Die Verbindung von Wein und Kirche - gestern wie heute

"Weine, wie sie Gott hat wachsen lassen"

Kirchliche Institutionen wie Klöster spielten für die Weiterentwicklung des Weinbaus und der Weinkultur eine entscheidende Rolle - gestern mehr als heute. Den Klosterweinbau gibt es aber immer noch.

Autor/in:
Denise Thomas
Eichenfässer im Weinkeller des Trappistenklosters Latrun (Israel) / © David Vaaknin (KNA)
Eichenfässer im Weinkeller des Trappistenklosters Latrun (Israel) / © David Vaaknin ( KNA )

Der Wein gehört zur Kirche. Alleine im Alten und Neuen Testament wird weit über einhundert Mal Bezug auf das Getränk genommen. Immer wieder wird das Bild vom Rebstock und den Reben als Allegorie für die Einheit der Christen verwendet. Im Christentum, aber auch im Judentum, gilt der Wein deswegen als ganz besonderes Getränk. Reformator Martin Luther gab die Parole aus: "Der Wein ist gesegnet und hat das Zeugnis in der Schrift. Das Bier dagegen ist menschliche Tradition."

Die Wurzeln der Weinkultur liegen rund 6.000 Jahre vor Christi Geburt. Forscher gehen davon aus, dass damals bereits Weinbau in Georgien betrieben wurde. Christen und Juden übernahmen die Tradition später von den alten Griechen und Römern. Anschließend übernahmen kirchliche Institutionen ganz entscheidend die Produktion des Rebensaftes.

Bedeutung der Klöster und Stifte für den Weinbau

Vor allen Dingen Klöster und Stifte spielten für Weinbau und dessen Ausbreitung eine wichtige Rolle, erklärt Geschichtsprofessor Michael Matheus von der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz, der mütterlicherseits aus einer Winzerfamilie von der Mosel stammt und viel zur Weingeschichte geforscht hat. Kirchliche Institutionen hätten in der Vormoderne damit begonnen, in großem Umfang Wein vor allem für liturgische Zwecke herzustellen.

Dabei hatten sie auch Einfluss auf die Verbesserung der Weinqualität. "Für die Eucharistie hat man natürlich versucht zu vermeiden, gepanschte Weine zu verwenden", so Matheus. Kirchliche Institutionen hätten deswegen einen "erheblichen Anteil" an den ersten Lebensmittelgesetzen im ausgehenden 15. Jahrhundert. "Man wollte Weine, wie sie Gott hat wachsen lassen", erklärt Matheus.

Entsprechend gutem Wein durfte demnach nur wenig Schwefel zugesetzt werden. Ein Prinzip, dass sogar noch im frühen 20. Jahrhundert Einfluss auf die Weingesetzgebung des deutschen Kaiserreiches ausübte, die der Fachmann betont.

Zisterzienser engagierten sich besonders für Wein

Gleichzeitig trugen Klöster laut Matheus die Kunst des Weinbaus in die deutschen Lande. Sie verbesserten nicht nur die Weinqualität sondern auch den Handel der Vormoderne. Vor allem der Orden der Zisterzienser tat sich darin hervor. Schon im 12. Jahrhundert brachten zum Beispiel die Zisterzienser des Kloster Eberbachs in Eltville im Rheingau ihren Wein großflächig in den Handel. "Wie keine andere Kulturmacht hat der Zisterzienserorden dazu beigetragen, dass sich der Weinbau bis an die Grenzen des mittelalterlichen Europas ausdehnte", heißt es in einem Buch zur Weingeschichte von Daniel Deckers.

Heute zählen die Weinlagen des Kloster Eberbachs zu den bekanntesten Deutschlands. Der Wein dort wird jedoch nicht mehr von Mönchen selbst produziert; die dort nun lebenden Franziskanerbrüder vom Heiligen Kreuz verpachten ihre Weinberge an die Hessischen Staatsweingüter.

