Julia Klöckner über ihr katholisches Engagement

"Manchmal braucht man einen längeren Atem"

Julia Klöckner (CDU) ist Politikerin und leidenschaftliche Katholikin. Am Rande der Herbstvollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken sprach sie im domradio.de-Interview über ihren Antrieb und Wunsch nach mehr christlichen Bekenntnissen in Berlin.

 (DR)

domradio.de: Immer weniger Politiker entstammen einem kirchlichen Umfeld, beklagte Alois Glück hier in Bonn. Teilen Sie seine Einschätzung?
Klöckner: Es fällt aber auf, dass das Thema Religion immer mehr etwas Intimes und sehr Persönliches wird. Und dieses Bekenntnis, dieses Brennen nach außen hin, vermisse ich auch bei dem einen oder anderen. Das finde ich sehr, sehr schade.

domradio.de: Steinbrück, Gauck, Merkel - bei Politikern evangelischen Glaubens scheint das aber anders zu sein.
Klöckner: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Sie haben jetzt drei Personen genannt, das könnte ich bei den Katholiken auch tun. Aber es geht doch darum, dass wir in der Breite auch Multiplikatoren sind. Als ich neun Jahre lang im Bundestag war, bin ich auch immer in den Gottesdienst am Donnerstagmorgen und den Gebetsfrühstückskreis gegangen. Mehr Teilnehmer sind es in der Zeit nicht geworden. Es ist ein kleiner, aber "effektiver" Haufen. Man muss das Thema Glaube und Religion aber ja auch nicht wie eine Monstranz vor sich hertragen, wenn es mal beim Katholikentag gefragt ist, sondern überall und selbstverständlich. Das würde ich mir von ein paar mehr Politikern wünschen.

domradio.de: Könnte es auch eine Ursache sein, dass Politiker, wenn sie öffentlich zu ihrem Glauben stehen, dann auch innerkirchlich angegriffen werden?
Klöckner: Das habe ich noch nicht erlebt, im Gegenteil, ich habe immer Unterstützung erhalten. Auch bei anderen habe ich das erlebt. Wenn es beispielsweise um Fragen des Lebensschutzes und der Bioethik geht, haben wir immer eine große Unterstützung der Kirchen.

domradio.de: Alois Glück hat gesagt, dass das Thema der wiederverheirateten Geschiedenen zum Test für den Dialogprozess zwischen Klerus und Laien wird...
Klöckner: Es muss sogar einer werden. Denn wenn Kirche stehen bleibt, kann sie Vieles nicht mehr erhalten, was sie bewahren will. Und wir müssen auch Realitäten erkennen. Natürlich ist es schwierig, bei einer Weltkirche alle verschiedenen gesellschaftlichen Entwicklungen gleichzeitig bedienen zu können. Aber es ist auch schwer, zu erklären, wie jemand, der wirklich ein Verbrechen begangen hat, auf die Vergebung der Kirche hoffen kann und weiterhin zur Eucharistie eingeladen ist - was ich richtig finde -, aber jemand der wiederverheiratet geschieden ist, vielleicht auch nicht aus eigener Schuld geschieden worden ist, warum der nicht eingeladen ist zu diesem Mahl. Barmherzigkeit hat auch etwas mit Vergebung und Öffnung zu tun.

domradio.de: Viele Frauen wollen sich nicht mehr in der Kirche engagieren, weil sich für sie so wenig tut bei der Rolle der Frau. Warum engagieren Sie sich?
Klöckner: Ich wurde nicht getauft, weil ich eine Frau bin, sondern weil der Glaube an Christus, weil die Kirchengemeinschaft ein Wert an sich ist. Und natürlich habe ich in dieser Gemeinschaft auch Kritik. Ich verfechte das Ziel hin zum Diakonat der Frau. Bretter müssen gebohrt werden, und manchmal braucht man einen längeren Atem.

Das Gespräch führte Johannes Schröer.