Missbrauchsprozess: Angeklagter Ex-Priester schweigt weiter

Vermindert schuldfähig?

Im Missbrauchsprozess vor dem Deggendorfer Landgericht schweigt sich der angeklagte katholische Ex-Priester weiter aus. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, sich jahrelang an minderjährigen Jungen vergangen zu haben.

Ex-Priester Thomas B. wird beschuldigt, jahrelang Jungen missbraucht zu haben / © Julian Stratenschulte (dpa)
Ex-Priester Thomas B. wird beschuldigt, jahrelang Jungen missbraucht zu haben / © Julian Stratenschulte ( dpa )

Sein Mandant "fühle sich nicht in der Lage" zu einer Aussage, erklärte der Verteidiger am Dienstag. Die Verhandlung soll am Nachmittag mit der Vernehmung der ersten Zeugen fortgesetzt werden. Thomas Maria B. soll sich zwischen 1997 und 2016 in Deutschland insgesamt an fünf Jungen unter 14 Jahren 110 mal sexuell vergangen und dabei zum Teil auch Gewalt eingesetzt haben.

Zudem wird der 53-Jährige der versuchten Vergewaltigung einer 18-Jährigen 1995/96 in Österreich beschuldigt. Wegen Vergewaltigung und Missbrauchs zweier Mädchen saß der gebürtige Wuppertaler bereits von 2003 bis 2009 in Karlsruhe im Gefängnis.

Akute Wiederholungsgefahr

Die Deggendorfer Staatsanwaltschaft hält ihn für seelisch schwer gestört und daher vermindert schuldfähig. Zugleich geht sie von einer akuten Wiederholungsgefahr aus. Deshalb geht es in dem Prozess auch um eine mögliche dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie. Dazu hat die Justiz ein forensisches Gutachten bestellt. Angeklagt sind außerdem weitere Delikte. So soll B. mehrere Familien um über 100.000 Euro betrogen haben.

Nach Informationen der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) wurde der Mann nach Theologiestudien in den Niederlanden und Österreich 1994 in der polnischen Erzdiözese Stettin (Szczecin) zum Priester geweiht.

Berufsverbot seit 2008

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, diese Weihe mit gefälschten Zeugnissen erschlichen zu haben. 2008 entfernte ihn ein Kirchengericht in Freiburg aus dem Klerikerstand. Damit war ihm die Ausübung seines Berufes offiziell verboten. Das Urteil wurde 2012 durch ein zweites Kirchengericht in München endgültig bestätigt.

Der Anklage zufolge gab sich der Mann dennoch weiterhin als Priester aus, kleidete sich entsprechend und fälschte seinen Dienstausweis.

Mit Beichte Opfer manipuliert

Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gewann der Mann das Vertrauen frommer Familien unter anderem auf Wallfahrten, etwa nach Medjugorje in Bosnien-Herzegowina. Zum Teil wohnte er mehrere Jahre bei ihnen und verging sich in dieser Zeit an deren Kindern. Dabei benutzte er auch das Beichtgeheimnis, um seine Opfer daran zu hindern, ihren Eltern von den Übergriffen zu erzählen.


Quelle:
KNA