Früherer Bundespräsident Gauck predigt bei Amnesty-Gottesdienst

"Menschenrechte sind nicht verhandelbar"

Es gibt Anlässe, zu denen die Hamburger Hauptkirche Sankt-Katharinen sehr gut gefüllt ist. So an diesem Buß- und Bettag, als Ex-Bundespräsident Joachim Gauck beim traditionellen Amnesty-Gottesdienst predigte - mit deutlichen Worten.

Autor/in:
Frank Berno Timm
Kreuz in der Hand eines Gläubigen / © Markus Nowak (KNA)
Kreuz in der Hand eines Gläubigen / © Markus Nowak ( KNA )

Jährlich wird am Buß- und Bettag - in der Hansestadt kein Feiertag - ein Amnesty-Gottesdienst gefeiert. Auch in diesem Jahr rief die Menschenrechtsorganisation dazu auf, sich für die Freilassung zu Unrecht Inhaftierter einzusetzen.

Viele der Besucher sind an diesem Mittwochabend aber allein deshalb gekommen, um den ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck zu hören - früher selbst Pastor in Rostock. Der versteht es, das Engagement der Gefangenenhilfsorganisation zu würdigen: Er nennt sie unverzichtbar, lobt das ehrenamtliche Engagement vieler Bürger.

Rohingya, Jesiden und Bahai

Deutschland durchziehe ein Netzwerk des Guten, "das unser Land schön macht". Wir lebten in einer zutiefst zerstrittenen Welt - mit Flucht, Gewalt, Terror und Verfolgung, so Gauck. Er erwähnt die Situation der religiösen Minderheiten Rohingya, der Jesiden und Bahai. Er wünsche sich, dass Christen sensibel und unruhig bleiben angesichts der Verfolgung der eigenen Religion und anderer Bekenntnisse. Die verschiedenen Religionen müssten zu der Gemeinsamkeit kommen, dass "Verfolgung Sünde" sei.

Wenn wir dem Aufmerksamkeit versagten, verstießen wir gegen unsere eigenen Werte, so der frühere Bundespräsident. Die Freiheit zu glauben sei ein Menschenrecht, diese sei "nicht verhandelbar".

Menschenrechte, so Gauck weiter, seien auch deshalb universal, weil Menschen überall gleich auf Unrecht reagierten. Wo Menschenrechte nicht gelten, gebe es eine starke Sehnsucht nach ihnen, die innere Stärke gebe.

Unbeugsam bleiben

"Bleiben Sie unbeugsam, unbequem, fordern Sie ein Ende der Genügsamkeit ein", so Gauck. Zugleich stellt er klar, dass Christen und Nichtchristen eine gemeinsame Verbindlichkeit finden könnten, die dazu befähige "wahrzunehmen, wo andere wegsehen". Das Recht zu glauben schließe auch das Recht ein, keinen Glauben zu haben.

Die dezidiert politische Aussage dieses Gottesdienstes wird durch seinen Rahmen deutlich: Pastor Frank Engelbrecht erinnert zum Anfang daran, dass seine Kirche 1943 acht Tage gebrannt hatte, der Turm aber stehengeblieben war und ein "Zeugnis des Friedens" sei. Vertreter von Amnesty rufen dazu auf, sich für Gefangene in der Türkei, in China und in Kasachstan mit Briefen einzusetzen, die vorbereitet ausliegen.

Der Gottesdienst in der Hamburger Hauptkirche fand an diesem Buß- und Bettag zum 44. Mal statt. Gauck war zu einem früheren Termin bereits einmal eingeladen worden. Durch seine Wahl zum Staatsoberhaupt sei der Besuch aber damals nicht zustande gekommen, ist aus der Katharinengemeinde zu erfahren. Dass an diesem Abend doch nicht alle Plätze besetzt waren, schmälert die Deutlichkeit der Botschaft nicht.


Bundespräsident Joachim Gauck / © Harald Oppitz (KNA)
Bundespräsident Joachim Gauck / © Harald Oppitz ( KNA )

Amnesty International / © Wolfgang Kumm (dpa)
Amnesty International / © Wolfgang Kumm ( dpa )
Quelle:
KNA