Bestatterverband erregt mit knallbunten Särgen Aufmerksamkeit

Der personalisierte Sarg

Sterben und Tod aus der Tabuzone holen, ist ein Ziel des Bundesverbandes Deutscher Bestatter. Künstler haben dafür bunte Särge gestaltet. Diese wurden nun versteigert. Der Erlös geht an eine Aktion, die Sterbenden den letzten Wunsch erfüllt. 

Gestaltete Särge der Aktion #mypersonalcoffin (BDB)
Gestaltete Särge der Aktion #mypersonalcoffin / ( BDB )

DOMRADIO.DE: Sie haben eine Social-Media-Kampagne veranstaltetet, die "my personal coffin", der personalisierte Sarg, heißt. Künstler haben nach den Vorstellungen von Influencern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens individuelle, knallbunte Särge gestaltet. Diese wurden nun auf der Auktionsplattform ebay versteigert. Der Erlös von 5.323 Euro wurde diese Woche an den Wünschewagen Rhein-Ruhr des Arbeiter-Samariter-Bunds übergeben. Mit Ihrer Aktion wollen Sie die Themen Sterben und Tod in die Mitte unserer Gesellschaft tragen. Wie ist es Ihnen gelungen?

Stephan Neuser (Generalsekretär des Bundesverbands Deutscher Bestatter): Wir sind äußerst überrascht, wie positiv sich diese Kampagne gestaltet hat. Uns war es einfach wichtig, dass wir auch junge Menschen und unsere gesamte Gesellschaft mit dem Thema konfrontieren. Wir versuchen, einen offenen Umgang mit dem Thema Tod, Trauer und Abschied anzuregen. Diese Diskussion ist voll entfacht: Wir haben unheimlich viel positive Resonanz erfahren. Insofern sind wir sehr zufrieden mit der Kampagne.

DOMRADIO.DE: Welche Rückmeldungen gab es denn?

Neuser: Es gab insgesamt 18,3 Millionen Menschen, die den Influencern gefolgt sind und 19.000 Likes. Wir haben Anfragen bekommen und haben auf unserer eigenen Facebook-Seite natürlich auch Rückmeldung erfahren. Insgesamt haben die Leute gesagt: Es ist toll, dass man mal etwas anders mit diesem Thema umgeht und sich diesem Thema durch die bunten Särge auch in einer lockeren Art und Weise annähert.

DOMRADIO.DE: Das Thema Tod polarisiert sehr stark. Deswegen verdrängen es sehr viele Menschen am liebsten. Warum glauben Sie, muss sich das ändern? Ist es nicht in Ordnung, dieses Thema aus seinem Bewusstsein wegzuschieben?

Neuser: Nein. Wenn man mal sieht, wie andere Menschen und andere Länder mit diesem Thema umgehen, dann ist das sicherlich eine Sache, die wir in Deutschland verlernt haben – nämlich einen natürlichen Umgang mit dem Thema. Das zeigt sich daran, dass jemand statistisch gesehen alle 17 Jahre überhaupt den Tod eines Angehörgen mitbekommt und dann völlig überfordert ist. Man weiß gar nicht, was man tun soll. Insofern ist es einfach wichtig, dass man das nicht weg drängt, sondern sich wirklich auch zu Lebzeiten darüber Gedanken macht und sich dem Thema Tod auf eine natürliche Art und Weise nähert.

DOMRADIO.DE: Die gesammelte Summe, rund 5.300 Euro haben Sie für den Wünschewagen Rhein-Ruhr des Arbeiter-Samariter-Bundes gespendet. Mit dem Wünschewagen können schwer Erkrankte am Lebensende mit einer Begleitperson eine Reise unternehmen. Wie muss man sich das vorstellen?

Neuser: Menschen, die wirklich am Ende des Lebens stehen, haben mit dieser wunderbaren Aktion des Arbeiter-Samariter-Bundes die Möglichkeit, sich noch einmal einen Herzenswunsch erfüllen zu lassen, bevor dann leider das Leben zu Ende geht. Man kann sich das so vorstellen: Die Dame, die den Scheck entgegengenommen hat, hat uns erzählt, dass sie vor kurzem einem Vater, der einen Hirntumor hatte, den Wunsch erfüllt hat, noch einmal mit seinem Kind im Schwimmbad zu schwimmen. Ganz profane Dinge: einfach nochmal ans Meer fahren, einfach nochmal ein Konzertbesuch. Das sind die Dinge, die man normalerweise als Schwerkranker nicht mehr machen kann, weil man bettlägerig ist. Das erfüllt der Wünschewagen, indem man die Menschen dann mobil dahin bringt.

Das Interview führte Tobias Fricke. 


Ein gestalteter Sarg der Aktion #mypersonalcoffin (BDB)
Ein gestalteter Sarg der Aktion #mypersonalcoffin / ( BDB )
Quelle:
DR