Kolping-Verband schreibt zur NRW-Wahl Kandidaten an

Acht Forderungen

In Nordrhein-Westfalen wird am 13. Mai der Landtag gewählt. Das Kolpingwerk hat nun eine Postkartenaktion gestartet: Alle Kandidaten bekommen demnächst Post von Kolping-Mitgliedern. Was sich hinter der Aktion verbirgt, erläutert im domradio.de-Interview Martin Rose, Diözesanvorsitzender des Kolpingkwerkes Köln.

 (DR)

domradio.de: Acht Forderungen sind es insgesamt, die auf den Postkarten zu finden sind. Picken wir uns mal einige heraus. Ihnen geht es zum einen um die Integration benachteiligter Jugendlicher. Was will das Kolpingwerk für diese Gruppe erreichen?

Martin Rose: Zum einen ist das natürlich eines der Hauptanliegen des Kolpingwerkes, schon seit über 160 Jahren. Uns geht es darum, dass Jugendliche, auch diejenigen ohne Schulabschluss, nicht "auf der Straße stehen". Wir haben in Nordrhein-Westfalen noch jährlich rund 5,4 % junger Menschen ohne Hauptschulabschluss. Dass wir diejenigen durch gezielte Programme mittnehmen und in ein Ausbildungs- oder späteres Erwerbungsverhältnis bringen, damit sie Teilhabe haben, am kulturellen Leben in dieser Gesellschaft. Das ist uns ein ganz wichtiges Anliegen, und dafür gibt es Programme auf Landesebene. Diese Programme unterliegen immer wieder dem Wechsel, gerade dann, wenn es um Regierungswechsel geht. Und diese Programme gehören einfach verstetigt, damit Jugendliche eine planbare Zukunft haben.



domradio.de: Und wenn sie dann eine planbare Zukunft haben, verdienen sie hoffentlich Geld. Auch das Thema Mindestlohn steht bei ihnen auf der Agenda. Die SPD macht sich ja für einen gesetzlichen Mindestlohn stark, das lehnt die CDU ab. Welche Position vertritt das Kolpingwerk bei diesem Thema?  

Martin Rose: Wir treten ein für eine Mindestlohnregelung und dafür, dass diese auch gesetzlich entsprechend geregelt wird. Denn es kann nicht sein, dass man 40 Stunden und mehr in der Woche arbeitet und am Ende des Monats auf Transferleistungen angewiesen ist um leben zu können, um seine Miete zu bezahlen, die Stromrechnung und alles was dazu gehört. Das kann und darf nicht passieren, und dafür ist letztendlich der Staat und erst mal natürlich die Bundesregierung verantwortlich. Aber das Land sehen wir in der Verantwortung, dass es bei der Auftragsvergabe an Firmen auf Tariftreue und Mindestlöhne achtet. Und nicht Firmen auswählt, die genau das unterbieten und damit am Ende natürlich auch einen günstigeren Preis herbeiführen. Da sehen wir auch die zukünftige Landesregierung in der Verantwortung, dieses Thema mit auf die Agenda zu nehmen.



domradio.de: Viel diskutiert, sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene, wird derzeit die Förderung durch den Staat bei der Kinderbetreuung. Während die Bundesfamilienministerin von der CDU ein Betreuungsgeld will, fordert die Opposition den Ausbau der Betreuungsplätze unter drei Jahren. Auch hier hat Kolping eine klare Position?

Martin Rose: Ja, hier sehen wir in erster Linie die Priorität, dass die Betreuungsplätze ausgebaut werden. Wir müssen uns ganz einfach die Realität anschauen, wie heute Familienleben stattfindet in seiner sehr bunten Vielfalt. Da muss die Möglichkeit eröffnet werden, dass die Kinder einen Betreuungsplatz erhalten, auch eben die unter drei Jahren. Damit der Partner oder die Partnerin, weiter arbeiten kann. Darum geht es uns in erster Linie. Wir möchten in der Gesamtheit natürlich die Wahlmöglichkeit. Wir sagen jetzt nicht, es muss jeder, aber die Möglichkeit soll eröffnet werden. Das Defizit  ist derzeit bei den U3-Plätzen in NRW. Deshalb sehen wir hier die Priorität und fordern das auch ganz klar gegenüber der Politik.  



domradio.de: Ich fasse mal kurz zusammen: Mehr Geld für benachteiligte Jugendliche, mehr Kindertagesstätten-Plätze. Gleichzeitig tritt Kolping aber auch für weniger Schulden ein, was ja in NRW kein kleines Thema ist. Wie passt das zusammen?

Martin Rose: Das ist leider ein riesiges Thema in NRW. Das passt sehr wohl zusammen. Wir fordern von der zukünftigen Landesregierung natürlich auch, dass sie an das Thema Schuldenabbau geht, aber das nicht mit einem Rasenmäher. Sondern ganz offen und ehrlich dem Bürger gegenüber: An dieser Stelle wird es zukünftig mehr Eigenverantwortung geben. Ich glaube, die Bürger in diesem Land können das auch verkraften, wenn man ihnen sagt, dass an der einen oder anderen Stelle werden in Zukunft mehr Lasten gemeinsam getragen werden müssen, damit es zu einer Entschuldung kommt. Damit für Handlungsspielräume zukünftiger Generationen gesorgt werden kann. Es geht nicht, dass wir in Bereichen kürzen, die zukunftswichtig sind. Das ist das Thema Familie, das ist das Thema Bildung. In diesen Bereichen darf es keine Rasenmäher-Kürzung geben.



domradio.de: Wo darf es denn Kürzungen geben, ihrer Meinung nach?

Martin Rose: Zum Beispiel im Bereich der Förderung der Infrastruktur. Wir müssen natürlich auch auf all die Unterstützungsleistung im großen Bereich des kulturellen Raumes schauen. Gibt es da Möglichkeiten unterschiedliche Gruppen und den einzelnen Bürger noch weiter in Verantwortung zu nehmen? Ich glaube, wenn man einen Katalog nehmen würde und die Bürger auch um Vorschläge bitten würde, dann kämen, auch genug Ideen und Vorstellungen zusammen, die es lohnt entsprechend zu prüfen. Der Bürger kann mehr Verantwortung vertragen, als ihm so manchen Politiker heute zumutet.



domradio.de: Wie steht Kolping zum Sonntagsschutz?

Martin Rose: Ja. Klar und eindeutig, wir fordern natürlich den Schutz des Sonntages ein. Das ist auch etwas, was wir gegenüber der Landespolitik immer wieder formuliert haben. Uns geht es aber nicht nur um den Schutz des Sonntages, sondern dass im Zuge der Überprüfung des Ladenschlussgesetzes in NRW, nicht nur die Interessen der Wirtschaft und des Kunden, sondern  auch die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit in den Blick genommen werden. Wir fordern hier den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und auch den Schutz des Sonntages.



domradio.de: Lässt sich ihr Forderungskatalog auch als eine Wahlempfehlung verstehen?

Martin Rose: So möchten wir unseren Katalog oder nicht verstanden wissen. Es sind Prüfbausteine. Die Menschen sollen schauen, ob sie die Forderungen bei der einen oder bei der anderen Partei wiederfinden und dann entsprechend wählen. Wir wollen aber diese Karten, und da sind wir auch klar und deutlich, nicht für eine Positionierung für ein oder zwei Parteien entsprechend nutzen.



Das Interview führte Stephanie Gebert.