Kritik an Spahns Widerspruchslösung zur Organspende

"Menschen zur freiwilligen Entscheidung bewegen"

Mit der Widerspruchslösung möchte Jens Spahn mehr Organspenden erreichen. Sein Parteifreund Heribert Hirte lehnt das ab, weil dies gegen das Sebstbestimmungsrecht des Menschen geht. Was ist die Alternative?

Organspende (dpa)
Organspende / ( dpa )

DOMRADIO.DE: Die Widerspruchslösung sieht vor, dass grundsätzlich jeder ab 16 Jahren entscheiden soll, ob er zur Organspende bereit ist. Widerspricht man nicht oder trifft keine Entscheidung, soll man als Spender registriert werden. Was gefällt Ihnen daran nicht?

Heribert Hirte (CDU-Bundestagsabgeordneter aus Köln): Ja, genau das, was gilt, wenn man nicht widerspricht. Wir und die anderen Kollegen aus allen Fraktionen, die einen Gegenentwurf angekündigt haben, sind der Meinung: Wer sich nicht äußert, sollte nicht automatisch zum Organspender werden.

Es geht doch um ein höchstpersönliches Recht: Es geht um das Selbstbestimmungsrecht des Menschen, das auch über den Tod hinausgeht. Deshalb wollen wir zwar die Möglichkeiten zur Organspende erweitern und die Zahl der Organe erhöhen – da sind wir uns mit dem anderen Entwurf einig – wir wollen die Menschen aber zur freiwilligen Entscheidung bewegen.

DOMRADIO.DE: Aber die Ärzte würden sich ja vor der Organentnahme auch noch bei den Angehörigen vergewissern, ob kein Einwand gegen die Spende vorliegt. Oder?

Hirte: Das ist richtig. Aber wir glauben, dass die Lösung eine zentrale Spenderkartei ist und dass dieser Ansatz der Selbstbestimmung mehr gerecht wird.

DOMRADIO.DE: Und wem das alles nicht gefällt, der kann der Organspende widersprechen. Kann man nicht von jedem einzelnen so viel Engagement erwarten?

Hirte: Ja, das Engagement ist ein wichtiger Punkt. Deshalb sagen wir ja, dass wir möchten, dass Menschen mobilisiert werden. Wir hören, dass die Gründe für die geringe Zahl von Organspenden in Deutschland nicht in erster Linie an der unterschiedlichen Lösung liegt – die Lösung, wie Spahn sie vorschlägt, gibt es schon in anderen Ländern.

Es liegt vielmehr daran, dass die Menschen mit dem Thema Organspende nicht in Berührung gekommen sind und dass es Gründe in der internen Organisation unseres Gesundheitswesens gibt – etwa die Dezentralität im Gesundheitswesen – die dazu führt, dass in Deutschland weniger Organe zur Verfügung stehen als in anderen Ländern.

DOMRADIO.DE: Sie sagen, dass es effektivere und mildere Mittel gibt, die Zahl der Organspenden signifikant zu erhöhen. Was schlagen Sie vor?

Hirte: Wir haben gerade das Transplantationsgesetz reformiert. Das zeigt, dass wir uns in dem Punkt einig sind. Wir wollen, dass die Meldung darüber, zusammengeführt wird, wo Menschen sterben und darüber, wo Organe gebraucht werden. Deshalb sage ich auch, die Dezentralität des Gesundheitswesens ist ein Problem. Das sind Punkte, die man ändern kann und dann wird man sehen, ob sich auch etwas verändert.

Das Gespräch führte Katharina Geiger.


Prof. Heribert Hirte / © Gregor Fischer (dpa)
Prof. Heribert Hirte / © Gregor Fischer ( dpa )
Quelle:
DR
Mehr zum Thema