Adveniat-Bischof Overbeck zu Papst Franziskus

"Wir sind Weltkirche geworden"

Zur Amtseinführung von Papst Franziskus ebenfalls in Rom ist Franz-Josef Overbeck, der unter den deutschen Bischöfen für Lateinamerika Zuständige. Im domradio.de-Interview spricht der Ruhrbischof über seine Erwartungen an das neue Pontifikat.

 (DR)

domradio.de: Bischof Franz-Josef Overbeck, Sie sind der zuständige Bischof für Lateinamerika - und freuen sich auch deshalb ganz besonders über diesen neuen Papst und seine Amtseinführung?

Overbeck: Ich habe lachend gesagt: Wir sind Papst gilt nicht nur für die Deutschen, sondern auch für Lateinamerika - und deswegen natürlich auch für Adveniat.

domradio.de: Kannten Sie Jorge Bergoglio schon als Bischof?

Overbeck: Ich kannte ihn noch nicht persönlich. Aber unser Geschäftsführer, Prälat Klaschka, hat ihn verschiedene Mal erlebt, das gilt auch für andere Mitarbeiter. Die Kontakte sind also vorhanden - und mit ihnen auch einen guten Einblick in die Persönlichkeit des neuen Papstes.

domradio.de: In Buenos Aires hat er sich den Titel "Kardinal der Armen" verdient, auch jetzt hat er wieder eine Kirche nicht nur für die Armen, sondern auch eine arme Kirche gefordert. Wie bewerten Sie das?

Overbeck: Er hat sich den Namen Franziskus gegeben und damit ein Programm: Wenn wir die Einfachheit des Lebens des Heiligen Franziskus selber sehen, der mit dieser Radikalität die Kirche auf neue Wege geführt hat und damit gleichzeitig die Tiefe seiner Beziehung zu Gott, dann sehen wir, dass beides zusammengehört. Und das wird sicherlich auch das Programm des Papstes selber sein, zu sagen: Für die Armen sind wir nicht nur da, sondern wir lieben sie und leben mit ihnen.

domradio.de: Was bedeutet es für die Weltkirche, dass Südamerika durch den neuen Papst mehr in den Mittelpunkt rückt?

Overbeck: Wir sind Weltkirche geworden, und das auf eine sehr handfeste Weise. Und das ist gut so. Weil wir eben bis in unser oberstes irdisches Amt, das wir in der Kirche haben, sagen können: Die Grenzen, die wir bisher kannten, gibt es nicht mehr.

domradio.de: Der Papst hat gesagt: Kirche ist keine Institution, sondern Kirche geht es in erster Linie um die Vermittlung des Glaubens. Trotzdem leben wir in ungerechten Strukturen. Wird das während seines Pontifikats auch noch mal verstärkt in den Blick rücken?

Overbeck: Unter Papst Benedikt hat es das große Thema Glaube und Vernunft gegeben. Ich vermute, dass es jetzt heißen wird: Glaube und Gerechtigkeit. Und das mit all den Optionen und Perspektiven, die damit verbunden sind, in einer sehr pluralen, aber auch sehr von verschiedenen Wirtschaftssystemen und vielen Ungerechtigkeiten gezeichneten Welt.

domradio.de: Was wünschen Sie sich jetzt für Adveniat?

Overbeck: Der erste Wunsch ist schon in Erfüllung gegangen: Der Weltjugendtag findet in Lateinamerika statt. Und das bedeutet, der erste große Besuch des Papstes wird nach Lateinamerika gehen.

domradio.de: Und was wünschen Sie sich ganz persönlich von diesem Papst, auch für die deutsche Kirche?

Overbeck: Jeder Papst hat eine große Kraft und hoffentlich eine große spirituelle Kraft. Das geht auch von Papst Franziskus aus. Und ich wünsche Doppeltes: einerseits eine lebendige Verbindung mit ihm und gleichzeitig eine Stärkung der Ortskirchen, und zum anderen einen guten Impuls durch das, was er mit seinem Namen gewählt hat, nämlich ein Leben mit für die Armen zu führen. Das erste Wort Jesu nach dem Lukas-Evangelium ist ein Zitat aus dem Propheten Jesaja und heißt "Ich bin gekommen, den Armen das Evangelium zu verkünden". Es gibt nichts Besseres als dieses Wort.

Das Gespräch führte domradio.de-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen.


Quelle:
DR