In einem möglichen Missbrauchsfall liegt den Erzbistümern Köln und Hamburg ein brisantes Dokument vor. Der heutige Hamburger Erzbischof Stefan Heße hat als damaliger Personalchef in Köln im November 2010 eine Telefonnotiz seiner Sekretärin erhalten, aus der hervorgeht, dass ein beschuldigter Pfarrer in einem Gespräch im Generalvikariat "alles erzählt" habe. Das bestätigte der Sprecher des Erzbistums Hamburg, Manfred Nielen, am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Eine Kopie der Telefonnotiz, die Heßes Kürzel trage, habe die Hamburger Erzdiözese aus Kölner Akten erhalten, sagte Nielen. Die "Bild"-Zeitung hatte zuerst über die Existenz der Notiz berichtet.
Das Erzbistum Köln hatte der KNA am Mittwoch mitgeteilt, es liege kein Dokument vor, aus dem sich ergebe, was der beschuldigte Pfarrer in einem Gespräch erzählt habe. "Erst Recht liegt kein Dokument vor, das ein Geständnis dokumentiert", hieß es weiter. Zwar sei eine Notiz vom 3. November 2010 bekannt, aber diese sei "überwiegend schlecht lesbar". Nielen erklärte hingegen, zumindest die Telefonnotiz, die ebenfalls auf den 3. November 2010 datiert ist, sei maschinenschriftlich erstellt und lesbar.
Dem heute 69 Jahre alten Priester wird vorgeworfen, sich in den 1990er-Jahren mehrfach an seinen minderjährigen Nichten vergangen zu haben. Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelte bereits 2010 in dem Fall. Das Verfahren wurde aber damals eingestellt, nachdem die Opfer ihre Anzeige zurückgezogen hatten. Auch zu einem kirchenrechtlichen Verfahren kam es damals nicht. Im Zuge einer internen Prüfung kontaktierte Jahre später die Interventionsstelle des Erzbistums Köln die Betroffenen und schaltete erneut die Staatsanwaltschaft ein. Dieses Mal signalisierten die mutmaßlich Geschädigten Aussagebereitschaft. Ende Juli erhob die Ermittlungsbehörde noch einmal Anklage.
Im Zuge der ersten Ermittlungen war laut "Bild" 2010 ein Gespräch mit dem beschuldigten Pfarrer im Kölner Generalvikariat geführt worden - allerdings ohne Protokoll. Demnach habe es nur handschriftliche Notizen gegeben, die notfalls vernichtet werden konnten. Der damalige Personalchef Heße habe zu diesem Vorgehen sein Einverständnis gegeben. Heße selbst wies diesen Vorwurf entschieden zurück.
Nach dem Gespräch mit dem beschuldigten Pfarrer im Generalvikariat erstellte Heßes Sekretärin eine maschinenschriftliche Notiz zu einem Telefonat über das Thema. In dieser Notiz stehe, der Beschuldigte habe im Gespräch "alles erzählt", erklärte der Hamburger Sprecher Nielen. Die Notiz wurde Heße vorgelegt. Der heutige Hamburger Erzbischof betonte vergangene Woche: "Es ist also nicht etwas, was ich gesagt habe, auch nicht etwas, was mir gesagt wurde, sondern etwas, das aufgeschrieben worden und mir vorgelegt worden ist, und das wirft einige Fragen auf."
(kna/22.10.2020)
20.11.2020
Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße lässt sein Amt als Geistlicher Assistent des Zentralkomitees der deutschen Katholiken ruhen, bis alle Vorwürfe rund um eine mögliche Vertuschung von Missbrauch geklärt sind.
Das gab er am Donnerstagabend kurz vor der Vollversammlung des höchsten repräsentativen Gremiums der katholischen Laien in Deutschland bekannt, wie die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) aus ZdK-Kreisen erfuhr. Im Vorfeld hatte eine Gruppe von ZdK-Mitgliedern ihn aufgefordert, sein Amt ruhen zu lassen. Heße wird an der Vollversammlung am Freitag und Samstag nicht teilnehmen.
Hintergrund sind Vorwürfe, wonach Heße in seiner Zeit als Personalchef im Erzbistum Köln Missbrauchsfälle vertuscht und gegen das Kirchenrecht verstoßen haben soll. Diese Vorwürfe weist er weiterhin zurück. "In der Frage, welche kirchenrechtlichen Schritte erforderlich gewesen wären, musste ich mich damals auf das Urteil der juristischen Experten des Erzbistums Köln verlassen", sagte Heße am Donnerstag der KNA. Der 54-Jährige war ab 2006 Personalchef und später Generalvikar im Erzbistum Köln. Seit 2015 ist er Erzbischof von Hamburg.
