungen unter anderem im Bildungs- und Teilhabepaket seien "viel zu kompliziert" und erreichten bedürftige Familien häufig nicht, sagte Loheide.

Der Aufruf wurde von 30 Organisationen und 20 Einzelpersonen unterzeichnet, darunter die Diakonie Deutschland, die AWO, der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung Deutschlands e.V. (KAB). Den Angaben zufolge leben in Deutschland rund drei Millionen Kinder in Familien, die über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verfügen, was der definierten Armutsgrenze entspricht.

Mehr als 1,5 Millionen Kinder von Hartz IV abhängig

Rund jedes siebte Kind in Deutschland ist von Hartz-IV-Leistungen abhängig. Das geht laut Medienberichten aus einer Daten-Auswertung der Linken-Bundestagsabgeordneten Sabine Zimmermann anlässlich des internationalen Kindertags am 1. Juni hervor. Im vergangenen Jahr waren demnach im Schnitt 1,54 Millionen unter 15-Jährige betroffen, rund 30.000 mehr als im Vorjahr. Die Angaben stammen den Berichten zufolge von der Bundesagentur für Arbeit.

In einzelnen Regionen ist die Lage deutlich schlechter: So ist in Bremen und Berlin mit 31,5 Prozent fast jedes dritte Kind unter 15 Jahren von Hartz-IV-Leistungen abhängig (Ende 2015). In Sachsen-Anhalt sind es 21,8 Prozent, in Hamburg 20,4 Prozent. Prozentual am wenigsten Betroffene gibt es in Bayern mit 6,5 Prozent.

Linke: Regelsätze für Kinder erhöhen

Insgesamt sind in Ostdeutschland 20,3 Prozent der unter 15-Jährigen Hartz-IV-abhängig, in Westdeutschland 13,0 Prozent. Den stärksten Anstieg gegenüber dem Vorjahr gab es mit 2,1 Prozentpunkten in Bremen, den deutlichsten Rückgang mit minus 0,7 Prozentpunkten in Brandenburg und Sachsen.

Beim Thema Kinderarmut gehe es im Kern um die Armut der Kinder, stellte Zimmermann klar. "In der enormen Anzahl der Hartz-IV-Beziehenden mit Kindern spiegeln sich die in vielen Regionen immer noch angespannte Arbeitsmarktlage mit viel zu wenigen Arbeitsplätzen und Niedriglöhne wider", zitierten sie die Berichte. Der Koalition warf die stellvertretende Vorsitzende der Linkenfraktion vor, zu wenig gegen das seit Jahren bekannte Problem zu tun. So müssten die Regelsätze für Kinder erhöht werden.


Quelle:
KNA , epd , DR