Was Pfarrer Ellinghaus auf dem Oktoberfest macht

Seelsorge im Bierzelt

Bierzelte, Fahrgeschäfte, Rummel. Auf dem Münchner Oktoberfest kocht in jedem Jahr die Stimmung hoch. Und mittendrin ist Sascha Ellinghaus, seines Zeichens Pfarrer. Wie geht das zusammen? Seelsorge auf der großen Wiesn?

Pfarrer Sascha Ellinghaus feiert einen Gottesdienst in einem Zelt auf dem Oktoberfest / © Dieter Mayr (KNA)
Pfarrer Sascha Ellinghaus feiert einen Gottesdienst in einem Zelt auf dem Oktoberfest / © Dieter Mayr ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie sind jetzt im fünften Jahr der "Wiesn-Pfarrer" und dortiger Seelsorger. Was heißt das für Sie eigentlich konkret?

Ellinghaus: Ich freue mich immer wieder neu, dass ich mit meinen Mitbrüdern, die die Zirkus- und Schaustellerseelsorge unterstützen, ein Teil dieses weltgrößten Volksfestes sein darf. Es ist auch nur ein kleiner Teil unseres ganzjährigen Seelsorgeauftrags, der die Zeit für die Menschen im Zirkus-, Markthändler- und Schaustellergewerbe ausmacht.

Menschen aus der ganzen Welt, selbst aus Australien und Japan, wie man dort immer wieder sieht, nehmen Reisen von Tausenden Kilometern auf sich, um diese ganz besondere Atmosphäre dieses Volksfestes kennenzulernen und mitfeiern zu können.

Wir sind froh, dass wir als katholische Kirche und als Seelsorge mit dem traditionellen Oktoberfest-Gottesdienst mit der heiligen Messe im Marstall-Zelt einen festen Platz auf dem Ablaufprogramm dieses Festes haben. Über tausend Menschen kommen dort immer traditionell am ersten Donnerstag zusammen. Wenn dann der Gottesdienst musikalisch mit Orgel- und Bläserquartett gestaltet wird, ist das im Zelt eine ganz andere Stunde als die übrige Zeit der 16 Tage der Wiesn.

DOMRADIO.DE: Gottesdienst und Oktoberfest: Wie passt das beides zusammen?

Ellinghaus: Man muss grundsätzlich sagen, dass das Oktoberfest nicht nur seine lauten Seiten hat. Gerade die Festwirte, die Marktkaufleute und Schausteller, die Vertreter der Stadt München und die Festleitung, die an den Tagen des Oktoberfestes ja eine Zeit hoher beruflicher und auch körperlicher Beanspruchung erfahren, sind vielfach dankbar für diesen festen Programmpunkt des Gottesdienstes, in der eine Stunde Einkehr und Besinnung, Gebet und Gesang - mal ohne Handy, Lieferanten, Besucherandrang und Problembewältigung - möglich ist.

Auch für viele Menschen, die rund um München oder in München wohnen, ist der Gottesdienst die jährliche Anlaufstelle, um auf den Mittagswiesn einen schönen Tag auf dem Oktoberfest zu verbringen. Alle sind zum Gottesdienst herzlich willkommen, und das verbindet sich mit dieser großen Feier dieses Volksfestes auch.

DOMRADIO.DE: Wenn der Alkohol fließt, ist auf der Wiesn auch mal schnell Streit da. Am Wochenende ist ein Mensch nach einer Auseinandersetzung gar gestorben. Wie gehen die Schausteller mit so etwas um?

Ellinghaus: Der Tod eines Menschen ist immer traurig und wird vonseiten des Veranstalters, der Festleitung, wie von jedem Schausteller bedauert. So ein Fall läuft grundsätzlich der Intention jedes Festes zuwider, wofür Tausende von Menschen über Wochen und Monate arbeiten, um den Menschen Freude, Abwechslung und frohes Feiern zu ermöglichen. Ordnungskräfte, Polizei, Sicherheitsbeamte sowie der Rettungsdienst tun gemeinsam mit der Festleitung und Schaustellern alles Mögliche - auch unter einem hohen finanziellen Aufwand -, um friedliche Wiesn zu ermöglichen.

Wenn ein Mensch dort stirbt, dann wirft das immer einen Schatten auf die Fröhlichkeit eines solchen Festes. Nur kann man in diesem Fall ja auch die Verantwortung nicht dem Oktoberfest als solches zuweisen, da der Unglücksfall in diesem Jahr - so bedauerlich er natürlich ist - nichts mit der Verantwortlichkeit des Veranstalters oder der Gewerbetreibenden dort zu tun hatte. In den letzten Jahren sind durch hohen Einsatz der Veranstalter und der Schausteller auch gerade die Zahlen der Schlägereien auf dem Fest zurückgegangen.

Man kann immer nur - und das gilt wahrscheinlich nicht für das Oktoberfest - die Besucher mit guter Feierlaune auffordern, dem Alkohol nur in dem Maße zuzusprechen, dass man selber Herr seiner Sinne und Taten bleibt und damit nicht fahrlässig zu einer Gefahr für sich selbst oder für andere wird. Man muss auch mit Verantwortung feiern. Das ist die beste Voraussetzung für eine schöne Fortsetzung einer friedlichen Wiesn, die wir den Menschen dort und den Schaustellern und Veranstaltern bis zum nächsten Sonntag noch wünschen.

DOMRADIO.DE: Seit 2014 begleiten Sie die Wiesn. Wie kam es eigentlich, dass Sie gesagt haben: "Ich möchte Wiesn-Pfarrer werden"?

Ellinghaus: Das steht in Verbindung mit meiner Tätigkeit, da ich von der Bischofskonferenz als Leiter der Zirkus- und Schaustellerseelsorger der Deutschen Bischofskonferenz beauftragt wurde. Somit ist man verantwortlich für alle Menschen, die im Zirkus- und Schaustellergewerbe beruflich auf der Reise sind, die ihren Lebensmittelpunkt im Wohnwagen haben. Wir geben ihnen durch unseren Dienst die Möglichkeit, die Sakramente und Dienste der Kirche so wahrzunehmen, wie das die Menschen in unseren territorialen Ortsgemeinden können.

Aufgrund ihres Wechsels und dauerndem Unterwegssein - jede Woche mit dem Karussell oder mit dem Zirkus in einer anderen Stadt - ist es ja nicht so einfach, seine Kinder taufen zu lassen, die Kinder zur Erstkommunion zu führen oder die Firmung oder die Hochzeit zu feiern. Unsere Seelsorge ist darauf abgestellt, ihnen nachzureisen und ihnen diese Dienste der Kirche zu ermöglichen.


Quelle:
DR