Mit der Monstranz in die Eisdiele

"Wo Menschen das Leben feiern, da ist auch Gott"

Unter dem "Ewigen Gebet" verstehen Gläubige die Eucharistische Anbetung in der Kirche. Die Seelsorgeeinheit Düsseldorfer Rheinbogen aber bringt Jesus nach draußen – in die Eisdiele oder an den Strand. Pastoralreferent Martin Kürble erklärt, warum.

 (DR)

DOMRADIO.DE: Wie kam es dazu? Wurde das klassische "Ewige Gebet" von der Gemeinde nicht mehr angenommen?

Martin Kürble (Pastoralreferent in der Seelsorgeeinheit Düsseldorfer Rheinbogen): Es ist bei uns nicht sehr viel anders als in vielen anderen Gemeinden im Erzbistum. Wir haben jahrelang das traditionelle "Ewige Gebet" gepflegt, und es hat einfach immer weniger Menschen angesprochen. Es hat immer weniger einen Platz im Leben, Glauben, in der Spiritualität der Menschen gehabt. Deswegen haben wir gesagt: "So kann es nicht weitergehen. Wir müssen uns überlegen, welche neuen Formen es geben kann, damit Jesus, die eucharistische Gestalt im Brot, mit den Menschen in Berührung kommt?" Und darüber sind wir in einen kreativen Prozess geraten.

DOMRADIO.DE: Wie müssen wir uns das vorstellen? Stellen Sie die Monstranz tatsächlich auf die Eisdielen-Tische und tragen Sie in die Bücherei?

Kürble: Ja, das machen wir tatsächlich so. Das war natürlich eine spannende Frage. Nehmen wir die Monstranz, die Eucharistie mit oder machen wir einfach nur Gebetseinheiten draußen? Aber der Kern des "Ewigen Gebets" ist ja die Eucharistie, und deswegen nehmen wir sie auch mit. Da gab es natürlich viele Fragen. Wir waren letztes Jahr zum Beispiel in einem Friseursalon und haben da auch die Monstranz mit dabei gehabt. Da kam natürlich die Frage: "Wie war das denn? Wie fühlt sich das an? Ist das im Sinne des Herrn?"

Wir haben uns dann immer die Frage gestellt: "Wie würde Jesus damit umgehen? Würde Jesus sich davor fürchten, zum Friseur zu gehen? Oder davor, Menschen einzuladen? Das haben wir zum Beispiel auch gemacht. Wir haben Bedürftige unserer Gemeinde zu einem großen Buffet eingeladen und die Monstranz in die Mitte gestellt, um noch einmal deutlich zu machen: Jesus ist der Einladende. Ich bin sicher, Jesus hat keine Angst vor all diesen Orten, wo wir mit ihm hingehen. In diesem Jahr ist das die Eisdiele, ein griechisches Restaurant, eine Sporthalle, der Rhein-Strand. Ich glaube, Jesus feiert mit den Leuten richtig mit.

DOMRADIO.DE: Ich habe mich spontan gefragt, was sagen denn die Leute, wenn die in der Eisdiele sind und da auf einmal die Monstranz in der Mitte steht?

Kürble: Wir bieten natürlich auch ein Programm, ein spirituelles Angebot drumherum. Wir stellen nicht nur die Monstranz in die Gegend und überlassen den Rest sozusagen dem Heiligen Geist, sondern wir sind unterstützend dabei. Wir haben immer ein Oberthema bei der 24-Stunden-Aktion. Das ist in diesem Jahr "Mit allen Sinnen", weil wir gerne Gott, unseren Glauben, das, was uns begeistert, mit allen Sinnen wahrnehmen wollen. Wenn wir zum Beispiel in einer Eisdiele sind, dann geht es um das Thema schmecken, der Geschmackssinn des Menschen wird geschult, und wir schauen mit Texten und Aktionen, wie man das auf den Glauben übertragen kann.

DOMRADIO.DE: Die Aktion jetzt am Wochenende geht über 24 Stunden, also auch nachts?

Kürble: Ja, die geht tatsächlich auch über Nacht. Diese Aktion hat den Namen 24-Stunden XXL, weil sie länger ist als 24 Stunden. Wir haben beim ersten Mal gemerkt, dass dieser kreative Prozess einfach so ergiebig war, dass wir mit 24 Stunden nicht mehr ausgekommen sind. Wir landen immer so bei 26, 27 Stunden, deswegen das XXL im Namen. Und nachts bedeutet das, dass wir den Hörsinn zum Thema machen und aus der Bibel lesen. Es wird schlicht und ergreifend die ganze Nacht hindurch – von ein Uhr in der Nacht bis sechs Uhr dreißig morgens – aus der Bibel gelesen. Und das Ganze gibt es dann nicht nur vor Ort live zu erleben, sondern auch im Live-Stream auf unserer Facebook-Seite.

DOMRADIO.DE: Neue Wege werden ja nicht selten kontrovers diskutiert. Gibt es auch Gemeindemitglieder, die eher die klassische Form des ewigen Gebets bevorzugen und mit der neuen hadern?

Kürble: Natürlich gibt es das bei uns auch, das ist ganz klar. Die Frage ist immer, ob es richtig ist, sich in neuen Formen "ausbremsen" zu lassen durch Menschen, die am Alten festhalten wollen. Wir haben in unserem Programm zwei Stationen, die in der Kirche stattfinden. Da hat sich im Laufe der letzten Jahre herauskristallisiert, dass es ganz gut ist eine Einheit am frühen Morgen in einer Kirche zu machen. Sie startet mit einer Eucharistiefeier in einer Kirche, so dass die Menschen, die gerne diese traditionelle Form haben möchten, durchaus auch zum Zuge kommen – nur nicht mehr über den ganzen Zeitraum hinweg. Wir möchten eben auch ganz andere Zielgruppen ansprechen, die sonst gar nicht im Blick waren. Wir möchten bewusst rausgehen – dahin, wo die Menschen sich wohlfühlen, wo sie das Leben feiern. Denn da ist auch Gott.

Das Gespräch führte Hilde Regeniter.


Quelle:
DR