Kölner Oper stellt neuen Spielplan vor

"Die Sprache des Gesangs ist universell"

Oper schafft Bildung und Herzensbildung. Davon ist Intendantin Birgit Meyer zutiefst überzeugt. Am Dienstag stellte sie gemeinsam mit Kölns Generalmusikdirektor François-Xavier Roth das Programm der neuen Spielzeit vor.

Drei, die für den Erfolg der Oper Köln stehen: Birgit Meyer, Francois-Xavier Roth und Georg Kehren. / © Beatrice Tomasetti (DR)
Drei, die für den Erfolg der Oper Köln stehen: Birgit Meyer, Francois-Xavier Roth und Georg Kehren. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Den vielerorts spürbaren Verlust von Empathie, die über alle Grenzen, Sprachen, Religionen und Kulturen hinweg aber notwendig ist für ein friedliches Zusammenleben, beklagte Dr. Birgit Meyer, Intendantin der Oper Köln bei der diesjährigen Saison-Pressekonferenz im Deutzer Staatenhaus. Dabei sei gerade Empathie in einer extrem schnelllebigen und flüchtigen Zeit, in der sich viele Kontakte nicht mehr real, sondern digital ereigneten und die Grenzen zwischen beiden Welten in der Wahrnehmung zunehmend verschwimmen würden, ein wesentliches Schlüsselwort, betonte sie. In der Kunstform der Oper dagegen werde aber gerade auf diese Fähigkeit nach wie vor gesetzt. Denn sie biete aller gesellschaftlichen Entwicklung zum Trotz die Gelegenheit, "sich ein zusätzliches Stück Welt zu erobern".

"Musik, Spiel und Gesang, Bühnenbilder und Kostüme erlauben das Eintauchen in Geschichten, die Identifizierung mit den Helden oder auch den Schwachen auf der Bühne." Dieser Vorgang der Imagination ermögliche bereichernde sinnliche Erfahrungen jenseits des Alltags; hier liege ihr Potenzial, sagte Meyer vor Journalisten und zahlreichen Mitarbeitern aus den eigenen Reihen, als sie gemeinsam mit Gürzenich-Kapellmeister François-Xavier Roth und Chefdramaturg Georg Kehren das neue Programm bis Sommer 2020 vorstellte. Zudem versäumte es die Chefin der Interimsspielstätte nicht, ihrem Team für die erfolgreichen Produktionen und alle geleistete Arbeit in der zu Ende gehenden Saison zu danken.

"Die Kunstgattung Oper ist lebendig"

"Die Auseinandersetzung mit Kunst schafft Momente des Innehaltens und der Reflexion über unser Dasein: Wer sind wir? Woher kommen wir? Warum sind wir da? Wozu Leid, wozu Freude?", resümierte die Intendantin mit Blick auf die aktuelle Bedeutung von Oper und deren pädagogisches Selbstverständnis. Dass man im Theater diese Erfahrungen nicht allein, sondern mit anderen mache, führe Menschen zusammen. Die Empathie für die glücklich oder unglücklich Liebenden auf der Bühne nehme man mit ins richtige Leben, in den Alltag, führte sie aus. An ihre Zuhörer appellierte Meyer, "sich in unseren Gesellschaften mehr noch für Oper einzusetzen". Denn nichts verbinde Menschen verschiedener Kulturen mehr als die Kunst, begründete sie ihr Anliegen. Schließlich, so betonte die 58-Jährige, sei die Sprache der Musik, des Gesangs universell und werde überall auf der Welt verstanden. "Das ist ein großes Glück und führt zu Völkerverständigung."

Freude an Musik führt zusammen

Als überzeugendes Beispiel dafür nannte sie das eigene Haus. Allein in der Kölner Oper arbeiteten Menschen aus fast 30 verschiedenen Nationen. "Alle sind da, um zusammen Oper zu machen", sagte Meyer. Und trotz aller Unkenrufe, dass die Kunstgattung Oper nur – wenn überhaupt – etwas für eine kleine Elite oder alte Leute sei, zeige sie sich selbst nach 400 Jahren noch immer genauso lebendig wie zur Zeit ihrer Entstehung, unterstrich sie in ihrem Plädoyer und nannte hierfür erfreulich hohe Auslastungszahlen. Aber auch die weltweit immer noch wachsende Zahl an Opernhäusern – mittlerweile auch in Kasachstan, Dubai und vielen Städten Chinas – führte sie dafür an. Die Freude an der Musik bringe Menschen in der Oper zusammen und sorge immer wieder neu für ihre Faszination.

Hier werde möglich, was sonst nicht gehe, so Meyer. "Mehrere Menschen reden, sprich: singen gleichzeitig und schaffen so eine komplexe, dichte, manchmal Gänsehaut erzeugende Emotion." Oper schaffe Bildung und Herzensbildung, zeigte sich die Opernexpertin überzeugt. Sie berühre im Innersten. "Daher ist unsere Aufgabe, die Hemmschwelle zu diesem Musikerlebnis möglichst niedrig zu halten und allen einen Zugang zu eröffnen."

