Bistum Augsburg als Testfall für innerkirchlichen Dialog

Entkrampfung oder Eskalation?

Die deutschen Bischöfe wollen Vertrauen für die Kirche zurückgewinnen, das im Jahr des Missbrauchsskandals 2010 verloren ging. Es ist ein neuer Anlauf, Brücken zu schlagen in einer Zeit auseinanderdriftender Kräfte. Das Bistum Augsburg, wo sich die Konfrontation zwischen Bistumsleitung und Teilen der Ortskirche seit Monaten zuspitzt, könnte zum Testfall dafür werden, wieweit das Gespräch zwischen Laien, Pfarrern und Bischöfen in der Kirche überhaupt noch möglich ist.

Autor/in:
Christoph Renzikowski
 (DR)

Am Wochenende versammelte sich das Landeskomitee der bayerischen Katholiken in der Fuggerstadt. Dabei traten die Bruchlinien offen zutage. Sichtbar wurden aber auch intensive diplomatische Bemühungen, die Gräben zu überbrücken. Der Vorsitzende des Gremiums, Albert Schmid, brachte die verfahrene Lage schon in seiner Begrüßung auf den Punkt: Augsburg werde zurzeit "gerüttelt und durchgeschüttelt" wie keine andere Diözese in Deutschland. Kurzerhand ändert er die Tagesordnung, um Platz zu schaffen für eine Aussprache.



Vor knapp zwei Jahren ließ sich der Augsburger Bischof Walter Mixa unter nie ganz geklärten Umständen zum Rücktritt drängen. Nach einer monatelang öffentlich schwelenden Affäre war die Hoffnung auf einen Neuanfang groß. Mixas rasch ernannter Nachfolger Konrad Zdarsa wurde zunächst freundlich empfangen. Doch seit dieser vor vier Wochen seine Pläne für eine Neuordnung des kirchlichen Lebens veröffentlicht hat, ist die große Diözese zwischen dem Allgäu und dem Nördlinger Ries wieder in Aufruhr.



Pfarrer und Laienvertreter fühlen sich übergangen

Zdarsa hat eine Reihe einschneidender Veränderungen angekündigt. So soll es künftig am Sonntag keine von Laien geleiteten Wortgottesdienste mehr in den Gemeinden geben, wo kein Priester für eine Messfeier zur Verfügung steht. Die Räte sollen reduziert werden und unter dem Vorsitz von Geistlichen stehen. Dem Bischof geht es um eine Konzentration auf das Wesentliche: Ihm schwebt eine einfachere Kirche vor, mit weniger Gremien und mehr missionarischer Ausstrahlung. Dass die Katholiken wieder mehr zur Messe gehen und dafür notfalls auch weitere Wege in Kauf nehmen. Dies stößt viele vor den Kopf. Sie haben das Gefühl, Zdarsa wolle ihnen etwas Wichtiges wegnehmen. In mehr als 150 Gemeinden haben Gläubige deshalb am Sonntag vor zwei Wochen in einer demonstrativen Aktion ihre Kirche umarmt. Am 21. April soll es eine Großkundgebung in der Bischofsstadt geben.



Die Pläne des aus Görlitz ins bayerische Schwaben versetzten Bischofs kamen durch eine Indiskretion vorzeitig in die Öffentlichkeit, was Zdarsa sichtlich getroffen hat. Auf der anderen Seite fühlen sich Pfarrer und Laienvertreter wie der Diözesanratsvorsitzende Helmut Mangold übergangen. Inzwischen hat es wenigstens ein erstes Gespräch gegeben.



Entspannungssignal aus dem Lager des Bischofs

Verletzungen, Missverständnisse und Misstrauen sind auf beiden Seiten spürbar. Viele Briefe werden geschrieben, bis hin zum deutschen Nuntius, Papstbotschafter Jean-Claude Perisset in Berlin. Es ist dies die Stunde der Diplomaten. Erzbischof Perisset hat einem der Absender, dem besorgten Buchloer Bürgermeister Josef Schweinberger, sehr rasch geantwortet. Nach seinen Informationen, so der Nuntius, handle es sich um ein "Projekt", das nun von allen Betroffenen gründlich besprochen werden müsse. Kurz gesagt: Redet miteinander, vieles ist doch noch gar nicht beschlossen.



Ein deutliches Entspannungssignal aus dem Lager des Bischofs kommt von Bernhard Meuser, dem neuen Chef des bistumseigenen Sankt Ulrich Verlages. In einem Kommentar für die neue Ausgabe seines Bistumsblatts räumt Meuser ein, in den vergangenen Wochen Öl ins Feuer gegossen zu haben, anstatt zu deeskalieren. Das sei falsch gewesen.



Beim Landeskomitee fehlt Zdarsa - aber nicht, "weil er sich der Auseinandersetzung entziehen will", betont Schmid. Der Bischof weilt mit den Priesteramtskandidaten der Diözese im Heiligen Land und hat dafür Domkapitular Bertram Meier entsandt. Meier versucht sich tapfer als "Dolmetscher" seines Hirten, wirbt um Verständnis und Geduld. Zugleich lässt er durchblicken, dass es angesichts der angespannten Situation landauf landab eigentlich eine ganze Hundertschaft an "Dolmetschern" bräuchte.