Pilger-Expertin erklärt Pilgern und Wandern

"Unterschied gar nicht wirklich greifbar"

Was macht Pilgern und Wandern aus? Pilger-Expertin Beate Steger hat in der aktuellen Herbst-Ausgabe des Magazins "Der Pilger" Wanderwege unter die Lupe genommen und die Bedeutung der eigenen Einstellung beim Pilgern betont.

Pilgern oder Wandern? / © Soloviova Liudmyla (shutterstock)
Pilgern oder Wandern? / © Soloviova Liudmyla ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Gibt es denn einen Unterschied zwischen Wandern und Pilgern?

Beate Steger (Pilger-Expertin): Das ist eine Sache, die wir in der Redaktion auch immer wieder diskutieren. Wenn wir mal zurückblicken in das viel zitierte Mittelalter und noch weiter zurück, stellen wir fest, dass es eigentlich früher keine Wanderwege gegeben hat. Wenn die Leute unterwegs waren, dann sind sie geschäftlich gereist oder sie sind zu spirituellen Orten gepilgert, wo sie irgendwas erwartet haben oder auf eine Erlösung gehofft haben.

Wir sind jetzt in der Redaktion so übereingekommen, dass wir sagen: Die Einstellung macht den Weg zu einem Wanderweg oder zu einem Pilgerweg. Wenn ich auf dem Jakobsweg gehe, will aber nur Spaß haben und vielleicht einen günstigen Urlaub verbringen – weil ich weiß, die Infrastruktur beispielsweise in Spanien gibt es her, dass ich da sehr günstig unterwegs sein kann – dann wäre es vielleicht auch nur ein Wanderweg.

DOMRADIO.DE: Das Ganze können wir auch noch mal anhand von Beispielen erklären. Zum Beispiel gibt es als Thema im Pilger-Magazin einen Meditationsweg in Bayern. Da stelle ich mir vor, werden vielleicht nicht so viele Kilometer zurückgelegt. Worum geht es beim Meditationswandern?

Steger: Das ist auch eine Art Pilgern. Auf diesem Weg in den Ammergauer Alpen gibt es verschiedene Stelen, an denen man zur Ruhe kommen und über das eigene Leben reflektieren kann. Da geht es wirklich nicht nur ums ständige Gehen und das Absolvieren einer Tagesetappe, sondern ich laufe wirklich an verschiedenen Stellen hin und mache mir Gedanken.

Da sind dann auch dementsprechenSprüche drauf, die mich dann auf Ideen bringen können, über was ich nachdenken möchte, zum Beispiel: Was hab ich schon erreicht in meinem Leben? Was kann ich sozusagen als Pokal in meine Lebensvitrine stellen? Oder: Wohin soll es gehen? Ein solcher Wanderweg ist also ein Weg mit Pausen.

DOMRADIO.DE: Sie selbst haben für die Herbstausgabe des Pilger-Magazins einen Artikel geschrieben zum Wanderweg Jahreskreis. Was hat es damit auf sich?

Steger: Da haben wir jetzt wirklich mal was ganz anderes gemacht als das, was wir auf dem Titel stehen haben: Der Pilger. Wir haben Fernwanderwege vorgestellt. Da sind bekannte Wege dabei und auch unbekannte Wege, die ich zum Teil auch gegangen bin. Auf denen kann man dann auch pilgern, finde ich – wenn man die Einstellung hat. Man ist in der Natur und man lässt sich auf die Natur ein und denkt dann auch über sein Leben nach. Das hat ja auch etwas Spirituelles.

Und da habe ich zum Beispiel vorgestellt: Den Camí de Cavalls. Das ist ein relativ unbekannter Fernwanderweg, der führt einmal rund um die Insel Menorca. Menorca ist ja die kleine Schwester von Mallorca. Mallorca kennt jeder – nur von Ballermann und so. Dieser Fernwanderweg um die Insel Menorca herum ist nicht so, dass man da auf die Berge klettern muss, aber man hat immer eine wunderbare Sicht auf das Meer. Das ist ein alter Patrouillenweg. Den gab es früher, weil er einen Schutz vor der Gefahr durch Piraten bedeutete. Da sind Patrouillen zu Pferd oder auch zu Fuß herumgelaufen und haben immer geschaut, dass da gerade niemand vorbeikommt und die Insel angreifen möchte. Daraus wurde nun ein wunderbarer Wanderweg.

DOMRADIO.DE: Das heißt, wenn man diesen Weg geht, kann man ihn einfach mit diesem kulturgeschichtlichen Hintergrund gehen. Solche offiziellen Wanderwege können doch vielleicht auch wahrscheinlich zu ganz persönlichen Pilgerwegen werden, wenn ich auch da unterwegs innehalte und bete zum Beispiel, oder?

Steger: Das sehe ich genauso. Für mich ist der Übergang oder der Unterschied gar nicht wirklich greifbar, sondern das ist eine fließende Geschichte. Und ich finde, dass man sowieso nicht draußen in der Natur sein kann, ohne spirituell zu sein, weil man sich darauf einlässt. Man ist nur noch mit der eigenen Kraft unterwegs. Man nimmt die Sachen um sich herum ganz anders wahr. Ich möchte das auch nicht trennen.

Ich würde auch sagen, dass Menschen, die jetzt auf einem Jakobsweg unterwegs sind und die da vielleicht auch hetzen oder schauen, dass sie an Stellen laufen, wo es günstige Herbergen gibt, dass auch die immer einen spirituellen Aspekt dabei haben. Für mich lässt sich das sowieso nicht trennen.

Das Interview führte Dagmar Peters.


Quelle:
DR