Ähnlich wie in Eberbach erging es auch anderen Klöstern in Deutschland. Wenn, dann werden ihre Weinberge oft von privaten Winzern bewirtschaftet.

St. Hildegard einzige Weinbauabtei Deutschlands

Einzig und allein eine Abtei deutschlandweit produziert ihren Klosterwein noch selbst: die ebenfalls im Rheingau ansässige Benediktinerinnenabtei St. Hildegard in Rüdesheim-Eibingen. Hier ist Schwester Thekla Baumgart seit fast 30 Jahren für die Leitung des Klosterweingutes verantwortlich. In Eibingen übernimmt immer eine Nonne diese Aufgabe und als ihre Vorgängerin Anfang der 1990er-Jahre in den Ruhestand ging, wurde die gelernte Gemeindereferentin Baumgart von ihrer Äbtissin zur Leitung des Klosterweingutes berufen. "Ich habe mich erst mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, weil ich dachte, das kann ich nicht so", erklärt die Schwester. Knapp drei Jahrzehnte, eine Ausbildung zur Winzergesellin und viele Jahre Berufserfahrung später ist sie jedoch sehr glücklich mit der damaligen Entscheidung.

Gemeinsam mit einem vom Kloster angestellten Winzermeister bewirtschaftet Baumgart rund sieben Hektar Weinanbaufläche. Als das Kloster in Eibingen vor mehr als 100 Jahren gegründet wurde, sei es nur ein Hektar gewesen, so Baumgart. Trotzdem hat der Weinanbau in Eibingen schon immer Tradition. Das liege vor allem an der Lage des Klosters inmitten des Rheingaus, erklärt die Nonne. Als Benediktinerinnen lebten sie und ihre Schwestern «von der Hände Arbeit» und im Rheingau biete sich dafür eben der Weinbau an.

Für ihre Tätigkeit als Winzerin spiele der Glauben immer wieder eine große Rolle, so Baumgart weiter. "Man kann alles machen an Arbeit, was man gelernt hat in der Ausbildung, was der Rebe gut tut, dass sie gute Trauben bringt, aber dass es wirklich wächst, dass der Regen zur rechten Zeit kommt, dass es kein Schaden nimmt durch Hagel, Unwetter - das liegt nicht in unserer Hand." Sie spricht von einem "positiven Abhängigkeitsverhältnis" und einem "Zusammenspiel zwischen Mensch, Natur und Gott" im Weinbau.

Anbau von Wein als Schöpfungsauftrag

Den Anbau von Wein sieht Baumgart auch als Stück des Schöpfungsauftrages, also dem Bewahren von Schöpfung und dem Umgang mit dem, was die Natur schenkt. Der Wein als solcher sei "ein Geschenk Gottes an die Menschen". Außerdem biete ihre Winzertätigkeit Zugang zu den Menschen vor Ort, von denen ebenfalls viele im Weinbau tätig seien und Sorgen wie Probleme von Baumgart teilten.

Neben all jenen Aspekten verliert die Schwester jedoch nie die Wirtschaftlichkeit des Weines aus den Augen. "Es dient nicht der Beschäftigungstherapie, sondern ganz praktisch dem Verdienst unseres Lebensunterhaltes", so Baumgart. Im Moment mache der Weinanbau ein Drittel bis Viertel der Einkünfte des Klosters aus. "Wir würden keinen Weinbau betreiben, wenn wir ständig rote Zahlen darin schreiben würden." Nur aus ideologischen, theologischen oder persönlichen Gründen könne das Kloster den Weinbau nicht fortführen.

Im Moment muss sich Baumgart darum jedoch keine Sorgen machen, denn das Klosterweingut steht nach ihrer Aussage gut dar. Das größte Problem der kommenden Jahre dürfte in Eibingen wie auch anderswo weniger die Wirtschaftlichkeit des Weinguts sein. Sondern die sich verändernden Anbaubedingungen aufgrund des Klimawandels.


Quelle:
KNA