Görlitz: Gebet und Weihnachtslieder gegen Entlassungen

Breite Solidarität

In Görlitz setzen die Kirchen den drohenden Entlassungen bei Siemens und Bombardier jetzt Gebete und Weihnachtslieder entgegen. Die Arbeiter hätten den konkreten Wunsch geäußert, zur Ruhe zu kommen, sagt der evangelische Pfarrer Burkhard Behr.

Siemenswerke drohen Schließung / © Maja Hitij (dpa)
Siemenswerke drohen Schließung / © Maja Hitij ( dpa )

DOMRADIO.DE: Das Görlitzer Siemens-Werk soll geschlossen werden. Das betrifft 960 Arbeitsplätze. Noch mehr sind es bei Bombardier. Hilft jetzt nur noch beten?

Burkhard Behr (Leiter des Zentrums für Dialog und Wandel der evangelischen Kirche für die Lausitz in Cottbus): Da hilft natürlich noch viel mehr als beten. Wir als Kirchen und als Gemeinden wollen mit unserem Gebet unterstützen und helfen, dass auch von oben die nötige Kraft kommt und das Nötige getan werden kann. In Görlitz selbst kann viel mehr getan werden als beten.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Siemens-Werkes sind unheimlich engagiert und bereiten viele Aktionen vor, mit denen sie auf ihre Situation aufmerksam machen wollen. Die ist in Görlitz ziemlich besonders. Denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Werkes sind durchaus der Meinung, dass ihr Werk produktiv ist, dass sie sehen und merken, dass sie schwarze Zahlen schreiben und dass sie mit ihren Produkten und mit ihrer Forschung für die Zukunft durchaus gut aufgestellt sind. 

DOMRADIO.DE: Das bedeutet, man hat da auch noch Kampfeswillen. Haben Sie bei den Betroffenen nachgefragt?

Behr: Man merkt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an, dass der Kampfeswille auf jeden Fall da ist, dass die Leute aber auch unheimlich in Hektik sind. Sie können manchmal abends gar nicht mehr zur Ruhe kommen und schlafen. Die Situation beschäftigt die Betroffenen natürlich auch nachts und zu Hause in ihren Familien.

Wir haben also gefragt: Was können wir tun als Kirche? Und da war eine ganz klare Antwort: Helfen Sie uns, ein wenig zur Ruhe und zur Besinnung zu kommen. Das ist ja in der Advents- und Weihnachtszeit ganz besonders nötig. Und so sind die Ideen entstanden, auf die wir jetzt zugehen: Heute Abend diese Andacht und am kommenden Donnerstag das Adventslieder-Singen in Görlitz vor dem Siemenswerk. 

DOMRADIO.DE: Beim Adventslieder-Singen beteiligen sich auch viele Chöre und Ensembles. Das Ganze bekommt dadurch auch ein ziemliches Gewicht. Auch Prominenz aus Kirchenkreisen wird erwartet. Also, es gibt auch eine riesengroße Solidarität, oder?

Behr: Es gibt eine große Solidarität in der Stadt selbst und in der Region. Ein Stück weit natürlich auch aus der Not heraus. Denn, wenn Siemens und Bombardier beide als Arbeitgeber in der Region wegbrechen sollten, würde sich die Arbeitslosigkeit in Görlitz von aktuell etwa 12 Prozent etwa verdoppeln. Das heißt, da steckt natürlich auch eine Not dahinter, aber im Moment auch eine große ungebrochene Solidarität.

Die Kirchengemeinden beteiligen sich, die Pfarrer sind mit den Leuten im Gespräch, ich in meiner überregionalen Funktion, genauso wie der Generalsuperintendent. Und auch der katholische Bischof hat sich mit einem Brief direkt an den Aufsichtsrat von Siemens gewandt. Daran merken auch die Mitarbeiter dort, dass sie sehr breit getragen sind. Und das stärkt sie. 

Das Interview führte Verena Tröster.


Quelle:
DR