Heße will sich auf "angemessene Aufklärung" konzentrieren
Laut offizieller Mitteilung des ZdK erklärte Heße am Abend, er bedauere es, "dass seine Aufgabe für das Zentralkomitee zum gegenwärtigen Zeitpunkt durch die öffentliche Debatte über die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Köln belastet" sei. Er werde sich in der nächsten Zeit "auf eine angemessene Aufklärung aller zur Diskussion stehenden Sachverhalte konzentrieren". Heße kündigte zudem an, bei allen Schritten in engem Kontakt mit dem Präsidium des ZdK zu bleiben.
Sternberg lobt "exzellente Zusammenarbeit"
ZdK-Präsident Thomas Sternberg betonte, er habe Respekt vor Heßes Entscheidung. Zugleich versicherte er dem Erzbischof die «ständige Gesprächsbereitschaft des ZdK-Präsidiums» und dankte ihm für sein bisheriges Engagement und die "exzellente Zusammenarbeit".
Sternberg kündigte außerdem an, das Präsidium des ZdK werde der am Freitag beginnenden Vollversammlung eine Entschließung zur Frage der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs vorlegen.
In einem möglichen Missbrauchsfall liegt den Erzbistümern Köln und Hamburg ein brisantes Dokument vor. Der heutige Hamburger Erzbischof Stefan Heße hat als damaliger Personalchef in Köln im November 2010 eine Telefonnotiz seiner Sekretärin erhalten, aus der hervorgeht, dass ein beschuldigter Pfarrer in einem Gespräch im Generalvikariat "alles erzählt" habe. Das bestätigte der Sprecher des Erzbistums Hamburg, Manfred Nielen, am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Eine Kopie der Telefonnotiz, die Heßes Kürzel trage, habe die Hamburger Erzdiözese aus Kölner Akten erhalten, sagte Nielen. Die "Bild"-Zeitung hatte zuerst über die Existenz der Notiz berichtet.
Das Erzbistum Köln hatte der KNA am Mittwoch mitgeteilt, es liege kein Dokument vor, aus dem sich ergebe, was der beschuldigte Pfarrer in einem Gespräch erzählt habe. "Erst Recht liegt kein Dokument vor, das ein Geständnis dokumentiert", hieß es weiter. Zwar sei eine Notiz vom 3. November 2010 bekannt, aber diese sei "überwiegend schlecht lesbar". Nielen erklärte hingegen, zumindest die Telefonnotiz, die ebenfalls auf den 3. November 2010 datiert ist, sei maschinenschriftlich erstellt und lesbar.
Dem heute 69 Jahre alten Priester wird vorgeworfen, sich in den 1990er-Jahren mehrfach an seinen minderjährigen Nichten vergangen zu haben. Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelte bereits 2010 in dem Fall. Das Verfahren wurde aber damals eingestellt, nachdem die Opfer ihre Anzeige zurückgezogen hatten. Auch zu einem kirchenrechtlichen Verfahren kam es damals nicht. Im Zuge einer internen Prüfung kontaktierte Jahre später die Interventionsstelle des Erzbistums Köln die Betroffenen und schaltete erneut die Staatsanwaltschaft ein. Dieses Mal signalisierten die mutmaßlich Geschädigten Aussagebereitschaft. Ende Juli erhob die Ermittlungsbehörde noch einmal Anklage.
Im Zuge der ersten Ermittlungen war laut "Bild" 2010 ein Gespräch mit dem beschuldigten Pfarrer im Kölner Generalvikariat geführt worden - allerdings ohne Protokoll. Demnach habe es nur handschriftliche Notizen gegeben, die notfalls vernichtet werden konnten. Der damalige Personalchef Heße habe zu diesem Vorgehen sein Einverständnis gegeben. Heße selbst wies diesen Vorwurf entschieden zurück.
Nach dem Gespräch mit dem beschuldigten Pfarrer im Generalvikariat erstellte Heßes Sekretärin eine maschinenschriftliche Notiz zu einem Telefonat über das Thema. In dieser Notiz stehe, der Beschuldigte habe im Gespräch "alles erzählt", erklärte der Hamburger Sprecher Nielen. Die Notiz wurde Heße vorgelegt. Der heutige Hamburger Erzbischof betonte vergangene Woche: "Es ist also nicht etwas, was ich gesagt habe, auch nicht etwas, was mir gesagt wurde, sondern etwas, das aufgeschrieben worden und mir vorgelegt worden ist, und das wirft einige Fragen auf."
(kna/22.10.2020)