Zehn Jahre Kolumba-Museum mit Schau zum Individuum

Das rätselhafte Ich

Die 10. Jahresausstellung im Kölner Diözesanmuseum Kolumba widmet sich dem Individuum. Aufhänger für die Schau ist die frisch restaurierte Figurengruppe "Die Vier Gekrönten".

 (DR)

Der erste hat herunterhängende Mundwinkel wie Angela Merkel, der zweite einen Überbiss, der dritte träumt vor sich hin, und der vierte mit seinem buschigen Schnäuzer kommt ein wenig mürrisch rüber. "Die Vier Gekrönten" zierten einmal das Grabmal des Kölner Dombaumeisters Nikolaus von Bueren. Diese Schutzheiligen der Steinmetze und Bildhauer waren damals, im 15. Jahrhundert, ein denkbar progressives Kunstwerk, denn alle vier wurden als unverwechselbare Persönlichkeiten dargestellt. Damit ist die frisch restaurierte Figurengruppe "Die Vier Gekrönten" der ideale Aufhänger für die neue Jahresausstellung des Kölner Kolumba-Museums mit dem Titel "Über das Individuum".

Politische Dimension

Für Direktor Dr. Stefan Kraus ist die Jubiläumsausstellung auch politisch zu verstehen. In einer Zeit, wo die Freiheit des Individuums an vielen Orten dieser Welt eingeschränkt wird, könne ein Kunstmuseum nicht im luftleeren Raum arbeiten. Die Terroranschläge und die vielen Menschen auf der Flucht, die keine individuellen Entscheidungsspielräume mehr haben, sowie die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich sind ein Angriff auf diese Freiheit. Es sei die Aufgabe der Kunst, so Direktor Kraus, ein Gegenbild zu schaffen, "ein Bild, das das Individuum weder durch Geld, noch durch Luxus oder durch Macht, verbunden mit Machtmissbrauch, und auch nicht durch den neusten Klingelton oder das tollste Auto definiert, sondern auf die psychischen, geistigen, spirituellen und transzendenten Belange des Menschen hinweist."

Andachtsbild trifft Roboter

Das mehrfach preisgekrönte Kunstmuseum des Erzbistums Köln verbindet auch in seiner Jubiläumsausstellung seinen hochklassigen Bestand an alter Sakralkunst auf anregende Weise mit moderner Kunst. Die in der Ausstellung "Me in a no-time state (in etwa: Ich in einem Nicht-Zeit-Zustand)" gezeigten Kunstwerke vom 6. bis zum 21. Jahrhundert spielen abwechslungsreich und vieldeutig mit dem Begriff des Individuums. Gleich zu Beginn der Ausstellung im Foyer werden die Besucher von Robotern aus der Sammlung Krimhild Becker empfangen, die einen Hinweis auf die Entindividualisierung unseres Alltags andeuten.

In den 50 Videoporträts von Kurt Benning erzählen unter anderen ein Schriftsteller, ein Autoverkäufer oder eine Lehrerin eine Stunde lang ungekürzt über ihr Leben. Beziehungsreich werden im Armarium künstlerisch gestalteter Schmuck von heute und kunstvoll gefertigten Rosenkränzen von früher in Verbindung mit koptischen Textilien ausgestellt. Zudem sind Andachtsbildchen, Zeichnungen, Gemälde, Skulpturen, Rauminstallationen und Videokunst unter anderen von Stephan Baumkötter, Krimhild Becker, Michael Kalmbach, Eugene Leroy und Stefan Wewerka zu sehen.

 


Quelle:
dpa , DR