Zahl der Organspender in Deutschland wieder gestiegen

Das Ende der Abwärtsspirale?

Spanien ist Europameister - nicht nur im Fußball, sondern auch bei Organspenden. Deutschland hinkt auf diesem medizinischen Feld weit hinterher. Die Bilanz des Jahres 2015 zeigt allerdings einen leichten Aufwärtstrend.

Autor/in:
Christoph Arens
Organspendeausweise / © Jens Kalaene (dpa)
Organspendeausweise / © Jens Kalaene ( dpa )

Der Negativtrend bei Organspenden in Deutschland scheint gestoppt. Die Bilanz der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) für das Jahr 2015 deutet ein Ende der jahrelangen Abwärtsspirale im Bereich der Transplantationsmedizin an.

Stabilität auf niedrigem Niveau

Allerdings sind die Zahlen nicht ganz eindeutig: Zwar stieg die Zahl der Spender, zugleich sank aber die Zahl der gespendeten und der transplantierten Organe. Jubel war deshalb am Freitag aus der DSO-Zentrale in Frankfurt nicht zu hören. Die Situation habe sich stabilisiert, hieß es. Und das auf niedrigem Niveau.

Konkret: 2015 spendeten 877 Bundesbürger ihre Organe; das waren 13 Personen oder 1,5 Prozent mehr als 2014. Insgesamt kamen damit in der Bundesrepublik 10,8 Spender auf eine Million Einwohner (2014: 10,7). Der Durchschnitt in den 28 Ländern der Europäischen Union (EU) liegt bei 19,5 Spendern, in den USA bei 25. Spitzenreiter ist seit Jahren Spanien, das 2015 auf eine Rekordquote von 39,7 Spendern kam.

Anzahl gespendeter Organe in Deutschland 2015 gesunken

Die Anzahl der gespendeten Organe in der Bundesrepublik lag allerdings 2015 mit 2.900 Organen etwas niedriger als im Vorjahr (2014: 2.989). Eine mögliche Erklärung dafür sieht die DSO in dem zunehmenden Durchschnittsalter der Spender. Da es für die Organspende keine Altersbegrenzung gibt, mit zunehmendem Alter jedoch die Wahrscheinlichkeit von Begleiterkrankungen zunimmt, sind insbesondere bei älteren Spendern häufig weniger Organe für eine Transplantation geeignet.

Im vergangenen Jahr konnten bundesweit 3.083 Organe transplantiert werden; 2014 waren es 3.169. Das Ergebnis von 2015 liegt über der Zahl der in Deutschland entnommenen Organe, weil im Rahmen des internationalen Organaustausches über Eurotransplant 183 Organe mehr nach Deutschland vermittelt wurden, als in die benachbarten Länder abgegeben wurden.

Trendwende noch nicht deutlich erkennbar

Ist das eine Trendwende? Man kann die Statistik auch so lesen, dass alle Appelle, alle Reformen der Politik und die Millionen Euro teuren Werbekampagnen der Krankenkassen die Stimmung nur wenig verändert haben. Seit August 2012, also seit Bekanntwerden der Betrugsfälle in mehreren der 46 deutschen Transplantationskliniken, war die Zahl der Organspenden bundesweit auf Talfahrt - genauso wie das Vertrauen der Bürger. Noch im Oktober wurde bekannt, dass im Herztransplantationszentrum des Heidelberger Universitätsklinikums in den Jahren 2010 und 2011 in 34 Fällen Befunde von Transplantationspatienten manipuliert worden waren.

Andererseits gab es eine lange Reihe von Reformschritten, die Politik, Bundesärztekammer und DSO unternommen haben. Nach den ersten Unregelmäßigkeiten hatte die Bundesärztekammer 2012 schärfere Kontrollen und ein "Mehraugenprinzip" beschlossen. Danach soll eine interdisziplinäre Transplantationskonferenz am jeweiligen Behandlungszentrum entscheiden, ob ein Patient auf die Warteliste aufgenommen wird.

Staatliche Kontrolle bei Koodination gefordert

Der Bundestag beschloss zudem im Juni 2013, dass Ärzte, die Manipulationen an Wartelisten vornehmen, eine "Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe" erwartet. Zudem muss sich die Bundesärztekammer die Richtlinien, nach denen Organe vergeben werden, künftig vom Bundesgesundheitsministerium genehmigen lassen.

Bereits 2012 wurden die Krankenkassen verpflichtet, jeden Bürger regelmäßig über Organspenden aufzuklären. Außerdem müssen alle Kliniken mit Intensivstation einen Transplantationsbeauftragten ernennen. Auch die DSO, die als gemeinnützige Stiftung mit der Koordination der Organspende in Deutschland beauftragt ist, hat sich zu Reformen durchgerungen. Sie hat Bund und Länder stärker in ihren Stiftungsrat eingebunden.

Der Deutschen Stiftung Patientenschutz reicht das nicht aus: Sie fordert mehr staatliche Kontrolle bei der Koordination der Organspende. Zudem will sie mehr Transparenz bei der Organvergabe:

"Die Bevölkerung will sicher sein, dass die Regeln für alle Empfänger gleich sind", sagt Vorstand Eugen Brysch. Dazu müsse auch klar geregelt werden, an welche Gerichte sich schwerstkranke Empfänger wenden können, wenn sie eine Entscheidung über die Platzierung auf der Warteliste überprüfen lassen wollen.


Quelle:
KNA