Kritiker fordern Rückgabe in Staatshände

Streit um Spaniens Kirchen

Über die Eigentumsrechte an spanischen Kirchengebäuden ist eine gesellschaftliche Debatte entbrannt. Die Rechtslage ist vielerorts umstritten. Linksgerichtete Politiker fordern eine Übereignung an den Staat.

Autor/in:
Andreas Drouve
Kirche in Spanien  / ©  Jens Kalaene (dpa)
Kirche in Spanien / © Jens Kalaene ( dpa )

In Spanien nimmt die Diskussionen darüber, wem die Kirchen des Landes nun rechtmäßig gehören, zunehmend Fahrt auf. Die Gründe für die verworrene juristische Gemengelage sind vielfältig. Wer als spanischer Normalbürger Eigentümer einer Immobilie ist, belegt dies per Grundbucheintrag - eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Doch für viele Sakralbauten, vor allem auf dem Land, fehlt dieser Nachweis.

Dort schwebt der Kirchenbesitz - rechtlich gesehen - gewissermaßen im luftleeren Raum, da der zuständige Klerus ihn nie in ein Grundbuch eintragen ließ. Bei anderen Besitztümern erfolgten die offiziellen Einträge spät oder gar unter zweifelhaften Bedingungen. Das heizt die gegenwärtige Diskussion an und beschäftigt immer mehr Anwälte, Gerichte, Stadt- und Regionalparlamente.

Ursprung im Mittelalter

Ein Beispiel ist die Kathedrale San Salvador, bekannt auch als La Seo, in Aragoniens Hauptstadt Zaragoza. Erst 1987, während zur selben Zeit Restaurierungen aus Staatskassen liefen, erfolgte seitens des Erzbistums der Eintrag ins Grundbuch. Nachweisen konnte die Erzdiözese den Ursprung des Besitzes nicht, sondern führte ins Feld, dass ihr die Kathedrale schlichtweg "seit unbekannter Zeit" gehöre. Dabei räumten die Kirchenverantwortlichen ein, dass ein eingeschriebener oder einschreibbarer Eigentumstitel fehle.

Dies hing damit zusammen, dass die Kathedrale im Mittelalter entstand. Damals war an Grundbucheinträge nach heutigem Standard nicht zu denken. Zusätzlich verkomplizierten sich die Eigentumsverhältnisse durch die Verläufe der Geschichte. Im Jahr 1931, in dem Spanien die Zweite Republik ausrief und König Alfons XIII. das Land verließ, gingen unter einer Übergangsregierung laut Dekret allein mehrere Dutzend Kathedralen und Klöster sowie mehr als 200 Kirchen offiziell in den Besitz des Staates über.

Linke will gegen Kirche prozessieren

Die Zweite Republik war nach wenigen Jahren vorbei. Es folgten der Spanische Bürgerkrieg und die bis 1975 andauernde Franco-Diktatur, die enge Bande zur katholischen Kirche und zur Laienorganisation Opus Dei pflegte. Unter Francisco Franco und noch weit bis ins jetzige Jahrtausend hinein war es der Kirche möglich, ihre Besitztümer ins weltliche Register eintragen zu lassen. Wo dies nicht geschah, ging man augenscheinlich davon aus, altes Kirchengut gehöre automatisch der Kirche. Dagegen keimt im heutigen Spanien Widerstand auf. Dahinter stehen linksgerichtete Politiker und eine zunehmende Abkehr von der Religion.

In der Autonomen Gemeinschaft Navarra hat die Linksregierung bereits signalisiert, unter Umständen gegen die Kirche zu prozessieren, um rund 1.100 Besitztümer zurückzufordern, die der Klerus ab den 1940er Jahren hatte eintragen lassen. Die Regionalregierung verband dies mit der Drohung, Zuschüsse der öffentlichen Hand für Restaurierungen zu streichen.

Gelände gehört Viehzuchtbetrieb

Umstritten ist auch der Fall einer Kirche aus Kastilien-Leon. Die Diözese Palencia hatte das Gotteshaus im Grundbuch registrieren lassen, obwohl das betreffende Gelände einem Viehzuchtbetrieb gehörte. Unlängst wurde der spanische Staat vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu einer Zahlung von 600.000 Euro an das Unternehmen verurteilt. Nach Auffassung der Richter waren die Behörden nicht ihrer Pflicht nachgekommen, die Rechte des Unternehmens zu verteidigen.


Quelle:
KNA