Kardinal Woelki fordert Lösung für Syrien-Flüchtlinge

"Familiennachzug für Syrien-Flüchtlinge nicht begrenzen"

Rainer Maria Kardinal Woelki ist entschieden gegen eine Begrenzung des Familiennachzugs für syrische Flüchtlinge. Diese Diskussion sei "kaum nachvollziehbar", sagte er beim Besuch einer von der Caritas betreuten Flüchtlingsunterkunft in Köln.

Ein bisschen spielen. Kardinal Woelki besucht im November eine Flüchtlingsunterkunft in Köln. / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Ein bisschen spielen. Kardinal Woelki besucht im November eine Flüchtlingsunterkunft in Köln. / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

Im Gespräch mit domradio.de betonte er, dass damit Frauen und Kinder wahrscheinlich gezwungen wären, die gefährliche Reise über das Mittelmeer zu wagen, um ihren Ehemann und Vater wiederzutreffen. Die Leidtragenden seien hier die Schwachen, die sich nicht gegen die Gewalt in Syrien und im Nordirak zur Wehr setzen könnten, so Woelki.

Die Kirche setze sich für den Schutz von Ehe und Familie ein, wozu selbstverständlich auch die Zusammenführung von Flüchtlingsfamilien zähle. "Ich würde mir hier wirklich eine andere Lösung wünschen, die den Werten unserer Gesellschaft und Europas entspricht, und wo wir den Menschen hier Aufnahme gewähren können", sagte der Kardinal.

Kardinal Woelki kritisiert Streit in der Flüchtlingspolitik

Er kritisierte das "zum Teil unwürdige Gezänk" der Politik um "den sogenannten Asylkompromiss". Deutliche Kritik übte der Erzbischof an Bayerns Ministerpräsidenten und CSU-Chef Horst Seehofer, weil dieser sich "gerühmt" habe, an den "schärfsten Regeln" zur Begrenzung von Flüchtlingszahlen mitgewirkt zu haben. Solche Äußerungen "stimmen mich mehr als nachdenklich, denn wir müssen die Würde jedes einzelnen Menschen auf der Flucht achten", so der Kardinal. Statt Jubel über begrenzte Flüchtlingszahlen seien jetzt vorausschauende Entscheidungen von der Politik für die Integration von Flüchtlingen erforderlich.

Kooperation mit staatlichen Stellen besser steuern

"Ich habe in den letzten Wochen schon einige Flüchtlingsheime besucht", sagte Woelki weiter. "Im Erzbistum Köln arbeiten tausende Menschen als Flüchtlingshelfer ehrenamtlich bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. In der Aktion Neue Nachbarn sind viele Initiativen in den Kirchengemeinden vernetzt. Auf der Internetseite gibt es tolle Beispiele für das Engagement der Helfer. In den Gesprächen mit diesen Menschen habe ich oft die Sorgen und Ängste gehört, mit dem Flüchtlingsstrom überfordert zu sein." Es sei richtig, dass wir unsere Hilfe und Unterstützung in Kooperation mit den staatlichen Stellen noch besser steuern müssen, ergänzte der Kardinal. "Aber es ist falsch, sich von unseren Werten, dem unbedingten Grundrecht auf Asyl und von der Nächstenliebe zu verabschieden. Ganz im Gegenteil: Papst Franziskus prangert eine weltweite Gleichgültigkeit an. Wir müssen dieser eine Globalisierung der Nächstenliebe entgegensetzen. Mit Gottvertrauen und Nächstenliebe werden wir die Situation meistern."

Der Kölner Erzbischof machte sich auch für eine bessere Integration der Flüchtlinge stark. Integration funktioniere durch das Kennenlernen, durch Sprache und die Akzeptanz der Werte des Grundgesetzes, so Woelki. Allerdings gebe es aber kaum ausgebildete Menschen, die Deutsch als Fremdsprache unterrichten können. Schätzungen zufolge fehlten zehntausende Stellen. Unabhängig vom Bleiberechtsstatus hält der Kölner Kardinal Sprach- und Integrationskurse für Flüchtlinge für wichtig. "Die Menschen können Sprach- und Integrationskurse in der langen Zeit der Klärung ihres Aufenthaltsstatus in jedem Fall gut gebrauchen, selbst wenn sie unser Land wieder verlassen." Es sei schlimm, dass so etwas "seitens der staatlichen Behörden überhaupt nicht vorgesehen ist".

Erinnerung an den Pogromnacht und Mauerfall

Abschließend erinnerte Woelki an den 9. November, an dem 1938 mit den Novemberpogromen die "unglaubliche menschliche Katastrophe" der Schoah begonnen habe und an dem vor 26 Jahren die innerdeutsche Mauer gefallen sei. Er rief dazu auf, "die Mauern in den Köpfen und Herzen der Menschen" abzubauen, die Flüchtlinge als Bedrohung sehen.


Quelle:
KNA