Gemischte Bilanz zur Frankfurter Buchmesse

"Etwas fehlt schmerzlich"

Die erste Bilanz für die diesjährige digitale Ausgabe der weltgrößten Bücherschau fällt gemischt aus: "Es ist gelungen, überraschend viel möglich zu machen, aber natürlich fehlt auch was, und es fehlt schmerzlich."

Literaturkritiker Denis Scheck während der Frankfurter Buchmesse 2020 / © Arne Dedert (dpa)
Literaturkritiker Denis Scheck während der Frankfurter Buchmesse 2020 / © Arne Dedert ( dpa )

Das sagte die Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Karin Schmidt-Friderichs, am Freitag in einem gestreamten Gespräch.

Ähnlich ambivalent äußerte sich Buchmesse-Direktor Juergen Boos mit Blick auf den wegen der Corona-Pandemie bedingten Wechsel von der physischen zur virtuellen Buchmesse. Er tue sich schwer, die Begriffe Corona und Chance in einem Satz zu verbinden, sagte Boos. Es sei ein sehr anstrengendes Jahr gewesen, bei dem die Planungen für die Buchmesse immer wieder der jeweils neuen Corona-Lage hätten angepasst werden müssen. "Wir mussten dieses Jahr die Buchmesse mehrfach neu erfinden", sagte Boos.

Virtuelle Sonderausgabe

Ursprünglich sollte die Messe trotz Pandemie unter Hygieneauflagen auch mit Messeständen und Verlagsausstellungen organisiert werden. Boos hatte monatelang darauf gehofft, dass sich die Corona-Lage stabilisiert und damit auch eine "physische" Buchmesse möglich wäre. Am Ende sei es aufgrund der im Herbst wieder gestiegenen Corona-Fallzahlen doch eine digitale "Special Edition", eine Art virtuelle Sonderausgabe der traditionellen Buchmesse geworden.

Schmidt-Friderichs wies Kritik am Vorgehen der Verantwortlichen bei der wechselvollen Planung der Buchmesse zurück: "Wir lernen Corona erst, da kann man nicht urteilen, da muss man einfach Erfahrungen machen." Sie fügte hinzu: "Rückwärts ist es immer wahnsinnig leicht, vorwärts ist es verdammt schwer gewesen."

4.422 digitale Aussteller

Boos zog am Freitag mit Blick auf die Nutzung der digitalen Angebote eine positive Bilanz: "148.000 User aus 183 Ländern haben bis heute die digitalen Angebote in der Messewoche genutzt", teilte der Direktor der Buchmesse mit. "In einem Jahr, in dem Messen überall auf der Welt hybrid oder ausschließlich in digitaler Form stattgefunden haben, ist es uns gelungen, die internationale Buchbranche an wenigen Tagen zusammenzubringen." Insgesamt 4.422 digitale Aussteller aus 103 Ländern hätten sich auf der Plattform www.buchmesse.de registriert. Im Veranstaltungskalender der Buchmesse seien in der Messewoche 3.627 Events eingetragen worden.

Eine digitale Marathon-Veranstaltung wird am Samstag (17. Oktober) geboten. Von 9.30 Uhr bis Mitternacht findet erstmals die große Online-Show "Bookfest digital" statt. In dem 28-stündigen Programm würden "Stars der internationalen Kultur- und Literaturszene gefeiert", hieß es. Geboten würden dabei Buchmesse-Gespräche mit dem US-amerikanischen Überwachungskritiker Edward Snowden und der für ihre Dystopien bekannten kanadischen Schriftstellerin Margaret Atwood.

Das resiliente Buch

Buchmesse-Direktor Boos sagte am Freitag, das Buch selbst sei aus der Krise eher gestärkt hervorgegangen, gerade bei jungen Lesern. "Wenn etwas resilient ist, ist es das Buch", sagte er. "Wir können uns zwar nicht treffen, aber das Buch lebt!"

Schmidt-Friderichs betonte, das Buch biete in Zeiten der Pandemie "auch Trost, Halt und Geborgenheit". Wenn die Welt einen bedrücke, sei es legitim, sich auch mal mit einem Buch zurückzuziehen und zu sagen: "Jetzt bleibst du mal draußen, Welt!"


Quelle:
KNA