Christen haben weniger Stress in Adventszeit

Jenseits vom Konsummarathon

Eine Studie hat ergeben: Christen haben weniger Stress in der Vorweihnachtszeit. Der Soziologe Michael Mutz von der Universität Göttingen erklärt bei domradio.de die Hintergründe.

Ungeliebte Weihnachtsgeschenke werden für die Benefizaktion gesammelt (dpa)
Ungeliebte Weihnachtsgeschenke werden für die Benefizaktion gesammelt / ( dpa )

Besonders Gläubige, die sich als besonders religiös einstufen, seien positiver eingestellt und zufriedener mit ihrem Leben. Das hat der Junior-Professor und Soziologe Michael Mutz von der Universität Göttingen jetzt herausgefunden.

domradio.de: Wie sind Sie auf diese Ergebnisse gekommen?

Soziologe Mutz: Wir haben für diese Studie Daten des European Social Survey ausgewertet . Das ist eine Befragung zu verschiedenen Themen, die in mehreren europäischen Ländern alle zwei Jahre durchgeführt wird. Im Jahr 2012 war eines der Schwerpunktthemen dieser Umfrage das Thema Lebenszufriedenheit und Wohlbefinden. In der jetzigen Studie haben wir verglichen, ob die Menschen, die unmittelbar vor Weihnachten oder an den Weihnachtsfeiertagen befragt wurden, ihr Leben und ihre Zufriedenheit anders einschätzen als diejenigen, die zu anderen Zeitpunkten im Jahr kontaktiert wurden. Ein wesentlicher Befund dieser Studie ist, dass in der Tat das Wohlbefinden in der Vorweihnachtszeit niedriger ist als zu anderen Zeitpunkten im Jahr.

domradio.de: Warum ist das so?

Mutz: Ich denke, es liegt daran, dass die Vorweihnachtszeit oft als sehr hektisch und stressig erlebt wird. Die meisten Menschen begeben sich in einen regelrechten Konsummarathon. Der durchschnittliche Haushalt in Deutschland gibt mehr als 450 Euro für Geschenke und Nahrungsmittel aus. Fast 20 Prozent des Umsatzes im Einzelhandel fällt ins Weihnachtsfest. Und dann kommt noch der soziale Stress hinzu – wenn man versucht an den Weihnachtsfeiertagen die Familie, alle Verwandte und Freunde zu sehen und die Kontakte zu pflegen, die sonst im Jahr zu kurz kommen. Ich denke auch, dass viele Menschen eine sehr hohe Erwartungshaltung an ein harmonisches, möglichst perfektes Weihnachtsfest haben. Das alles kann sich in der Summe schon negativ auf das Wohlbefinden auswirken.

domradio.de: Besonders Gläubige, die sich als sehr religiös einstufen, sind vor Weihnachten positiver eingestellt. Wer ist denn sehr religiös?

Mutz: Das basiert in dieser Umfrage auf den Selbsteinschätzungen der Menschen. Sie wurden darum gebeten zu sagen, wie religiös sie sind auf einer zehnstufigen Skala. Und wir haben dann gesagt, dass alle die Werte oberhalb von sieben gegeben haben, das sind dann die sehr religiösen Menschen. Und wir glauben, dass sie Weihnachten und auch die Vorweihnachtszeit anders feiern und anders gestalten als die Nichtchristen oder nicht so religiösen Christen.

domradio.de: Also kann man ganz platt sagen - das sind die Guten, die wissen, worum es geht?

Mutz: Bei den sehr religiösen Christen hat die ursprüngliche Bedeutung von Weihnachten noch einen ganz anderen Stellenwert. Sie sind sich bewusst, was wir da eigentlich jedes Jahr feiern. Und das hat dann auf die Praxis einen Effekt. Und wie wir jetzt finden – auch einen Schutzeffekt vor der Weihnachtshektik  hat.

domradio.de: Was macht denn ein Soziologe wie Sie mit so einem Ergebnis?

Mutz: Was kann man für Empfehlungen ableiten? Das ist eine interessante Frage. Jeder kann sich fragen:  Wie kann ich mein persönliches Weihnachtsfest so gestalten, dass es mich nicht stresst. Vielleicht könnte man mit Freunden und der Familie vereinbaren sich weniger zu schenken. Vielleicht sollte man seine Erwartungshaltung auch ein Stückweit korrigieren – das alles kann toll werden muss. Aber es gibt sicherlich kein Patentrezept.

Das Gespräch führte Heike Sicconi.


Geschenke zu Weihnachten (dpa)
Geschenke zu Weihnachten / ( dpa )