Kardinal Müller: Kirche arbeitet an ihrer eigenen Auflösung

Mehr Glaube, weniger Politik

Intrigen und Machtspiele: Der ehemalige Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, hat der katholischen Kirche unter Papst Franziskus vorgeworfen, an ihrer eigenen Auflösung zu arbeiten.

Kardinal Gerhard Ludwig Müller / © Lena Klimkeit (dpa)
Kardinal Gerhard Ludwig Müller / © Lena Klimkeit ( dpa )

"Die Selbstsäkularisierung der Kirche nach dem Modell des liberalen Protestantismus ist nicht der erste Schritt ihrer Modernisierung, sondern der letzte vor ihrer Selbstabschaffung", schreibt er in einem neuen Buch, das am Montag erscheint. In dem Buch äußert Müller an vielen Stellen scharfe Kritik an Papst Franziskus.

Der deutsche Kardinal wirft dem Vatikan Machtklüngel und dem Kirchenoberhaupt Effekthascherei vor. Die Kirche müsse "arm und dienend, einfach aber auffällig barmherzig sein", schreibt Müller in dem Buch mit dem Titel "Römische Begegnungen". Mit verstaubten Vokabeln von Sünde und Umkehr könne man die Leute nur abschrecken.

Mehr Glaube und Zeugnis, weniger Politik, Intrigen und Machtspiele

Die vom Papst angestrebten Reformen in der Kirche könne es nur "als Erneuerung in Christus" geben, mahnt der 71 Jahre alte Theologe: "Papst und Bischöfe müssen sich an ihm und nicht an den Meinungen der Massen-Medien orientieren." Mehr Glaube und Zeugnis, weniger Politik, Intrigen und Machtspiele seien das Gebot der Stunde.

Früher sei das Ziel von Katholiken die Nachahmung Christi gewesen, schreibt Müller in dem 160 Seiten umfassenden Buch. "Heute ist Mainstream und political correctness angesagt." Die Bestrebungen von Franziskus, auch für eine breite Öffentlichkeit verständlich zu sein, fasst Müller mit dem Satz zusammen: "Nur wer bei den Medien ankommt, ist nahe bei den Menschen."

Nach dem Mund geredet

Für den Kardinal handelt die katholische Kirche unter Franziskus nach dem Leitsatz "Lieber in einer vollen Talkshow als einsam vor dem Tabernakel". Ein guter Bischof ecke dabei nicht an, sondern "schaut den Leuten aufs Maul und redet ihnen nach dem Mund". Der derzeitige Streit zwischen einem traditionalistischen und einem modernistischen Flügel habe die Kirche zu einer "lame duck" ("lahmen Ente") gemacht.

Kardinal Müller war von 2012 bis 2017 Präfekt der Glaubenskongregation im Vatikan und äußerte bereits damals mehrfach heftige Kritik an Papst Franziskus. Dieser ernannte Müller nach dem regulären Ablauf der Amtszeit nicht erneut für das Amt. Von 2002 bis 2012 war Müller Bischof von Regensburg. 2014 wurde er Kardinal.


Quelle:
epd
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