Misereor über Ärzte-Notstand in Liberia

"Das Gesundheitssystem ist desolat"

In Liberia gibt es nach Angaben von Misereor kaum noch einheimische Ärzte und Pflegende. Die meisten von ihnen seien an den Folgen des Ebola-Virus gestorben. Dorothee Klüppel vom katholischen Hilfswerk über die Lage vor Ort.

Ebola-Warnung in Liberia (dpa)
Ebola-Warnung in Liberia / ( dpa )

domradio.de: Misereor ist seit Monaten am Kampf gegen Ebola beteiligt. Wie sieht die Hilfe ganz praktisch aus?

Dorothee Klüppel (Misereor): Wir arbeiten mit den katholischen Gesundheitseinrichtungen vor Ort zusammen. Personal wurde und wird fortlaufend geschult. Das gibt Selbstvertrauen und vor allem auch Sicherheit im Umgang mit der Krankheit. Es werden Materialien zum Schutz vor Infektionen bereitgestellt, also Mundschutz, Handschuhe, chloriertes Wasser. Es erfolgt Aufklärung der Bevölkerung, das ist ganz wichtig. Es gibt aber auch Unterstützung darin, einen Grundstock anzulegen für Medizin, für andere Erkrankungen, wie zum Beispiel Malaria. Es wird auch medizinisches Gerät gebraucht. Zwischenzeitlich geschlossene Krankenhäuser können jetzt also wieder arbeiten.

domradio.de: Sie helfen besonders in Liberia. Was ist das besondere an der Situation dort?

Klüppel: Das Gesundheitssystem in Liberia ist sehr, sehr schwach. Vor Beginn der Krise konnte man sagen, dass schätzungsweise auf 100.000 Menschen ein einziger Arzt kam. Jetzt ist deutlich geworden, dass vor allem Gesundheitspersonal stark betroffen ist von der Ebola-Krise. Viele sind schon gestorben, das heißt mit jedem Tod einer Krankenschwester oder eines Arztes wird dieses Verhältnis ungünstiger. Das heißt auch bei anderen Krankheiten, wie zum Beispiel Malaria. Oder wenn man zur Geburt in ein Krankenhaus geht und Hilfe einer Hebamme braucht, all das ist nicht mehr sichergestellt. Die Gesundheitssituation im Land allgemein ist vorher schon desolat gewesen und jetzt eben noch extrem viel schlechter.

domadio.de: Wie kommt die Hilfe bei der Bevölkerung an, greifen die Maßnahmen?

Klüppel: Es zeigt sich jetzt schon, dass die Menschen sich wieder trauen, die Krankenhäuser und Gesundheitsstationen zu betreten, um sich behandeln zu lassen. Aus Angst vor Ebola sind viele vorher auch mit anderen Krankheiten gar nicht mehr in die Krankenhäuser gekommen. Es kommen jetzt wieder mehr Ebola-Patienten, aber auch wieder Patienten, mit anderen Krankheiten. Das heißt, die fassen wieder das Vertrauen und eine Gesundheitsarbeit wird wieder möglich.

domradio.de: Wie eng arbeiten Sie denn mit einheimischen Medizinern und Helfern zusammen?

Klüppel: Wir arbeiten direkt mit der katholischen Gesundheitskoordination zusammen. Da steht als Koordinations-Institut das Mother Patern College of Health Sciences in Monrovia als langjähriger professioneller Partner von Misereor bereit. Mit denen sind wir im engen Kontakt. Wir haben durch einen erfahrenen Tropenmediziner Beratungen und Schulungen geleistet in den letzten Wochen. Außerdem vermitteln wir Schutzmaterialien, Medikamente, medizinisches Gerät, was vor Ort nicht mehr verfügbar ist.

domradio.de: Wie sieht es mit Ihren finanziellen Mitteln aus, reichen die?

Klüppel: Die Kosten sind hoch und werden auch noch über viele Monate, davon ist ja auszugehen, weiter sehr, sehr hoch bleiben. Das Spendenaufkommen zu Ebola ist allgemein bisher gering und deswegen ist noch weitere Hilfe, auch finanzieller Art, notwendig.

domradio.de: Was meinen Sie, warum ist die finanzielle Hilfe noch so gering beim Thema Ebola?

Klüppel: Ich könnte mir vorstellen, dass in den Medien auch viel darüber gesprochen wird, wie schwierig die Hilfe vor Ort ist, die Angst nicht zuletzt auch hier bei uns, dass Ebola uns selber auch im eigenen Land betreffen könnte, ist ein großes Thema in den Medien. Dass vor Ort geholfen werden kann, ja geholfen werden muss, und auch wirklich mit den lokal schon verfügbaren Kräften, das ist vielleicht ein wenig in den Hintergrund geraten. Wir haben bewährte Partnerstrukturen vor Ort, die tätig sind, die das Land auch nicht verlassen können und wollen angesichts der Krise. Die brauchen wirklich dringend Unterstützung.

domradio.de: Wie kann Misereor am besten unterstützt werden?

Klüppel: Wir haben umfassende Informationen auch noch mal zur Ebola-Krise und zu dem, was wir in Liberia schwerpunktmäßig, aber auch in den Anrainerstaaten machen, auf unserer Homepage zur Verfügung gestellt. Die Homepage ist misereor.de, da gibt es auch nähere Informationen über Spendenmöglichkeit, Konto und Stichwort Ebola-Krise.

domradio.de: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Veronika Seidel Cardoso.


Quelle:
DR