Papst besucht norditalienische Bistümer

"Diese Geschichte ist etwas Heiliges"

Papst Franziskus hat am Sonntag die norditalienischen Bistümer Cesena und Bologna besucht. Neben Studenten und Professoren, Klerikern und Ordensleuten traf sich Papst Franziskus auch mit Migranten und Arbeitslosen.

Papst Franziskus spricht beim Besuch des Verteilzentrums für Flüchtlinge in Bologna / © Osservatore Romano (KNA)
Papst Franziskus spricht beim Besuch des Verteilzentrums für Flüchtlinge in Bologna / © Osservatore Romano ( KNA )

Zu Beginn des Besuchs in Bologna traf er mit rund 1.000 hauptsächlich afrikanischen Migranten in einem Aufnahmezentrum zusammen. Dabei lud er dazu ein, die Menschen mit ihren individuellen Schicksalen wahrzunehmen. Auch müssten sich mehr Länder an der Aufnahme von Flüchtlingen beteiligen. Erneut sprach sich der Papst auch für humanitäre Korridore aus.

Am Morgen absolvierte der Papst eine zweistündige Visite in Cesena nahe der Adriaküste. Dort erinnerte er die Bürger an ihre Verantwortung für das Gemeinwesen und rief zum Dialog der Generationen auf. Besonders mahnte er junge Menschen, das Gespräch mit Älteren zu suchen, sich politisch zu engagieren und sich entsprechend darauf vorzubereiten.

Gute Politik dürfe nicht Einzel- oder Parteiinteressen bedienen, betonte Franziskus. Korruption nannte er einen "Holzwurm" in der politischen Berufung. Politiker sollten die Größe zeigen, Fehler einzuräumen; zugleich wandte sich der Papst gegen Kritik von unbeteiligter Warte. Die Politik habe sich in den vergangenen Jahren vor "anderen Formen der Macht wie den Finanzen oder den Medien" zurückgezogen. Sie müsse ihre Unabhängigkeit zurückgewinnen.

Franziskus: Fremde mit Barmherzigkeit betrachten

In Bologna nahm sich Franziskus rund eine Dreiviertelstunde Zeit, Hunderte Bewohner eines Zentrums für Migranten einzeln zu begrüßen. Am Eingang ließ er sich ein Armband anlegen, wie es für die Identifizierung der Bewohner verwendet wird. Viele nutzten die Gelegenheit, um mit Schildern auf ihre ungesicherte Situation, etwa das Fehlen von Ausweisdokumenten, hinzuweisen.

Franziskus betonte die Notwendigkeit einer persönlichen Begegnung. "Jeder von euch hat eine Geschichte, und diese Geschichte ist etwas Heiliges", sagte er vor den Migranten. Angst vor Fremden sowie die "Härte und Kälte" im Urteil über sie rührten von fehlender Nähe her. Wer andere Menschen ohne Barmherzigkeit betrachte, den betrachte auch Gott ohne Barmherzigkeit, sagte das Kirchenoberhaupt.

Franziskus: Recht auf Kultur

Bei einem Treffen mit Studenten und Professoren hat sich Papst Franziskus energisch gegen Populismus und Unruhe schürende Falschnachrichten gewandt. Es gebe ein "Recht, nicht täglich von der Angst- und Hassrhetorik überschwemmt zu werden", sagte Franziskus. Besonders junge Menschen hätten ein "Recht auf Hoffnung", um ohne Zukunftsangst aufzuwachsen und zu erfahren, dass es im Leben schöne und beständige Dinge gebe.

Weiter warb Franziskus für ein "Recht auf Kultur". Aufgabe von Bildung sei es, das Beste aus jedem Menschen herauszuholen. Ein Wissen, das sich in den Dienst des Meistbietenden stelle, Spaltung fördere und Unterdrückung rechtfertige, sei keine Kultur. Die akademische Welt müsse den "lähmenden Kehrversen des kulturellen Konsumismus" dynamisch und energisch antworten.

Die "Suche nach dem Guten" nannte der Papst den Schlüssel für erfolgreiche Wissenschaft. "Die Liebe ist die Zutat, die den Schätzen des Wissens und besonders dem Menschen- und Völkerrecht Würze gibt", sagte er den Studierenden und Lehrenden.

Prinzip der Solidarität

In einer Rede vor den Bürgern Bolognas auf der Piazza Maggiore mahnte der Papst mit Blick auf genossenschaftlich organisierte Unternehmen der Region, das Prinzip der Solidarität nicht um des Profits willen und auf Kosten der Armen aufzuweichen. Auch dürfe sich die Gesellschaft nicht an Jugendarbeitslosigkeit und das Schicksal von Beschäftigten, die ihre Stellen verloren hätten, gewöhnen. Sie seien nicht nur Zahlen einer Statistik.

Die Eingliederung von Zugewanderten wie der Kampf gegen Armut hingen wesentlich von der Beschäftigung ab, so Franziskus. Es gebe keine echte Hilfe für Arme, wenn sie nicht "Arbeit und Würde" fänden. Die Herausforderung verglich der Papst mit dem Wiederaufbau nach dem Krieg. Die Wirtschaftskrise in Europa sei auch eine "ethische, spirituelle und menschliche" Krise. Ihr zugrunde liege ein "Verrat am Gemeinwesen, sei es durch Einzelne oder durch Machtgruppen".

Das Mittagessen nahm der Papst mit Armen, Senioren, Arbeitslosen, Behinderten und Flüchtlingen in der Basilika San Petronio ein. Am Nachmittag war eine Messe im Stadion des FC Bologna vorgesehen.


Quelle:
KNA