Regensburger Domspatzen

Gegensätzliche Aussagen zu Missbrauchsvorwürfen

Zu den Missbrauchsvorwürfen bei den Regensburger Domspatzen haben sich mehrere jetzige und ehemalige Mitglieder und Leiter zu Wort gemeldet. Unter anderem der langjährige Chorleiter Georg Ratzinger. 

Regensburger Domspatzen (dpa)
Regensburger Domspatzen / ( dpa )

Der aktuelle Regensburger Domkapellmeister Roland Büchner hat die Untersuchung der Prügel- und Missbrauchsvorwürfe bei dem Knabenchor begrüßt. "Das muss aufgeklärt werden", sagte er der "Mittelbayerischen Zeitung" (Mittwoch). In verschiedenen Blättern meldeten sich weitere ehemalige Domspatzen mit teilweise gegenläufigen Aussagen zu Wort.

Büchner sagte, die Prügelstrafen seien manchmal so exzessiv gewesen, "dass es sich auch damals um Körperverletzung gehandelt hat". Wenn er höre, welche Dinge in der Domspatzen-Vorschule in Etterzhausen und später in Pielenhofen passiert seien, "steigt in mir die Wut hoch". Büchner ist seit 1994 Chef der Domspatzen.

"Keine größeren Misshandlungen"

Der Eichstätter Domkapellmeister Christian Heiß (48) sagte dem "Eichstätter Kurier" (Mittwoch), es habe zu seiner Zeit bei dem Regensburger Chor "keine größeren Misshandlungen" gegeben. Heiß sagte, er sei sich mit seinen Schulkameraden einig, dass es in seiner Regensburger Zeit im Domspatzen-Internat nicht zu Übergriffen gekommen sei.

Der ehemalige Schlierseer Berufsjäger Konrad Esterl (79), der von 1947 bis 1950 bei den Domspatzen war, sprach im "Münchner Merkur" dagegen von "brutalen Schikanen". Für ihn sei das alles zu lange her, so der Schlierseer. Deshalb habe er sich bei dem zuständigen Rechtsanwalt Ulrich Weber nicht gemeldet.

Von "Streicheln" bis Vergewaltigung

Nach Angaben von Weber, der vom Bistum Regensburg mit der Untersuchung beauftragt ist, kam es bei den Domspatzen zwischen 1953 und 1992 in mindestens 231 Fällen zu körperlichen Misshandlungen, in wenigstens 62 Fällen auch zu sexueller Gewalt. Die Bandbreite reichte demnach dabei vom "Streicheln" bis zur Vergewaltigung. Die Dunkelziffer liegt deutlich höher. Weber schätzt die Zahl der Prügelopfer auf bis zu 700. Nach Angaben des Bayerischen Rundfunks haben sich inzwischen 20 weitere Ex-Domspatzen bei dem Anwalt gemeldet.

Georg Ratzinger, Bruder des emeritierten Papstes Benedikt XVI., hatte am Dienstag erklärt, es sei richtig, alle Beschuldigungen rückhaltlos aufzuklären. Er sei mit dem Vorgehen der Diözese uneingeschränkt einverstanden. Zuvor war Ratzinger, der die Domspatzen von 1964 bis 1994 geleitet hat, vom BR mit den Worten zitiert worden, die Prüfung der Vorwürfe nach so langer Zeit sei "Irrsinn". Nach Webers Angaben wusste der Ex-Domkapellmeister zumindest von Prügelvorwürfen.

Nach den Worten von Michael Sieber, Chormitglied in den 1960er Jahren, versichern mehrere ehemalige Domspatzen, dass Ratzinger "auch über den sexuellen Missbrauch, zumindest über den Verdacht, informiert war". Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Ratzinger sei nicht eingeschritten und habe sich auch nicht informiert, ob die Verdächtigungen wahr seien.


Quelle:
KNA