Mit dem aktuell gewählten Schwerpunkt "Oper und Gesellschaft" unterstrich die Intendantin die Relevanz von Oper in der heutigen Zeit.

Verstärkt Förderung weiblicher Talente

Die Förderung junger – vor allem auch weiblicher – Künstler sowie die Etablierung eines neuen Repertoires gehören dabei zu den zentralen Anliegen aller in Köln Opernschaffenden. In diesem Kontext ist die für den 24. November geplante deutsche Erstaufführung von Brett Deans Oper "Hamlet" hervorzuheben, die 2018 mit dem International Opera Award in London als beste Uraufführung ausgezeichnet wurde. William Shakespeares Werk bildet auch die Grundlage für die deutsche Erstaufführung von Purcells "Miranda" – Premiere ist im April 2020 unter der Regie von Katie Mitchell, der gerade der International Opera Award 2019 in London zugesprochen wurde. Darüber hinaus steht im Juni 2020 erneut die im letzten Jahr als überaus großer Erfolg gefeierte Produktion "Die Soldaten" des Kölner Komponisten Bernd Alois Zimmermann auf dem Spielplan.

Premieren: "Tristan und Isolde" sowie "Béatrice und Bénédict"

Mit der Neuproduktion von George Bizets "Carmen" am 10. November kehrt die Regisseurin Lydia Steier nach ihrem großen "Turandot"-Erfolg nach Köln zurück. Die Geschichte zweier außergewöhnlicher Liebespaare steht im Zentrum der beiden Premieren unter Leitung von Generalmusikdirektor Roth: Richard Wagners "Tristan und Isolde"zur Eröffnung der Saison am 21. September – und Hector Berlioz’ "Béatrice et Bénédict" am 7. Juni 2020. Roth wörtlich zur Wahl seines französischen Landmanns und Lieblingskomponisten: "Wir können hier im Staatenhaus Oper immer wieder neu erfinden, neu denken." Die Zeit an diesem ungewöhnlichen Ort sei für ihn ausgesprochen inspirierend.

Die komische Oper "Barkouf" rundet Offenbach-Jahr ab

Um existenzielle Lebenssituationen dreht sich Verdis Oper "Il trovatore", die in der gefeierten Inszenierung des führenden Theatermachers der internationalen Opernszene, Dmitri Tscherniakov, im nächsten Frühjahr nach Köln kommt. Unterhaltung auf höchstem Niveau bieten außerdem Rossinis große – in Köln halbszenisch umgesetzte – Oper "Il viaggio a Reims" am 22. März sowie Mozarts "Die Entführung aus dem Serail" im kommenden Mai. Zum ersten Mal präsentiert die Oper Köln in Kooperation mit dem Tanzbrunnen außerdem das "Opern-Air-Konzert" zum Auftakt in die Saison am 15. September. Mit dem neuen Format "Das Ensemble präsentiert sich" bietet sie wiederum ihren hochkarätigen Sängerinnen und Sängern eine Bühne zur individuellen Begegnung mit dem Publikum. In regelmäßigen Abständen werden sie mit einem persönlich zusammengestellten Programm ihre musikalische Visitenkarte abgeben. Nicht zu vergessen: Jacques Offenbachs Opéra bouffe "Barkouf oder ein Hund an der Macht", eine Koproduktion mit der Opéra national du Rhin Strasbourg am 12. Oktober, rundet das Kölner Offenbach-Jahr ab.

Erneut Beteiligung der Dommusik-Kinder

Und schließlich sind es noch die für Dezember geplante Wiederaufnahme von "La Bohéme" in der Inszenierung des früheren Kölner Intendanten Michael Hampe und die im März des kommenden Jahres anstehende von "Turandot", die schon jetzt wieder als absolute Publikumsmagneten gelten können. Die beliebten Puccini-Opern haben seinerzeit nicht nur für höchste Auslastungszahlen gesorgt. Ihr besonderer Charme liegt auch darin, dass beide Male wieder je 50 Kinder der Kölner Dommusik beteiligt sind und hier vielleicht am augenfälligsten wird, dass Oper – gut gemacht – durchaus auch junge Fans begeistern kann.


In der Oper mitzuwirken fordert auch mimisch heraus. / © Beatrice Tomasetti (DR)
In der Oper mitzuwirken fordert auch mimisch heraus. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

An der Oper "Tosca" sind ab dem 30. Juni wieder viele Kinder der Kölner Dommusik beteiligt. / © Beatrice Tomasetti (DR)
An der Oper "Tosca" sind ab dem 30. Juni wieder viele Kinder der Kölner Dommusik beteiligt. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

"Tosca" in der Inszenierung von Thilo Reinhardt schafft starke Bilder. / © Beatrice Tomasetti (DR)
"Tosca" in der Inszenierung von Thilo Reinhardt schafft starke Bilder. / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Quelle:
DR
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