Im Fall Vangheluwe kritisieren belgische Politiker die Kirche

Auf Distanz

Nach dem TV-Interview des wegen Kindesmissbrauchs zurückgetretenen belgischen Bischofs Roger Vangheluwe steht die katholische Kirche in Belgien wieder in der Kritik: Der amtierende Ministerpräsident Yves Leterme verlangte, die Kirche müsse sich entschiedener von Vangheluwe distanzieren.

 (DR)

Außenminister Steven Vanackere rief den Vatikan am Sonntagabend im Fernsehen auf, "klar zu zeigen, dass Vangheluwe nicht Teil dieser Kirche ist". Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Andre-Joseph Leonard von Mechelen-Brüssel, lehnte unterdessen weiter jeden Kommentar zu der Affäre ab. Er wolle sich erst zu Ostern äußern, sagte er dem Fernsehsender RTBF. Mehrere weitere Politiker appellierten an die Kirche, zügig Vorschläge für eine Schadenersatzregelung für Missbrauchsopfer vorzulegen.



Vangheluwe verließ unterdessen die Ordensgemeinschaft in Zentralfrankreich, wo er sich zuletzt auf Anweisung des Vatikan aufgehalten hatte. Sein Ziel ist unbekannt. Die Obere der "Monastischen Gemeinschaft von Jerusalem" in La Ferte-Imbault hatte zuvor den entstandenen Medienrummel beklagt.



Weitere Kirchenstrafen sind möglich

Das am Donnerstag vom flämischen Sender VT4 ausgestrahlte Interview hatte einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Vangheluwe wird vorgeworfen, er begreife noch immer nicht die Schwere seiner Taten und lasse Reue vermissen. In dem Gespräch hatte der Bischof den Missbrauch eines anfangs fünf Jahre alten Neffen zwischen 1973 und 1986 sowie den Missbrauch eines zweiten Neffen eingeräumt. Die belgischen Bischöfe distanzierten sich ausdrücklich von ihm. Der Vatikan erklärte, der Heilige Stuhl sei sich der Schwere des Vorgangs bewusst und verfolge die Angelegenheit weiter.



Mit seinem Missbrauchsgeständnis und seinem Rücktritt hatte der Bischof die katholische Kirche in Belgien bereits vor genau einem Jahr in eine tiefe Krise gestürzt. Eine Parlamentarische Untersuchungskommission legte kürzlich Empfehlungen zu Verjährungsfristen, Schadenersatz und Präventionsmaßnahmen vor.



Vor einer Woche hatte der Vatikan bekanntgegeben, dass Vangheluwe Belgien verlassen und sich einer psychologischen und spirituellen Betreuung unterziehen müsse. Dies kritisierten Opfer als eine zu milde Strafe. Vatikansprecher Federico Lombardi präzisierte später, weitere Kirchenstrafen gegen ihn seien möglich.