Umweltschützer reagieren verhalten auf Vertragsentwurf

Hartes Ringen beim Weltklimagipfel

Bei der UN-Klimakonferenz in Paris wird es ernst: Ein überarbeiteter Vertragsentwurf liegt vor, den Delegierten obliegt nun die Aufgabe, einen gemeinsamen Konsens zu finden. Umweltschützer reagierten verhalten bis kritisch auf den neuen Entwurf.

Eisbären: Vom Klimawandel bedroht / © DB Greenpeace (dpa)
Eisbären: Vom Klimawandel bedroht / © DB Greenpeace ( dpa )

Am vorletzten Tag des Klimagipfels in Paris ringen die Staatenvertreter weiter um Fortschritte. Konferenz-Präsident Laurent Fabius kündigte für den frühen Donnerstagnachmittag einen weiteren Entwurf des angestrebten Klimavertrages an. Eine am Mittwoch vorgelegte Version hatte Annäherungen in einigen Verhandlungsfeldern gebracht, wesentliche Fragen aber offen gelassen.

Langfristigen Klimaschutz-Ziele und Finanzierung als Knackpunkte

In einer Plenarsitzung am Mittwochabend erläuterte der französische Außenminister Fabius, dass die langfristigen Klimaschutz-Ziele, die Finanzierung und die Frage nach den unterschiedlichen Pflichten für Industrie-, Schwellen-, und Entwicklungsländer die zentralen Knackpunkte seien. In der Nacht verhandelten die Minister wieder hinter verschlossenen Türen.

In der Aussprache am Abend erklärte Luxemburgs Umweltministerin Carole Dieschbourg für die EU, dass der Entwurf nicht ehrgeizig genug sei. "An einigen Stellen wurden unsere roten Linien überschritten", kritisierte sie. So sei zum Beispiel der geplante Mechanismus, wonach nationale Klimaziele alle fünf Jahre überprüft werden müssen, geschwächt worden. Die erste Revision müsse bereits 2021 erfolgen. Im Text stehen nun als Optionen die Jahre 2023 und 2024.

Die Entwicklungsländer-Gruppe G77 erinnerte an die historische Verantwortung der Industriestaaten für die Erderwärmung. Der Vertrag müsse die Unterschiede von Entwicklungs- und Industrieländern klar herausstellen, wie es auch die Klimarahmenkonvention tue, sagte die südafrikanische Umweltministerin Edna Molewa als G77-Verteterin. Außerdem gehe aus dem Entwurf nicht deutlich hervor, wie die finanziellen Mittel zur Unterstützung armer Staaten weiter aufgestockt werden sollen.

Drei Viertel der strittigen Punkte ausgeräumt

Nach der Klimarahmenkonvention von 1992 haben die Industriestaaten im Kampf gegen die Erderwärmung deutlich mehr Pflichten als die Entwicklungsstaaten. Nach Auffassung der EU und der USA ist die scharfe Trennung zwischen beiden Ländergruppen überholt, weil inzwischen Schwellenländer wie China und Brasilien wirtschaftlich aufgeholt haben. Diese Konfliktlinie zeigt sich zum Beispiel in der Diskussion um Berichtspflichten: Während die Industrieländer im Wesentlichen einheitliche Transparenzregeln für das Klimaschutz-Engagement fordern, schrecken Schwellenländer davor zurück.

Bei dem Entwurf vom Mittwochnachmittag konnten drei Viertel aller eckigen Klammern, mit denen offene Optionen im Text markiert werden, ausgeräumt werden. "Der Textentwurf ist ein wichtiger Schritt nach vorn, aber noch längst nicht so, wie er am Ende sein muss", sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD).

"Koalition der Ehrgeizigen"

Zu den besonders umstrittenen Punkten zählt weiter das Langfristziel, das die zentrale Säule des Abkommens bilden soll.

Dabei steht zur Debatte, den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas bis Ende des Jahrhunderts (Dekarbonisierung) zu beschließen. Am diesem Punkt bremsen vor allem Öl-Staaten wie Saudi-Arabien und Venezuela. Offen ist ebenso, welche Obergrenze für den globalen Temperaturanstieg festgelegt wird: Genannt sind die Zielmarken 1,5 und zwei Grad Celsius.

Mehr als 100 Staaten schlossen sich am Mittwoch zu einer "Koalition der Ehrgeizigen" zusammen, die einen Vertrag mit weitreichenden Verpflichtungen fordert. Zu dem Bündnis gehören unter anderem die EU, die USA, die Gruppe der unterentwickeltsten Ländern, Inselstaaten und die lateinamerikanischen Schwellenländer Mexiko und Kolumbien. Tony de Brum, Außenminister der Marshallinseln und Mitinitiator der Gruppe, erklärte: "Wir werden kein minimalistisches Abkommen akzeptieren."

Kritik von Umweltschützern

Umweltschützer reagierten verhalten bis kritisch auf den neuen Entwurf. Oxfam-Klimaexperte Jan Kowalzig sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Dieser Vertrag bringt uns nicht auf den Zwei-Grad-Pfad." Der Revisionsmechanismus sei nicht wirksam genug, um den Treibhausgas-Ausstoß rasch genug zu bremsen.

Greenpeace sprach von einer "Mischung aus Gutem, Schlechtem und Ekelhaftem". In manchen Punkten sei deutlich die Handschrift von Öl-Staaten zu erkennen. Der Vorsitzende des Bundes für Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger, forderte von den Verhandlern substanzielle Änderungen: "Es ist inakzeptabel, dass die erste Revision der nationalen Klimaschutzpläne nicht vor 2023 erfolgen soll", sagte Weiger.

Die USA kündigten auf dem Gipfel eine Verdopplung ihrer Mittel für die Anpassung an den Temperaturanstieg in armen Staaten an. Die Summe soll bis 2020 von derzeit jährlich 400 Millionen Dollar auf 800 Millionen Dollar steigen.

Vatikan will Klimarahmenkonvention der UN unterzeichnen

Der Vatikan will als 196. Staat die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen unterzeichnen. Derzeit würden die Unterlagen für einen Beitritt zur Konvention vorbereitet, sagte der ständige Vertreter des Heiligen Stuhls bei den UN, Bernadito Auza, der "tageszeitung" (Online-Ausgabe vom Mittwoch). Die Initiative dazu sei von Papst Franziskus ausgegangen. Um dem Vertrag beizutreten, müsse der Vatikanstaat aber drei Monate vorher die Klimarahmenkonvention unterzeichnet haben.


Quelle:
epd