Amtswechsel in schwierigen Zeiten

Sternberg geht - Katholikenkomitee wählt neuen Präsidenten

Thomas Sternberg ist ein vielseitiger Mensch. Theologe, Kunstexperte, Politiker und seit 2015 Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Jetzt gibt er dieses Amt ab.

Autor/in:
Christoph Arens
Prof. Thomas Sternberg / © Matthias Jung (KNA)
Prof. Thomas Sternberg / © Matthias Jung ( KNA )

Er betont, er habe das von Anfang an gesagt. Freunde und Mitstreiter waren trotzdem betroffen über die Ankündigung von Thomas Sternberg (69), nicht erneut für das Amt des Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) zu kandidieren. Am 19. November soll bei der ZdK-Herbstvollversammlung in Berlin sein Nachfolger gewählt werden.

Dass Sternberg ausgerechnet in einer Zeit aufhört, in der der von ihm mitkonzipierte Reformprozess des Synodalen Wegs auf die entscheidende Wegstrecke geht, hat Verwunderung hervorgerufen. "Der Zeitpunkt war von Anfang an klar mit meiner Frau abgesprochen. Aber ich habe mir das im vergangenen Jahr noch einmal intensiv überlegt, weil mir der Synodale Weg schon sehr am Herzen liegt", sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Man muss Ämter auch wieder abgeben können."

Auch für das Katholikenkomitee selber ist es ein Personalwechsel in schwieriger Zeit. Denn das ZdK selbst erlebt große Umbrüche: Im Januar 2020 hat mit Marc Frings ein neuer Zdk-Generalsekretär sein Amt aufgenommen. Im Januar zieht das Sekretariat - mit fast komplett neuer Mannschaft - von Bonn nach Berlin. Die katholischen Laien wollen näher an den politischen Entscheidungsträgern sein.

Der gebürtige Sauerländer ist ein Baum von einem Mann. Einer, der großen Tatendrang ausstrahlt. Nach der Bäcker-Lehre und dem Abendgymnasium studierte er Germanistik, Philosophie, Kunstgeschichte, Theologie, promovierte gleich zweimal, in Germanistik und in Theologie. Das Auslandsstudienjahr in Rom hat ihn tief geprägt.

Als Direktor der traditionsreichen Katholisch-Sozialen Akademie im Bistum Münster profilierte Sternberg das "Franz-Hitze-Haus" auch als Stätte von Kultur und Kunstausstellungen. Zusätzlich engagierte sich der Vater von fünf Kindern auch noch im Münsteraner Stadtrat und wurde später kulturpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Düsseldorf. Seit 2001 ist er Honorarprofessor für Kunst und Liturgie an der Uni Münster.

Sternberg ist bewusst, dass die Kirche in Deutschland in einer Zeitenwende steht. Er selbst steht mit einem Bein noch mitten in den alten volkskirchlichen Strukturen, wie er sie in Westfalen erlebt hat. Die Liturgie ist ihm wichtig, besonders die Feier der Osternacht, auch Taize.

Der Münsteraner kann klare Kante zeigen. Beim 100. Katholikentag in Leipzig 2016 hielt er gegen massive Kritik daran fest, der AfD kein Podium zu bieten. Mehrfach hat er sich für ein neues Konzil ausgesprochen - auch um die Rolle der Frauen in der Kirche voranzubringen. Er fordert mehr Gewaltenteilung und Mitbestimmung der Laien sowie eine Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Kirche. Dem Nein der Glaubenskongregation zur Segnung homosexueller Paare hat er massiv widersprochen. Im Streit um das Kölner Missbrauchsgutachten forderte er offen personelle Konsequenzen.

Den Querschüssen gegen den Synodalen Weg aus dem Vatikan steht Sternberg - zumindest nach außen - mit Gelassenheit gegenüber. "Die Rede vom deutschen Sonderweg hat sich längst als Unfug erwiesen, wie die internationale Resonanz beweist", sagt er. "Wenn das in dieser Weite diskutiert wird, lässt das Rom nicht unberührt - auch wenn es an vielen Stellen im Vatikan weiter Misstrauen geben wird."

Sternberg zeichnete außer für den Synodalen Weg und für die beiden Katholikentage in Leipzig und in Münster auch für den Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt mitverantwortlich. Klar ist, dass ihm der Abschied schwerfällt: Von der Synodalversammlung in Frankfurt hat er sich mit Tränen in den Augen verabschiedet. "Dass ich öffentlich die Fassung verliere, passiert wirklich selten", bekannte er.

Nach wie vor ist Sternberg der Meinung, dass das ZdK politisches Gewicht hat. "Ob das Lieferkettengesetz ohne die klare Unterstützung durch unsere katholischen Einrichtungen, Verbände und das ZdK zustande gekommen wäre, wage ich zumindest zu bezweifeln", zeigt er sich selbstbewusst. Wichtige Themen der kommenden Jahre sieht der Münsteraner, der im Juli zum neuen Präsidenten der  Kunststiftung NRW gewählt wurde, bei der Regelung der Suizid-Beihilfe oder beim Umgang mit Flüchtlingen und Migranten in einer religiös und kulturell vielfältigen Gesellschaft. Hier wird künftig seine Nachfolgerin oder sein Nachfolger an der Spitze des ZdK Akzente setzen.


Quelle:
KNA